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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

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"Nicht so zufällig kann das genannt werden, was sich mit dem Paul Eufomia, einem jungen Menschen, und meinem sonstigen Alumnus zugetragen hat. Er war völlig gesund; eines Abends ließ ich mir Papier geben, und schrieb darauf: "daß er, wenn er sich nicht hütete, in kurzem sterben werde." Nicht Sterndeuterei, oder ein mir bekannter Streich, den man dem jungen Mann spielen wollte, lag bei diesem Vorherwissen zum Grunde; ich gebe die Ursachen an, -- binnen sechs bis acht Tagen wird er krank, und stirbt in eben so viel Tagen darauf wirklich." --

"Was soll ich von einer andern Begebenheit zu Rom sagen? Soviel Gäste da waren, soviel können sie noch bezeugen. Jch erklärte, daß, wenn sie es mir nicht übel auslegen würden, ich ihnen etwas sagen wolle. Einer aus der Gesellschaft antwortete: Du willst gewiß den Tod eines unter uns vorherverkündigen? Meine Antwort war: ja! Und noch in diesem Jahre, am 1sten December starb er auch wirklich."

Jm 43sten Kapitel fährt Cardan fort die Sonderbarkeiten, die er an sich bemerkt haben will, und die er hier gar res prorsus supra naturam nennt, zu beschreiben. Jch führe auch diese als Beläge der erstaunlichen Stärke einer hypochondrischen Einbildungskraft über den Verstand der größten Köpfe an. --



»Nicht so zufaͤllig kann das genannt werden, was sich mit dem Paul Eufomia, einem jungen Menschen, und meinem sonstigen Alumnus zugetragen hat. Er war voͤllig gesund; eines Abends ließ ich mir Papier geben, und schrieb darauf: »daß er, wenn er sich nicht huͤtete, in kurzem sterben werde.« Nicht Sterndeuterei, oder ein mir bekannter Streich, den man dem jungen Mann spielen wollte, lag bei diesem Vorherwissen zum Grunde; ich gebe die Ursachen an, — binnen sechs bis acht Tagen wird er krank, und stirbt in eben so viel Tagen darauf wirklich.« —

»Was soll ich von einer andern Begebenheit zu Rom sagen? Soviel Gaͤste da waren, soviel koͤnnen sie noch bezeugen. Jch erklaͤrte, daß, wenn sie es mir nicht uͤbel auslegen wuͤrden, ich ihnen etwas sagen wolle. Einer aus der Gesellschaft antwortete: Du willst gewiß den Tod eines unter uns vorherverkuͤndigen? Meine Antwort war: ja! Und noch in diesem Jahre, am 1sten December starb er auch wirklich.«

Jm 43sten Kapitel faͤhrt Cardan fort die Sonderbarkeiten, die er an sich bemerkt haben will, und die er hier gar res prorsus supra naturam nennt, zu beschreiben. Jch fuͤhre auch diese als Belaͤge der erstaunlichen Staͤrke einer hypochondrischen Einbildungskraft uͤber den Verstand der groͤßten Koͤpfe an. —


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[95/0095] »Nicht so zufaͤllig kann das genannt werden, was sich mit dem Paul Eufomia, einem jungen Menschen, und meinem sonstigen Alumnus zugetragen hat. Er war voͤllig gesund; eines Abends ließ ich mir Papier geben, und schrieb darauf: »daß er, wenn er sich nicht huͤtete, in kurzem sterben werde.« Nicht Sterndeuterei, oder ein mir bekannter Streich, den man dem jungen Mann spielen wollte, lag bei diesem Vorherwissen zum Grunde; ich gebe die Ursachen an, — binnen sechs bis acht Tagen wird er krank, und stirbt in eben so viel Tagen darauf wirklich.« — »Was soll ich von einer andern Begebenheit zu Rom sagen? Soviel Gaͤste da waren, soviel koͤnnen sie noch bezeugen. Jch erklaͤrte, daß, wenn sie es mir nicht uͤbel auslegen wuͤrden, ich ihnen etwas sagen wolle. Einer aus der Gesellschaft antwortete: Du willst gewiß den Tod eines unter uns vorherverkuͤndigen? Meine Antwort war: ja! Und noch in diesem Jahre, am 1sten December starb er auch wirklich.« Jm 43sten Kapitel faͤhrt Cardan fort die Sonderbarkeiten, die er an sich bemerkt haben will, und die er hier gar res prorsus supra naturam nennt, zu beschreiben. Jch fuͤhre auch diese als Belaͤge der erstaunlichen Staͤrke einer hypochondrischen Einbildungskraft uͤber den Verstand der groͤßten Koͤpfe an. —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/95>, abgerufen am 28.04.2024.