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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.

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bildungskraft anschliessen, und die Neigung zum Wunderbaren in uns nähren. Es ist um das äussere Ansehn der meisten - wo nicht aller Christlichen Religionslehren selbst gethan, sobald die Aufklärung einmal so weit gehen sollte, daß alles Wunderbare davon abgesondert werden müßte. -

Der Mensch, vornehmlich wenn er noch nicht an ein ernsthaftes Nachdenken gewöhnt ist - und wie viel sind daran gewöhnt? - opfert gern die Wahrheit sinnlichen phantastischen Bildern auf, und er scheut sich, diese Bilder zu beleuchten, weil er sich durch eine nähere Untersuchung nicht gern um das Vergnügen bringen läßt, welches sie ihm gewähren. Durch eine lange Gewohnheit an diese Bilder wird seine Vernunft hierbei endlich so abgestumpft, daß er wahrlich nicht einmal mehr mit Ernst darüber nachdenken kann. Die Gewohnheit verwandelt den Unsinn in Wahrheit. - Doch hier sind die Visionen Mahomets selbst.


"Es war Nacht, so lauten seine Worte, und ich lag zwischen den beiden Hügeln von Alsafar und Merva unter freiem Himmel, als ich den Engel Gabriel, von einem andern Geiste des Himmels begleitet, auf mich zukommen sah. Beide unsterbliche Wesen beugten sich über meinen Körper herab. Das eine spaltete mir sogleich die Brust, das an-


bildungskraft anschliessen, und die Neigung zum Wunderbaren in uns naͤhren. Es ist um das aͤussere Ansehn der meisten – wo nicht aller Christlichen Religionslehren selbst gethan, sobald die Aufklaͤrung einmal so weit gehen sollte, daß alles Wunderbare davon abgesondert werden muͤßte. –

Der Mensch, vornehmlich wenn er noch nicht an ein ernsthaftes Nachdenken gewoͤhnt ist – und wie viel sind daran gewoͤhnt? – opfert gern die Wahrheit sinnlichen phantastischen Bildern auf, und er scheut sich, diese Bilder zu beleuchten, weil er sich durch eine naͤhere Untersuchung nicht gern um das Vergnuͤgen bringen laͤßt, welches sie ihm gewaͤhren. Durch eine lange Gewohnheit an diese Bilder wird seine Vernunft hierbei endlich so abgestumpft, daß er wahrlich nicht einmal mehr mit Ernst daruͤber nachdenken kann. Die Gewohnheit verwandelt den Unsinn in Wahrheit. – Doch hier sind die Visionen Mahomets selbst.


»Es war Nacht, so lauten seine Worte, und ich lag zwischen den beiden Huͤgeln von Alsafar und Merva unter freiem Himmel, als ich den Engel Gabriel, von einem andern Geiste des Himmels begleitet, auf mich zukommen sah. Beide unsterbliche Wesen beugten sich uͤber meinen Koͤrper herab. Das eine spaltete mir sogleich die Brust, das an-

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[58/0060] bildungskraft anschliessen, und die Neigung zum Wunderbaren in uns naͤhren. Es ist um das aͤussere Ansehn der meisten – wo nicht aller Christlichen Religionslehren selbst gethan, sobald die Aufklaͤrung einmal so weit gehen sollte, daß alles Wunderbare davon abgesondert werden muͤßte. – Der Mensch, vornehmlich wenn er noch nicht an ein ernsthaftes Nachdenken gewoͤhnt ist – und wie viel sind daran gewoͤhnt? – opfert gern die Wahrheit sinnlichen phantastischen Bildern auf, und er scheut sich, diese Bilder zu beleuchten, weil er sich durch eine naͤhere Untersuchung nicht gern um das Vergnuͤgen bringen laͤßt, welches sie ihm gewaͤhren. Durch eine lange Gewohnheit an diese Bilder wird seine Vernunft hierbei endlich so abgestumpft, daß er wahrlich nicht einmal mehr mit Ernst daruͤber nachdenken kann. Die Gewohnheit verwandelt den Unsinn in Wahrheit. – Doch hier sind die Visionen Mahomets selbst. »Es war Nacht, so lauten seine Worte, und ich lag zwischen den beiden Huͤgeln von Alsafar und Merva unter freiem Himmel, als ich den Engel Gabriel, von einem andern Geiste des Himmels begleitet, auf mich zukommen sah. Beide unsterbliche Wesen beugten sich uͤber meinen Koͤrper herab. Das eine spaltete mir sogleich die Brust, das an-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/60>, abgerufen am 24.11.2024.