haben die meisten Schatzgräbergeschichten so etwas Sonderbares, Seltsames und Außerordentlichscheinendes an sich, daß sie die zügellose Einbildungskraft des gemeinen Mannes leicht fesseln, und die Liebe zum Wunderbaren ganz vorzüglich nähren.
Geschichte eines sonderbaren Wahnsinnes, und dadurch am Ende verursachten Mordes, vom Herrn Glawnig, Ernst GottliebD. Glawing zu Brieg. (4ten Bandes 2tes Stück Seite 32 ff.) Der Mann, dessen sonderbare Geschichte hier erzählt wird, hatte schon in frühern Jahren einen Ansatz von Wahnwitz. Er entlief seinen Eltern und nährte sich vom Holzschlagen, bis an den Augenblick, als er der Mörder eines andern wurde. Er arbeitete übrigens emsig, redete öfters vernünftig, unvermuthet aber fiel er in alberne Reden. Er ging in keine Kirche, und arbeitete an Sonn- und Festtagen, wenn er nicht mit Gewalt davon abgehalten wurde. Er lästerte öfters Gott, hieß alle Menschen Hunde. Wenn er seine Mitarbeiter beten sah, wurde er unwillig, und sagte: ihr Narren! ich habe wohl einstens auch einmal im Buche gebetet, weil ich aber sehe, daß dieses Plarren zu nichts taugt; so unterließ ich dieses. (Es ist eine sonderbare Erscheinung bei vielen Wahnwitzigen, daß sie sich nichts aus dem, was Gottesdienst und Religion angeht, machen, und sich hierin oft eine auffallende Freiheit im Denken erlauben.) Zu
haben die meisten Schatzgraͤbergeschichten so etwas Sonderbares, Seltsames und Außerordentlichscheinendes an sich, daß sie die zuͤgellose Einbildungskraft des gemeinen Mannes leicht fesseln, und die Liebe zum Wunderbaren ganz vorzuͤglich naͤhren.
Geschichte eines sonderbaren Wahnsinnes, und dadurch am Ende verursachten Mordes, vom Herrn Glawnig, Ernst GottliebD. Glawing zu Brieg. (4ten Bandes 2tes Stuͤck Seite 32 ff.) Der Mann, dessen sonderbare Geschichte hier erzaͤhlt wird, hatte schon in fruͤhern Jahren einen Ansatz von Wahnwitz. Er entlief seinen Eltern und naͤhrte sich vom Holzschlagen, bis an den Augenblick, als er der Moͤrder eines andern wurde. Er arbeitete uͤbrigens emsig, redete oͤfters vernuͤnftig, unvermuthet aber fiel er in alberne Reden. Er ging in keine Kirche, und arbeitete an Sonn- und Festtagen, wenn er nicht mit Gewalt davon abgehalten wurde. Er laͤsterte oͤfters Gott, hieß alle Menschen Hunde. Wenn er seine Mitarbeiter beten sah, wurde er unwillig, und sagte: ihr Narren! ich habe wohl einstens auch einmal im Buche gebetet, weil ich aber sehe, daß dieses Plarren zu nichts taugt; so unterließ ich dieses. (Es ist eine sonderbare Erscheinung bei vielen Wahnwitzigen, daß sie sich nichts aus dem, was Gottesdienst und Religion angeht, machen, und sich hierin oft eine auffallende Freiheit im Denken erlauben.) Zu
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haben die meisten Schatzgraͤbergeschichten so etwas Sonderbares, Seltsames und Außerordentlichscheinendes an sich, daß sie die zuͤgellose Einbildungskraft des gemeinen Mannes leicht fesseln, und die Liebe zum Wunderbaren ganz vorzuͤglich naͤhren.
Geschichte eines sonderbaren Wahnsinnes, und dadurch am Ende verursachten Mordes, vom Herrn D. Glawing zu Brieg. (4ten Bandes 2tes Stuͤck Seite 32 ff.) Der Mann, dessen sonderbare Geschichte hier erzaͤhlt wird, hatte schon in fruͤhern Jahren einen Ansatz von Wahnwitz. Er entlief seinen Eltern und naͤhrte sich vom Holzschlagen, bis an den Augenblick, als er der Moͤrder eines andern wurde. Er arbeitete uͤbrigens emsig, redete oͤfters vernuͤnftig, unvermuthet aber fiel er in alberne Reden. Er ging in keine Kirche, und arbeitete an Sonn- und Festtagen, wenn er nicht mit Gewalt davon abgehalten wurde. Er laͤsterte oͤfters Gott, hieß alle Menschen Hunde. Wenn er seine Mitarbeiter beten sah, wurde er unwillig, und sagte: ihr Narren! ich habe wohl einstens auch einmal im Buche gebetet, weil ich aber sehe, daß dieses Plarren zu nichts taugt; so unterließ ich dieses. (Es ist eine sonderbare Erscheinung bei vielen Wahnwitzigen, daß sie sich nichts aus dem, was Gottesdienst und Religion angeht, machen, und sich hierin oft eine auffallende Freiheit im Denken erlauben.) Zu
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/3>, abgerufen am 16.02.2025.
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