einem erstaunlichen Grade von Fanatism hinaufzuspannen, und es darin zu erhalten, so lange nicht jene Jdee verwischt wird, oder sich unter einer Menge ganz neuer anziehender Vorstellungen so verliert, daß die Seele nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit auf sie richten kann. Doch gewöhnlich kommen mehrere Hauptvorstellungen, und also auch mehrere Leidenschaften zusammen, die den Schwärmer bilden, und ihn zu jeder Seelenkur unfähig machen, sobald er sich in seiner Gemüthslage glücklich fühlt, und je größer er sich in einer Art von Weltverachtung vorkommt; -- denn eine versteckte Eitelkeit liegt doch gemeiniglich zum Grunde, die sich nicht selten bis auf gewisse glänzende Vorzüge des Schwärmers in einer andern Welt beziehen; nicht zu gedenken, daß sehr viele Enthusiasten, Fanatiker, fromme Brüder, und wie sie alle heissen mögen, sich deswegen aus der Welt zurückzogen, weil sie in derselben verkannt wurden, und darinn nicht glänzen konnten. Ueberdem hat der stille Umgang mit Gott und himmlischen Wesen, das Gefühl einer innern Erbauung, das Lesen ascetischer Schriften, das Bekämpfen äußerer Versuchungen, etwas erstaunlich Hinreissendes für den menschlichen Geist, sobald er sich von den Geschäften des geselligen Lebens abgesondert, und sich ganz in sich selbst hineingesenkt hat, und es hat Menschen genug gegeben, die bei aller Aufgeklärtheit des Geistes endlich, freilich wohl sehr oft durch einen gewissen äussern Umstand zur
einem erstaunlichen Grade von Fanatism hinaufzuspannen, und es darin zu erhalten, so lange nicht jene Jdee verwischt wird, oder sich unter einer Menge ganz neuer anziehender Vorstellungen so verliert, daß die Seele nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit auf sie richten kann. Doch gewoͤhnlich kommen mehrere Hauptvorstellungen, und also auch mehrere Leidenschaften zusammen, die den Schwaͤrmer bilden, und ihn zu jeder Seelenkur unfaͤhig machen, sobald er sich in seiner Gemuͤthslage gluͤcklich fuͤhlt, und je groͤßer er sich in einer Art von Weltverachtung vorkommt; — denn eine versteckte Eitelkeit liegt doch gemeiniglich zum Grunde, die sich nicht selten bis auf gewisse glaͤnzende Vorzuͤge des Schwaͤrmers in einer andern Welt beziehen; nicht zu gedenken, daß sehr viele Enthusiasten, Fanatiker, fromme Bruͤder, und wie sie alle heissen moͤgen, sich deswegen aus der Welt zuruͤckzogen, weil sie in derselben verkannt wurden, und darinn nicht glaͤnzen konnten. Ueberdem hat der stille Umgang mit Gott und himmlischen Wesen, das Gefuͤhl einer innern Erbauung, das Lesen ascetischer Schriften, das Bekaͤmpfen aͤußerer Versuchungen, etwas erstaunlich Hinreissendes fuͤr den menschlichen Geist, sobald er sich von den Geschaͤften des geselligen Lebens abgesondert, und sich ganz in sich selbst hineingesenkt hat, und es hat Menschen genug gegeben, die bei aller Aufgeklaͤrtheit des Geistes endlich, freilich wohl sehr oft durch einen gewissen aͤussern Umstand zur
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0017"n="17"/><lb/>
einem erstaunlichen Grade von Fanatism hinaufzuspannen, und es darin zu erhalten, so lange nicht jene Jdee verwischt wird, oder sich unter einer Menge ganz neuer anziehender Vorstellungen so verliert, daß die Seele nicht mehr die <hirendition="#b">ganze</hi> Aufmerksamkeit auf sie richten kann. Doch gewoͤhnlich kommen mehrere Hauptvorstellungen, und also auch mehrere Leidenschaften zusammen, die den Schwaͤrmer bilden, und ihn zu jeder Seelenkur unfaͤhig machen, sobald er sich in seiner Gemuͤthslage gluͤcklich fuͤhlt, und je groͤßer er sich in einer Art von Weltverachtung vorkommt; — denn eine <hirendition="#b">versteckte Eitelkeit</hi> liegt doch gemeiniglich zum Grunde, die sich nicht selten bis auf gewisse glaͤnzende Vorzuͤge des Schwaͤrmers in einer <hirendition="#b">andern</hi> Welt beziehen; nicht zu gedenken, daß sehr viele Enthusiasten, Fanatiker, fromme Bruͤder, und wie sie alle heissen moͤgen, sich deswegen aus der Welt zuruͤckzogen, weil sie in derselben verkannt wurden, und darinn nicht glaͤnzen konnten. Ueberdem hat der stille Umgang mit Gott und himmlischen Wesen, das Gefuͤhl einer innern Erbauung, das Lesen ascetischer Schriften, das Bekaͤmpfen aͤußerer Versuchungen, etwas erstaunlich Hinreissendes fuͤr den menschlichen Geist, sobald er sich von den Geschaͤften des geselligen Lebens abgesondert, und sich ganz in sich selbst hineingesenkt hat, und es hat Menschen genug gegeben, die bei aller Aufgeklaͤrtheit des Geistes endlich, freilich wohl sehr oft durch einen gewissen <hirendition="#b">aͤussern</hi> Umstand zur<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[17/0017]
einem erstaunlichen Grade von Fanatism hinaufzuspannen, und es darin zu erhalten, so lange nicht jene Jdee verwischt wird, oder sich unter einer Menge ganz neuer anziehender Vorstellungen so verliert, daß die Seele nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit auf sie richten kann. Doch gewoͤhnlich kommen mehrere Hauptvorstellungen, und also auch mehrere Leidenschaften zusammen, die den Schwaͤrmer bilden, und ihn zu jeder Seelenkur unfaͤhig machen, sobald er sich in seiner Gemuͤthslage gluͤcklich fuͤhlt, und je groͤßer er sich in einer Art von Weltverachtung vorkommt; — denn eine versteckte Eitelkeit liegt doch gemeiniglich zum Grunde, die sich nicht selten bis auf gewisse glaͤnzende Vorzuͤge des Schwaͤrmers in einer andern Welt beziehen; nicht zu gedenken, daß sehr viele Enthusiasten, Fanatiker, fromme Bruͤder, und wie sie alle heissen moͤgen, sich deswegen aus der Welt zuruͤckzogen, weil sie in derselben verkannt wurden, und darinn nicht glaͤnzen konnten. Ueberdem hat der stille Umgang mit Gott und himmlischen Wesen, das Gefuͤhl einer innern Erbauung, das Lesen ascetischer Schriften, das Bekaͤmpfen aͤußerer Versuchungen, etwas erstaunlich Hinreissendes fuͤr den menschlichen Geist, sobald er sich von den Geschaͤften des geselligen Lebens abgesondert, und sich ganz in sich selbst hineingesenkt hat, und es hat Menschen genug gegeben, die bei aller Aufgeklaͤrtheit des Geistes endlich, freilich wohl sehr oft durch einen gewissen aͤussern Umstand zur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.
Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/17>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.