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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

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der Zeit 46 Jahre verflossen sind. Jch nehme nämlich wahr, daß etwas von aussen mit einem Geräusch, und zwar grade von der Seite in mein Ohr schallt, wo von mir gesprochen wird. Jst's etwas Gutes, so gelangt es, es mag nun von der rechten oder linken Seite herkommen, in mein rechtes Ohr, und macht ein ordentliches Geräusch; ist's etwas Böses, so ist das Geräusch tumultuarisch, und kommt grade von der Stelle her, wo die tumultuarischen Stimmen entstehn. Wenn die Sache öfters übel abläuft, so wird die Stimme, da sie auf der linken Seite geendigt werden sollte, angestrengter, und die Töne vermehren sich." Er erzählt noch mehr von dieser Gabe, fremde Stimmen zu hören, welche mit dem 1568sten Jahre verschwand; ferner behauptet er, daß er vermöge der Träume kurz bevorstehende Dinge (33 Jahre lang) habe vorhersehn können. Was er von einem gewissen Glanze sagt, der ihn gegen seine Nebenbuhler geschützt, und zu seinen Arbeiten und Geschäften auf eine angenehme Art aufgeholfen habe, ist wie so vieles, was er über seine geheimen Kräfte geschrieben hat, unverständlich, ob er gleich jenen Glanz, wo nicht für eine wirklich göttliche Sache, aber doch für ein Meisterstück der menschlichen Natur erklärt. Cardan glaubt, daß ihm jene Eigenschaften von Gott zum Troste bei seinen mannichfaltigen Leiden gegeben worden sind, und führt noch zuletzt im 38sten Kapitel an, daß auch dies ein sehr sonderbares Phänomen gewe-


der Zeit 46 Jahre verflossen sind. Jch nehme naͤmlich wahr, daß etwas von aussen mit einem Geraͤusch, und zwar grade von der Seite in mein Ohr schallt, wo von mir gesprochen wird. Jst's etwas Gutes, so gelangt es, es mag nun von der rechten oder linken Seite herkommen, in mein rechtes Ohr, und macht ein ordentliches Geraͤusch; ist's etwas Boͤses, so ist das Geraͤusch tumultuarisch, und kommt grade von der Stelle her, wo die tumultuarischen Stimmen entstehn. Wenn die Sache oͤfters uͤbel ablaͤuft, so wird die Stimme, da sie auf der linken Seite geendigt werden sollte, angestrengter, und die Toͤne vermehren sich.« Er erzaͤhlt noch mehr von dieser Gabe, fremde Stimmen zu hoͤren, welche mit dem 1568sten Jahre verschwand; ferner behauptet er, daß er vermoͤge der Traͤume kurz bevorstehende Dinge (33 Jahre lang) habe vorhersehn koͤnnen. Was er von einem gewissen Glanze sagt, der ihn gegen seine Nebenbuhler geschuͤtzt, und zu seinen Arbeiten und Geschaͤften auf eine angenehme Art aufgeholfen habe, ist wie so vieles, was er uͤber seine geheimen Kraͤfte geschrieben hat, unverstaͤndlich, ob er gleich jenen Glanz, wo nicht fuͤr eine wirklich goͤttliche Sache, aber doch fuͤr ein Meisterstuͤck der menschlichen Natur erklaͤrt. Cardan glaubt, daß ihm jene Eigenschaften von Gott zum Troste bei seinen mannichfaltigen Leiden gegeben worden sind, und fuͤhrt noch zuletzt im 38sten Kapitel an, daß auch dies ein sehr sonderbares Phaͤnomen gewe-

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[86/0086] der Zeit 46 Jahre verflossen sind. Jch nehme naͤmlich wahr, daß etwas von aussen mit einem Geraͤusch, und zwar grade von der Seite in mein Ohr schallt, wo von mir gesprochen wird. Jst's etwas Gutes, so gelangt es, es mag nun von der rechten oder linken Seite herkommen, in mein rechtes Ohr, und macht ein ordentliches Geraͤusch; ist's etwas Boͤses, so ist das Geraͤusch tumultuarisch, und kommt grade von der Stelle her, wo die tumultuarischen Stimmen entstehn. Wenn die Sache oͤfters uͤbel ablaͤuft, so wird die Stimme, da sie auf der linken Seite geendigt werden sollte, angestrengter, und die Toͤne vermehren sich.« Er erzaͤhlt noch mehr von dieser Gabe, fremde Stimmen zu hoͤren, welche mit dem 1568sten Jahre verschwand; ferner behauptet er, daß er vermoͤge der Traͤume kurz bevorstehende Dinge (33 Jahre lang) habe vorhersehn koͤnnen. Was er von einem gewissen Glanze sagt, der ihn gegen seine Nebenbuhler geschuͤtzt, und zu seinen Arbeiten und Geschaͤften auf eine angenehme Art aufgeholfen habe, ist wie so vieles, was er uͤber seine geheimen Kraͤfte geschrieben hat, unverstaͤndlich, ob er gleich jenen Glanz, wo nicht fuͤr eine wirklich goͤttliche Sache, aber doch fuͤr ein Meisterstuͤck der menschlichen Natur erklaͤrt. Cardan glaubt, daß ihm jene Eigenschaften von Gott zum Troste bei seinen mannichfaltigen Leiden gegeben worden sind, und fuͤhrt noch zuletzt im 38sten Kapitel an, daß auch dies ein sehr sonderbares Phaͤnomen gewe-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/86>, abgerufen am 28.04.2024.