der jetzt hier zu Rom lebt, und in einem Rollbette lag, ob er etwas gemerkt habe? Eine Erschütterung der Stube und des Bettes, war seine Antwort. Um welche Zeit? fragt' ich weiter; um sechs oder sieben Uhr, erwiederte er. Jch begab mich darauf auf den Markt, und erkundigte mich bei mehrern, ob sie in der vergangenen Nacht ein Erdbeben verspürt hätten? Keiner bejahete es. Jch ging nach Hause, und siehe! ein Bedienter kam sehr traurig zu mir gelaufen, und erzählte mir, daß Johann Baptista (mein Sohn), die Brandoria Serona, seine Geliebte, die aber äusserst arm war, zum Weibe genommen habe. Hinc dolor, hinc lachrymae! Jch gehe zu ihm, und finde, daß alles geschehn ist. -- Jch hielt es für einen göttlichen Wink, welcher mir des Nachts den am vorhergehenden Abend gefaßten Entschluß meines Sohns habe entdecken wollen; denn sobald es Tag geworden war, ging ich zu meinem Sohn, eh' er das Haus verließ, und sagte ihm: (nicht bloß weil ich durch jene Erscheinung aufmerksam gemacht wurde, sondern er mir selbst sehr zerstreut vorkam,) Mein Sohn, nimm dich heute in Acht, damit du nicht ein großes Unglück stiftest. Jch weiß noch die Stelle, wo ich's ihm sagte, ich war an der Thür, weiß aber nicht, ob ich etwas von der Erschütterung hinzufügte. Nicht lange darauf fühle ich nochmals, daß das Zimmer bebt; ich fühle mit der Hand um
der jetzt hier zu Rom lebt, und in einem Rollbette lag, ob er etwas gemerkt habe? Eine Erschuͤtterung der Stube und des Bettes, war seine Antwort. Um welche Zeit? fragt' ich weiter; um sechs oder sieben Uhr, erwiederte er. Jch begab mich darauf auf den Markt, und erkundigte mich bei mehrern, ob sie in der vergangenen Nacht ein Erdbeben verspuͤrt haͤtten? Keiner bejahete es. Jch ging nach Hause, und siehe! ein Bedienter kam sehr traurig zu mir gelaufen, und erzaͤhlte mir, daß Johann Baptista (mein Sohn), die Brandoria Serona, seine Geliebte, die aber aͤusserst arm war, zum Weibe genommen habe. Hinc dolor, hinc lachrymae! Jch gehe zu ihm, und finde, daß alles geschehn ist. — Jch hielt es fuͤr einen goͤttlichen Wink, welcher mir des Nachts den am vorhergehenden Abend gefaßten Entschluß meines Sohns habe entdecken wollen; denn sobald es Tag geworden war, ging ich zu meinem Sohn, eh' er das Haus verließ, und sagte ihm: (nicht bloß weil ich durch jene Erscheinung aufmerksam gemacht wurde, sondern er mir selbst sehr zerstreut vorkam,) Mein Sohn, nimm dich heute in Acht, damit du nicht ein großes Ungluͤck stiftest. Jch weiß noch die Stelle, wo ich's ihm sagte, ich war an der Thuͤr, weiß aber nicht, ob ich etwas von der Erschuͤtterung hinzufuͤgte. Nicht lange darauf fuͤhle ich nochmals, daß das Zimmer bebt; ich fuͤhle mit der Hand um
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0091"n="91"/><lb/>
der jetzt hier zu Rom lebt, und in einem Rollbette lag, ob er etwas gemerkt habe? Eine Erschuͤtterung der Stube und des Bettes, war seine Antwort. Um welche Zeit? fragt' ich weiter; um sechs oder sieben Uhr, erwiederte er. Jch begab mich darauf auf den Markt, und erkundigte mich bei mehrern, ob sie in der vergangenen Nacht ein Erdbeben verspuͤrt haͤtten? Keiner bejahete es. Jch ging nach Hause, und siehe! ein Bedienter kam sehr traurig zu mir gelaufen, und erzaͤhlte mir, daß Johann Baptista (mein Sohn), die Brandoria Serona, seine Geliebte, die aber aͤusserst arm war, zum Weibe genommen habe. <hirendition="#aq">Hinc dolor, hinc lachrymae!</hi> Jch gehe zu ihm, und finde, daß alles geschehn ist. — Jch hielt es fuͤr einen goͤttlichen Wink, welcher mir des Nachts den am vorhergehenden Abend gefaßten Entschluß meines Sohns habe entdecken wollen; denn sobald es Tag geworden war, ging ich zu meinem Sohn, eh' er das Haus verließ, und sagte ihm: (nicht bloß weil ich durch jene Erscheinung aufmerksam gemacht wurde, sondern er mir selbst sehr zerstreut vorkam,) Mein Sohn, nimm dich heute in Acht, damit du nicht ein großes Ungluͤck stiftest. Jch weiß noch die Stelle, wo ich's ihm sagte, ich war an der Thuͤr, weiß aber nicht, ob ich etwas von der Erschuͤtterung hinzufuͤgte. Nicht lange darauf fuͤhle ich nochmals, daß das Zimmer bebt; ich fuͤhle mit der Hand um<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[91/0091]
der jetzt hier zu Rom lebt, und in einem Rollbette lag, ob er etwas gemerkt habe? Eine Erschuͤtterung der Stube und des Bettes, war seine Antwort. Um welche Zeit? fragt' ich weiter; um sechs oder sieben Uhr, erwiederte er. Jch begab mich darauf auf den Markt, und erkundigte mich bei mehrern, ob sie in der vergangenen Nacht ein Erdbeben verspuͤrt haͤtten? Keiner bejahete es. Jch ging nach Hause, und siehe! ein Bedienter kam sehr traurig zu mir gelaufen, und erzaͤhlte mir, daß Johann Baptista (mein Sohn), die Brandoria Serona, seine Geliebte, die aber aͤusserst arm war, zum Weibe genommen habe. Hinc dolor, hinc lachrymae! Jch gehe zu ihm, und finde, daß alles geschehn ist. — Jch hielt es fuͤr einen goͤttlichen Wink, welcher mir des Nachts den am vorhergehenden Abend gefaßten Entschluß meines Sohns habe entdecken wollen; denn sobald es Tag geworden war, ging ich zu meinem Sohn, eh' er das Haus verließ, und sagte ihm: (nicht bloß weil ich durch jene Erscheinung aufmerksam gemacht wurde, sondern er mir selbst sehr zerstreut vorkam,) Mein Sohn, nimm dich heute in Acht, damit du nicht ein großes Ungluͤck stiftest. Jch weiß noch die Stelle, wo ich's ihm sagte, ich war an der Thuͤr, weiß aber nicht, ob ich etwas von der Erschuͤtterung hinzufuͤgte. Nicht lange darauf fuͤhle ich nochmals, daß das Zimmer bebt; ich fuͤhle mit der Hand um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.
Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/91>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.