Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


Jdee erhalten werde? -- Gern würd' ich Jhnen das zugeben, wenn ich dann nur noch einen Unterschied zwischen der menschlichen Seele und der Gottheit aufzufinden wüßte. Bloß diese hat, menschlich zu reden, eine unbeschränkte Jdee vom Universum; nach Jhrer Meinung aber soll die Seele nach dem Tode sie auch haben; sie wäre also in Ansehung dieses Prädicats der Gottheit nicht nur ähnlich, was man allenfalls gestatten könnte, sondern sogar mathematisch gleich.

Theokles.

Sie haben mich nicht recht verstanden, lieber Freund. Es war nicht die Rede davon, daß die Seele eine unbeschränkte Jdee des Universum im eigentlichsten Sinne, so wie sie der Gottheit zukömmt, haben werde, sondern nur, daß ihre Jdee davon nicht mehr die Schranken haben würde, welche sie hat, so lange die Seele dieselbe durch die Sinne erhält. Jch behauptete, daß die Seele nach dem Tode, wo sie die Fesseln des Körpers abwirft, sich eine andre Existenz, als bloß im Raume, denken könne, und Sie zweifelten, ob die Seele überhaupt ohne Sinne neue Vorstellungen empfangen dürfte. Diesen Zweifel wollt' ich nur aus dem Wege räumen.

Damas.

Nun erst begreif ich Sie. Sie meinen nämlich:



Jdee erhalten werde? — Gern wuͤrd' ich Jhnen das zugeben, wenn ich dann nur noch einen Unterschied zwischen der menschlichen Seele und der Gottheit aufzufinden wuͤßte. Bloß diese hat, menschlich zu reden, eine unbeschraͤnkte Jdee vom Universum; nach Jhrer Meinung aber soll die Seele nach dem Tode sie auch haben; sie waͤre also in Ansehung dieses Praͤdicats der Gottheit nicht nur aͤhnlich, was man allenfalls gestatten koͤnnte, sondern sogar mathematisch gleich.

Theokles.

Sie haben mich nicht recht verstanden, lieber Freund. Es war nicht die Rede davon, daß die Seele eine unbeschraͤnkte Jdee des Universum im eigentlichsten Sinne, so wie sie der Gottheit zukoͤmmt, haben werde, sondern nur, daß ihre Jdee davon nicht mehr die Schranken haben wuͤrde, welche sie hat, so lange die Seele dieselbe durch die Sinne erhaͤlt. Jch behauptete, daß die Seele nach dem Tode, wo sie die Fesseln des Koͤrpers abwirft, sich eine andre Existenz, als bloß im Raume, denken koͤnne, und Sie zweifelten, ob die Seele uͤberhaupt ohne Sinne neue Vorstellungen empfangen duͤrfte. Diesen Zweifel wollt' ich nur aus dem Wege raͤumen.

Damas.

Nun erst begreif ich Sie. Sie meinen naͤmlich:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0045" n="45"/><lb/>
Jdee erhalten werde? &#x2014; Gern wu&#x0364;rd' ich                         Jhnen das zugeben, wenn ich dann nur noch einen Unterschied zwischen der                         menschlichen Seele und der Gottheit aufzufinden wu&#x0364;ßte. Bloß diese hat,                         menschlich zu reden, eine unbeschra&#x0364;nkte Jdee vom Universum; nach Jhrer                         Meinung aber soll die Seele nach dem Tode sie auch haben; sie wa&#x0364;re also in                         Ansehung dieses Pra&#x0364;dicats der Gottheit nicht nur <hi rendition="#b">a&#x0364;hnlich,</hi> was man allenfalls gestatten ko&#x0364;nnte, sondern sogar                         mathematisch <hi rendition="#b">gleich.</hi></p>
            <p rend="center"> <hi rendition="#b">Theokles.</hi> </p>
            <p>Sie haben mich nicht recht verstanden, lieber Freund. Es                         war nicht die Rede davon, daß die Seele eine unbeschra&#x0364;nkte Jdee des                         Universum im eigentlichsten Sinne, so wie sie der Gottheit zuko&#x0364;mmt, haben                         werde, sondern nur, daß ihre Jdee davon nicht mehr die Schranken haben                         wu&#x0364;rde, welche sie hat, so lange die Seele dieselbe durch die Sinne erha&#x0364;lt. <hi rendition="#b">Jch</hi> behauptete, daß die Seele nach dem Tode, wo                         sie die Fesseln des Ko&#x0364;rpers abwirft, sich eine andre Existenz, als bloß im                         Raume, denken <hi rendition="#b">ko&#x0364;nne,</hi> und <hi rendition="#b">Sie</hi> zweifelten, ob die Seele u&#x0364;berhaupt ohne Sinne neue                         Vorstellungen empfangen du&#x0364;rfte. Diesen Zweifel wollt' ich nur aus dem Wege                         ra&#x0364;umen.</p>
            <p rend="center"> <hi rendition="#b">Damas.</hi> </p>
            <p>Nun erst begreif ich Sie. Sie meinen na&#x0364;mlich:</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0045] Jdee erhalten werde? — Gern wuͤrd' ich Jhnen das zugeben, wenn ich dann nur noch einen Unterschied zwischen der menschlichen Seele und der Gottheit aufzufinden wuͤßte. Bloß diese hat, menschlich zu reden, eine unbeschraͤnkte Jdee vom Universum; nach Jhrer Meinung aber soll die Seele nach dem Tode sie auch haben; sie waͤre also in Ansehung dieses Praͤdicats der Gottheit nicht nur aͤhnlich, was man allenfalls gestatten koͤnnte, sondern sogar mathematisch gleich. Theokles. Sie haben mich nicht recht verstanden, lieber Freund. Es war nicht die Rede davon, daß die Seele eine unbeschraͤnkte Jdee des Universum im eigentlichsten Sinne, so wie sie der Gottheit zukoͤmmt, haben werde, sondern nur, daß ihre Jdee davon nicht mehr die Schranken haben wuͤrde, welche sie hat, so lange die Seele dieselbe durch die Sinne erhaͤlt. Jch behauptete, daß die Seele nach dem Tode, wo sie die Fesseln des Koͤrpers abwirft, sich eine andre Existenz, als bloß im Raume, denken koͤnne, und Sie zweifelten, ob die Seele uͤberhaupt ohne Sinne neue Vorstellungen empfangen duͤrfte. Diesen Zweifel wollt' ich nur aus dem Wege raͤumen. Damas. Nun erst begreif ich Sie. Sie meinen naͤmlich:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/45
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/45>, abgerufen am 29.03.2024.