Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
Sonderbar ist folgende Erzählung, die er uns über die Wahl seiner Frau mitgetheilt hat: "Jch wohnte zu Sacci, sagt er, und führte das glücklichste Leben von der Welt, als ich mich einstmals des Nachts in einem angenehmen, vollkommen schönen, mit Blumen und Früchten angefüllten
Sonderbar ist folgende Erzaͤhlung, die er uns uͤber die Wahl seiner Frau mitgetheilt hat: »Jch wohnte zu Sacci, sagt er, und fuͤhrte das gluͤcklichste Leben von der Welt, als ich mich einstmals des Nachts in einem angenehmen, vollkommen schoͤnen, mit Blumen und Fruͤchten angefuͤllten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0122" n="120"/><lb/> mir besser vorgekommen, als in Absicht meiner Lebensregeln wegen der Laͤnge meines Lebens, und der Menge meiner Leiden. – Erstlich habe ich Gott immer fuͤr alles, was mir begegnet ist, gedankt; zweitens habe ich die Gottheit fleissig angerufen; drittens war es mir nicht genug bei einem Verlust den Schaden zu ersetzen, sondern machte, daß ich immer noch etwas daruͤber erhielt; viertens nahm ich immer auf die Zeit die genaueste Ruͤcksicht, daß ich, wenn ich ritte, aß, im Bette lag, wachte, mit andern sprach, stets uͤber etwas meditirte; fuͤnftens verehrte ich die Greise sehr, und war gern bei ihnen; sechstens war ich auf alles aufmerksam, und glaubte, daß nichts von ungefaͤhr geschehen koͤnne; siebentens zog ich das Gewisse fast immer dem Ungewissen vor; achtens bestand ich auf keiner Sache, die mir misgluͤckte, und machte lieber Versuche, als daß ich mich auf meine Geschicklichkeit und Kunst verließ, was vornehmlich bei Heilung der Kranken der Fall war. Jm uͤbrigen uͤberließ ich mich dem Schicksale, und dachte uͤber das Vergangene, wie die meisten thun, nicht weiter nach.«</p> <p>Sonderbar ist folgende Erzaͤhlung, die er uns uͤber die Wahl seiner Frau mitgetheilt hat: »Jch wohnte zu Sacci, sagt er, und fuͤhrte das gluͤcklichste Leben von der Welt, als ich mich einstmals des Nachts in einem angenehmen, vollkommen schoͤnen, mit Blumen und Fruͤchten angefuͤllten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0122]
mir besser vorgekommen, als in Absicht meiner Lebensregeln wegen der Laͤnge meines Lebens, und der Menge meiner Leiden. – Erstlich habe ich Gott immer fuͤr alles, was mir begegnet ist, gedankt; zweitens habe ich die Gottheit fleissig angerufen; drittens war es mir nicht genug bei einem Verlust den Schaden zu ersetzen, sondern machte, daß ich immer noch etwas daruͤber erhielt; viertens nahm ich immer auf die Zeit die genaueste Ruͤcksicht, daß ich, wenn ich ritte, aß, im Bette lag, wachte, mit andern sprach, stets uͤber etwas meditirte; fuͤnftens verehrte ich die Greise sehr, und war gern bei ihnen; sechstens war ich auf alles aufmerksam, und glaubte, daß nichts von ungefaͤhr geschehen koͤnne; siebentens zog ich das Gewisse fast immer dem Ungewissen vor; achtens bestand ich auf keiner Sache, die mir misgluͤckte, und machte lieber Versuche, als daß ich mich auf meine Geschicklichkeit und Kunst verließ, was vornehmlich bei Heilung der Kranken der Fall war. Jm uͤbrigen uͤberließ ich mich dem Schicksale, und dachte uͤber das Vergangene, wie die meisten thun, nicht weiter nach.«
Sonderbar ist folgende Erzaͤhlung, die er uns uͤber die Wahl seiner Frau mitgetheilt hat: »Jch wohnte zu Sacci, sagt er, und fuͤhrte das gluͤcklichste Leben von der Welt, als ich mich einstmals des Nachts in einem angenehmen, vollkommen schoͤnen, mit Blumen und Fruͤchten angefuͤllten
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
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