Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
"Auf Befehl meines Vaters, hebt er an, blieb ich gemeiniglich bis drei Stunden nach Anbruch des Tages im Bette liegen, und hatte von meinem vierten bis gegen das siebente Jahr des Morgens, ehe ich zur bestimmten Zeit aufstehn durfte, sonderbare Erscheinungen, die mir sehr angenehm waren, und mich nie vergebens auf sich warten liessen. Jch erblickte nämlich allerlei Bilder gleichsam von Luftkörpern, die aus ganz kleinen Ringen zu bestehen schienen, wie Panzerringe, ob ich gleich damals noch keinen Panzer gesehn hatte. Sie stiegen von der untersten rechten Ecke des Bettes in einem Halbcirkel in die Höhe, und fielen langsam zur linken Seite nieder, so daß ich sie nicht mehr sahe, als z.B. Bilder von Schlössern, Häusern, Thieren, Pferden, nebst den Reutern, Pflanzen, Bäumen, musikalischen Jnstrumenten, Theatern, Menschenkleidern und verschiedenen andern Kleidern; vornehmlich aber von Trompetern mit ihren Jnstrumenten, ob sie gleich keinen Ton von sich gaben. Ausserdem
»Auf Befehl meines Vaters, hebt er an, blieb ich gemeiniglich bis drei Stunden nach Anbruch des Tages im Bette liegen, und hatte von meinem vierten bis gegen das siebente Jahr des Morgens, ehe ich zur bestimmten Zeit aufstehn durfte, sonderbare Erscheinungen, die mir sehr angenehm waren, und mich nie vergebens auf sich warten liessen. Jch erblickte naͤmlich allerlei Bilder gleichsam von Luftkoͤrpern, die aus ganz kleinen Ringen zu bestehen schienen, wie Panzerringe, ob ich gleich damals noch keinen Panzer gesehn hatte. Sie stiegen von der untersten rechten Ecke des Bettes in einem Halbcirkel in die Hoͤhe, und fielen langsam zur linken Seite nieder, so daß ich sie nicht mehr sahe, als z.B. Bilder von Schloͤssern, Haͤusern, Thieren, Pferden, nebst den Reutern, Pflanzen, Baͤumen, musikalischen Jnstrumenten, Theatern, Menschenkleidern und verschiedenen andern Kleidern; vornehmlich aber von Trompetern mit ihren Jnstrumenten, ob sie gleich keinen Ton von sich gaben. Ausserdem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0126" n="124"/><lb/> nebst einigen Traͤumen, wovon <persName ref="#ref0040"><note type="editorial">Cardano, Girolamo</note>Cardan</persName> sehr viel hielt, und in welcher Ruͤcksicht er eine gewisse Prophezeihungsgabe zu besitzen glaubte. Das ganze Kapitel ist ein merkwuͤrdiger Beitrag zur Staͤrke und den Ausschweifungen der menschlichen Einbildungskraft, die sonderlich bei hypochondrischen Leuten oft die sonderbarsten Empfindungen und Chimaͤren hervorbringt.</p> <p>»Auf Befehl meines Vaters, hebt er an, blieb ich gemeiniglich bis drei Stunden nach Anbruch des Tages im Bette liegen, und hatte von meinem vierten bis gegen das siebente Jahr des Morgens, ehe ich zur bestimmten Zeit aufstehn durfte, sonderbare Erscheinungen, die mir sehr angenehm waren, und mich nie vergebens auf sich warten liessen. Jch erblickte naͤmlich allerlei Bilder gleichsam von Luftkoͤrpern, die aus ganz kleinen Ringen zu bestehen schienen, wie Panzerringe, ob ich gleich damals noch keinen Panzer gesehn hatte. Sie stiegen von der untersten rechten Ecke des Bettes in einem Halbcirkel in die Hoͤhe, und fielen langsam zur linken Seite nieder, so daß ich sie nicht mehr sahe, als z.B. Bilder von Schloͤssern, Haͤusern, Thieren, Pferden, nebst den Reutern, Pflanzen, Baͤumen, musikalischen Jnstrumenten, Theatern, Menschenkleidern und verschiedenen andern Kleidern; vornehmlich aber von Trompetern mit ihren Jnstrumenten, ob sie gleich keinen Ton von sich gaben. Ausserdem<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0126]
nebst einigen Traͤumen, wovon Cardan sehr viel hielt, und in welcher Ruͤcksicht er eine gewisse Prophezeihungsgabe zu besitzen glaubte. Das ganze Kapitel ist ein merkwuͤrdiger Beitrag zur Staͤrke und den Ausschweifungen der menschlichen Einbildungskraft, die sonderlich bei hypochondrischen Leuten oft die sonderbarsten Empfindungen und Chimaͤren hervorbringt.
»Auf Befehl meines Vaters, hebt er an, blieb ich gemeiniglich bis drei Stunden nach Anbruch des Tages im Bette liegen, und hatte von meinem vierten bis gegen das siebente Jahr des Morgens, ehe ich zur bestimmten Zeit aufstehn durfte, sonderbare Erscheinungen, die mir sehr angenehm waren, und mich nie vergebens auf sich warten liessen. Jch erblickte naͤmlich allerlei Bilder gleichsam von Luftkoͤrpern, die aus ganz kleinen Ringen zu bestehen schienen, wie Panzerringe, ob ich gleich damals noch keinen Panzer gesehn hatte. Sie stiegen von der untersten rechten Ecke des Bettes in einem Halbcirkel in die Hoͤhe, und fielen langsam zur linken Seite nieder, so daß ich sie nicht mehr sahe, als z.B. Bilder von Schloͤssern, Haͤusern, Thieren, Pferden, nebst den Reutern, Pflanzen, Baͤumen, musikalischen Jnstrumenten, Theatern, Menschenkleidern und verschiedenen andern Kleidern; vornehmlich aber von Trompetern mit ihren Jnstrumenten, ob sie gleich keinen Ton von sich gaben. Ausserdem
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/126>, abgerufen am 27.07.2024. |