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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.

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ten; vornehmlich auch, ob ihr Fleiß und ihr Erwerb auch zum Unterhalt der Jhrigen hinreiche. Und dergleichen Leuten schickte er reichliche, und ihren Bedürfnissen angemessene Unterstützung.

Er starb in diesem seinem Hause in der Grubstrasse, nachdem er sich ganzer vierundvierzig Jahre einsiedlerisch eingesperrt hatte, den 29. October 1636, vierundachtzig Jahr alt. Bei seinem Tode war sein Haar und sein Bart so lang und dicht gewachsen, daß er einem Einsiedler aus der Wildniß ähnlicher sah, als einem Einwohner der größten Städte in der Welt.



3. Einwirkung eines äussern Gegenstandes auf die Verwirrung unser Jdeen.

Wir pflegen uns entfernte Bekannte, die wir aber noch nicht persönlich kennen gelernt haben, unter einer gewissen Gestalt, Figur, Leibeslänge, und unter gewissen Gesichtszügen zu denken, die ihnen unsere Phantasie andichtet, weil wir überhaupt uns nichts ohne ein sinnliches Zeichen vorstellen können. Unsere Einbildungskraft verfährt hierbei allemal nach gewissen Gründen, warum sie sich den Entfernten grade unter dieser und keiner andern Gestalt


ten; vornehmlich auch, ob ihr Fleiß und ihr Erwerb auch zum Unterhalt der Jhrigen hinreiche. Und dergleichen Leuten schickte er reichliche, und ihren Beduͤrfnissen angemessene Unterstuͤtzung.

Er starb in diesem seinem Hause in der Grubstrasse, nachdem er sich ganzer vierundvierzig Jahre einsiedlerisch eingesperrt hatte, den 29. October 1636, vierundachtzig Jahr alt. Bei seinem Tode war sein Haar und sein Bart so lang und dicht gewachsen, daß er einem Einsiedler aus der Wildniß aͤhnlicher sah, als einem Einwohner der groͤßten Staͤdte in der Welt.



3. Einwirkung eines aͤussern Gegenstandes auf die Verwirrung unser Jdeen.

Wir pflegen uns entfernte Bekannte, die wir aber noch nicht persoͤnlich kennen gelernt haben, unter einer gewissen Gestalt, Figur, Leibeslaͤnge, und unter gewissen Gesichtszuͤgen zu denken, die ihnen unsere Phantasie andichtet, weil wir uͤberhaupt uns nichts ohne ein sinnliches Zeichen vorstellen koͤnnen. Unsere Einbildungskraft verfaͤhrt hierbei allemal nach gewissen Gruͤnden, warum sie sich den Entfernten grade unter dieser und keiner andern Gestalt

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[31/0033] ten; vornehmlich auch, ob ihr Fleiß und ihr Erwerb auch zum Unterhalt der Jhrigen hinreiche. Und dergleichen Leuten schickte er reichliche, und ihren Beduͤrfnissen angemessene Unterstuͤtzung. Er starb in diesem seinem Hause in der Grubstrasse, nachdem er sich ganzer vierundvierzig Jahre einsiedlerisch eingesperrt hatte, den 29. October 1636, vierundachtzig Jahr alt. Bei seinem Tode war sein Haar und sein Bart so lang und dicht gewachsen, daß er einem Einsiedler aus der Wildniß aͤhnlicher sah, als einem Einwohner der groͤßten Staͤdte in der Welt. 3. Einwirkung eines aͤussern Gegenstandes auf die Verwirrung unser Jdeen. Wir pflegen uns entfernte Bekannte, die wir aber noch nicht persoͤnlich kennen gelernt haben, unter einer gewissen Gestalt, Figur, Leibeslaͤnge, und unter gewissen Gesichtszuͤgen zu denken, die ihnen unsere Phantasie andichtet, weil wir uͤberhaupt uns nichts ohne ein sinnliches Zeichen vorstellen koͤnnen. Unsere Einbildungskraft verfaͤhrt hierbei allemal nach gewissen Gruͤnden, warum sie sich den Entfernten grade unter dieser und keiner andern Gestalt

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/33>, abgerufen am 24.04.2024.