Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.Jm 48sten Kapitel führt er die Zeugnisse von 73 gelehrten Männern an, die in ihren Schriften seiner mit Ehren gedacht haben. Selbst seine Feinde gestanden ihm eine ungeheure Gelehrsamkeit zu; und Scaliger, sein Erzfeind, nannte ihn das tiefsinnigste, glücklichste und unvergleichlichste Genie. Sehr auffallend sind vornehmlich die im Vorhergehenden erzählten fabelhaften Grillen des grossen Mannes, wenn man sie mit den durchdachten Untersuchungen mathematischer und philosophischer Wahrheiten vergleicht, die in seinen Schriften häufig vorkommen. Jn diesen Untersuchungen bemerkt man auf allen Seiten einen scharfsinnigen Denker, und in obigen Erzählungen seiner an sich bemerkten sonderbaren Phänomene einen Schwärmer, dessen Einbildungskraft alle Augenblicke mit ihm davon läuft, und der die allerunbedeutendsten Kleinigkeiten für Vorzeichen gewisser Begebenheiten, oder Winke seines guten Dämons hält. Diese letzte Jdee haben überhaupt mehrere große Köpfe gehabt, -- und sie hat so etwas Behagliches, der menschlichen Eitelkeit Schmeichelndes, und bei unsern mannigfaltigen Schwachheiten und Leiden so etwas Tröstendes an sich, daß die meisten Menschen sich geneigt fühlen, an gewisse uns begleitende Schutzgeister zu glauben, und sie sich unter allerlei Gestalten zu denken. Die Jm 48sten Kapitel fuͤhrt er die Zeugnisse von 73 gelehrten Maͤnnern an, die in ihren Schriften seiner mit Ehren gedacht haben. Selbst seine Feinde gestanden ihm eine ungeheure Gelehrsamkeit zu; und Scaliger, sein Erzfeind, nannte ihn das tiefsinnigste, gluͤcklichste und unvergleichlichste Genie. Sehr auffallend sind vornehmlich die im Vorhergehenden erzaͤhlten fabelhaften Grillen des grossen Mannes, wenn man sie mit den durchdachten Untersuchungen mathematischer und philosophischer Wahrheiten vergleicht, die in seinen Schriften haͤufig vorkommen. Jn diesen Untersuchungen bemerkt man auf allen Seiten einen scharfsinnigen Denker, und in obigen Erzaͤhlungen seiner an sich bemerkten sonderbaren Phaͤnomene einen Schwaͤrmer, dessen Einbildungskraft alle Augenblicke mit ihm davon laͤuft, und der die allerunbedeutendsten Kleinigkeiten fuͤr Vorzeichen gewisser Begebenheiten, oder Winke seines guten Daͤmons haͤlt. Diese letzte Jdee haben uͤberhaupt mehrere große Koͤpfe gehabt, — und sie hat so etwas Behagliches, der menschlichen Eitelkeit Schmeichelndes, und bei unsern mannigfaltigen Schwachheiten und Leiden so etwas Troͤstendes an sich, daß die meisten Menschen sich geneigt fuͤhlen, an gewisse uns begleitende Schutzgeister zu glauben, und sie sich unter allerlei Gestalten zu denken. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0106" n="106"/><lb/> <p>Jm 48sten Kapitel fuͤhrt er die Zeugnisse von 73 gelehrten Maͤnnern an, die in ihren Schriften seiner mit Ehren gedacht haben. Selbst seine Feinde gestanden ihm eine ungeheure Gelehrsamkeit zu; und Scaliger, sein Erzfeind, nannte ihn das tiefsinnigste, gluͤcklichste und unvergleichlichste Genie.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Sehr auffallend sind vornehmlich die im Vorhergehenden erzaͤhlten fabelhaften Grillen des grossen Mannes, wenn man sie mit den durchdachten Untersuchungen mathematischer und philosophischer Wahrheiten vergleicht, die in seinen Schriften haͤufig vorkommen. Jn diesen Untersuchungen bemerkt man auf allen Seiten einen scharfsinnigen Denker, und in obigen Erzaͤhlungen seiner an sich bemerkten sonderbaren Phaͤnomene einen Schwaͤrmer, dessen Einbildungskraft alle Augenblicke mit ihm davon laͤuft, und der die allerunbedeutendsten Kleinigkeiten fuͤr Vorzeichen gewisser Begebenheiten, oder Winke seines guten Daͤmons haͤlt. Diese letzte Jdee haben uͤberhaupt mehrere große Koͤpfe gehabt, — und sie hat so etwas Behagliches, der menschlichen Eitelkeit Schmeichelndes, und bei unsern mannigfaltigen Schwachheiten und Leiden so etwas Troͤstendes an sich, daß die meisten Menschen sich geneigt fuͤhlen, an gewisse uns begleitende Schutzgeister zu glauben, und sie sich unter allerlei Gestalten zu denken. Die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0106]
Jm 48sten Kapitel fuͤhrt er die Zeugnisse von 73 gelehrten Maͤnnern an, die in ihren Schriften seiner mit Ehren gedacht haben. Selbst seine Feinde gestanden ihm eine ungeheure Gelehrsamkeit zu; und Scaliger, sein Erzfeind, nannte ihn das tiefsinnigste, gluͤcklichste und unvergleichlichste Genie.
Sehr auffallend sind vornehmlich die im Vorhergehenden erzaͤhlten fabelhaften Grillen des grossen Mannes, wenn man sie mit den durchdachten Untersuchungen mathematischer und philosophischer Wahrheiten vergleicht, die in seinen Schriften haͤufig vorkommen. Jn diesen Untersuchungen bemerkt man auf allen Seiten einen scharfsinnigen Denker, und in obigen Erzaͤhlungen seiner an sich bemerkten sonderbaren Phaͤnomene einen Schwaͤrmer, dessen Einbildungskraft alle Augenblicke mit ihm davon laͤuft, und der die allerunbedeutendsten Kleinigkeiten fuͤr Vorzeichen gewisser Begebenheiten, oder Winke seines guten Daͤmons haͤlt. Diese letzte Jdee haben uͤberhaupt mehrere große Koͤpfe gehabt, — und sie hat so etwas Behagliches, der menschlichen Eitelkeit Schmeichelndes, und bei unsern mannigfaltigen Schwachheiten und Leiden so etwas Troͤstendes an sich, daß die meisten Menschen sich geneigt fuͤhlen, an gewisse uns begleitende Schutzgeister zu glauben, und sie sich unter allerlei Gestalten zu denken. Die
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/106>, abgerufen am 27.07.2024. |