Kap. 9. Von Verewigung seines Namens. Hier stellt Cardano, GirolamoCardan die ernsthaftesten Betrachtungen an, ob es wohl der Mühe werth sey, sich bei der Nichtigkeit und Vergänglichkeit aller Dinge einen unsterblichen Namen zu machen. Alle äußre Vorzüge, um sich zu verewigen, fehlen ihm; weder Reichthümer, noch Gewalt, noch eine feste Gesundheit, nicht Familie und eigene Thätigkeit liessen ihm eine Hoffnung dazu übrig, - und doch bleibt sein Verlangen nach einem unsterblichen Namen immer gleich stark. Er entschließt sich, ein - Schriftsteller zu werden; aber auch der Schriftsteller Ruhm scheint ihm ein sehr unsicheres, vergängliches Ding zu seyn, - scheint viel zu viel Aufopferungen zu erfordern. - Beim Haschen nach Schriftsteller-Ehre, sagt er vortreflich (was alle Schriftsteller sich fein merken sollten!), wird dich deine Hoffnung peinigen, deine Aengstlichkeit martern, du wirst von Arbeiten entkräftet werden, und jeden übrigen Reiz des Lebens verlieren. Er untersucht ferner, was endlich die Helden der Vorzeit durch ihre mühsamen und ehrsüchtigen Plane gewonnen haben. - Aus allem vorhergehenden zieht er nun das Resultat: Wenn die Seele unsterblich ist, wozu das Gepränge von Namen; geht sie unter, wozu nützen sie? Wenn die Zeugung der Geschöpfe einmal aufhört: so werden jene Namen auch alle ihr Ende erreichen. "Es ist also kein Wunder, setzt er hinzu, daß ich aus einer Art Zwang von Ruhmbegierde
Kap. 9. Von Verewigung seines Namens. Hier stellt Cardano, GirolamoCardan die ernsthaftesten Betrachtungen an, ob es wohl der Muͤhe werth sey, sich bei der Nichtigkeit und Vergaͤnglichkeit aller Dinge einen unsterblichen Namen zu machen. Alle aͤußre Vorzuͤge, um sich zu verewigen, fehlen ihm; weder Reichthuͤmer, noch Gewalt, noch eine feste Gesundheit, nicht Familie und eigene Thaͤtigkeit liessen ihm eine Hoffnung dazu uͤbrig, – und doch bleibt sein Verlangen nach einem unsterblichen Namen immer gleich stark. Er entschließt sich, ein – Schriftsteller zu werden; aber auch der Schriftsteller Ruhm scheint ihm ein sehr unsicheres, vergaͤngliches Ding zu seyn, – scheint viel zu viel Aufopferungen zu erfordern. – Beim Haschen nach Schriftsteller-Ehre, sagt er vortreflich (was alle Schriftsteller sich fein merken sollten!), wird dich deine Hoffnung peinigen, deine Aengstlichkeit martern, du wirst von Arbeiten entkraͤftet werden, und jeden uͤbrigen Reiz des Lebens verlieren. Er untersucht ferner, was endlich die Helden der Vorzeit durch ihre muͤhsamen und ehrsuͤchtigen Plane gewonnen haben. – Aus allem vorhergehenden zieht er nun das Resultat: Wenn die Seele unsterblich ist, wozu das Gepraͤnge von Namen; geht sie unter, wozu nuͤtzen sie? Wenn die Zeugung der Geschoͤpfe einmal aufhoͤrt: so werden jene Namen auch alle ihr Ende erreichen. »Es ist also kein Wunder, setzt er hinzu, daß ich aus einer Art Zwang von Ruhmbegierde
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Kap. 9. Von Verewigung seines Namens. Hier stellt Cardan die ernsthaftesten Betrachtungen an, ob es wohl der Muͤhe werth sey, sich bei der Nichtigkeit und Vergaͤnglichkeit aller Dinge einen unsterblichen Namen zu machen. Alle aͤußre Vorzuͤge, um sich zu verewigen, fehlen ihm; weder Reichthuͤmer, noch Gewalt, noch eine feste Gesundheit, nicht Familie und eigene Thaͤtigkeit liessen ihm eine Hoffnung dazu uͤbrig, – und doch bleibt sein Verlangen nach einem unsterblichen Namen immer gleich stark. Er entschließt sich, ein – Schriftsteller zu werden; aber auch der Schriftsteller Ruhm scheint ihm ein sehr unsicheres, vergaͤngliches Ding zu seyn, – scheint viel zu viel Aufopferungen zu erfordern. – Beim Haschen nach Schriftsteller-Ehre, sagt er vortreflich (was alle Schriftsteller sich fein merken sollten!), wird dich deine Hoffnung peinigen, deine Aengstlichkeit martern, du wirst von Arbeiten entkraͤftet werden, und jeden uͤbrigen Reiz des Lebens verlieren. Er untersucht ferner, was endlich die Helden der Vorzeit durch ihre muͤhsamen und ehrsuͤchtigen Plane gewonnen haben. – Aus allem vorhergehenden zieht er nun das Resultat: Wenn die Seele unsterblich ist, wozu das Gepraͤnge von Namen; geht sie unter, wozu nuͤtzen sie? Wenn die Zeugung der Geschoͤpfe einmal aufhoͤrt: so werden jene Namen auch alle ihr Ende erreichen. »Es ist also kein Wunder, setzt er hinzu, daß ich aus einer Art Zwang von Ruhmbegierde
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/112>, abgerufen am 16.02.2025.
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