Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
Doch vorher erst einiges von seinem Leben überhaupt, damit man seine folgenden Confessionen, die gewiß viel sonderbarer als die Rousseauischen sind, desto richtiger verstehen und übersehen kann. Hieronymus Cardan war zu Pavia den 24ten des Herbstmonats 1501 geboren. Man weiß nicht gewiß, ob seine Mutter mit seinem Vater verheiratet oder nur seine Maitresse gewesen ist; so viel erfuhr nachher Cardan selbst, daß sie, während ihrer Schwangerschaft mit ihm, Arzeneien genommen hatte, um die Frucht abzutreiben, was aber nicht gelingen wollte. Sie lag drei Tage in Kindesnöthen, und das Kind, womit sie schwanger ging, mußte mit Gewalt von ihr gerissen werden. -
Doch vorher erst einiges von seinem Leben uͤberhaupt, damit man seine folgenden Confessionen, die gewiß viel sonderbarer als die Rousseauischen sind, desto richtiger verstehen und uͤbersehen kann. Hieronymus Cardan war zu Pavia den 24ten des Herbstmonats 1501 geboren. Man weiß nicht gewiß, ob seine Mutter mit seinem Vater verheiratet oder nur seine Maitresse gewesen ist; so viel erfuhr nachher Cardan selbst, daß sie, waͤhrend ihrer Schwangerschaft mit ihm, Arzeneien genommen hatte, um die Frucht abzutreiben, was aber nicht gelingen wollte. Sie lag drei Tage in Kindesnoͤthen, und das Kind, womit sie schwanger ging, mußte mit Gewalt von ihr gerissen werden. – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0102" n="100"/><lb/> kraft mit einer gewissenhaften Genauigkeit in einem besondern Buche, <hi rendition="#aq">de Vita propria</hi> betitelt, beschrieben, und dieses merkwuͤrdige Buch ist es, aus welchem ich hier wegen der Sonderbarkeit des Verfassers, der bei aller Groͤße des Geistes, bei allem Scharfsinn des Verstandes, sich oft einer Art Wahnwitz naͤhert, einen fuͤr die Seelenkunde passenden Auszug liefern will. So schwer sich uͤbrigens das schlechte, abgebrochene und unleidliche Latein, worin seine meisten Werke abgefaßt sind, uͤbersetzen laͤßt: so glaub' ich doch fast immer den Sinn des Verfassers richtig getroffen zu haben. </p> <p>Doch vorher erst einiges von seinem Leben uͤberhaupt, damit man seine folgenden Confessionen, die gewiß viel sonderbarer als die Rousseauischen sind, desto richtiger verstehen und uͤbersehen kann.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0040"><note type="editorial">Cardano, Girolamo</note>Hieronymus Cardan</persName></hi> war zu Pavia den 24ten des Herbstmonats 1501 geboren. Man weiß nicht gewiß, ob seine Mutter mit seinem Vater verheiratet oder nur seine Maitresse gewesen ist; so viel erfuhr nachher Cardan selbst, daß sie, waͤhrend ihrer Schwangerschaft mit ihm, Arzeneien genommen hatte, um die Frucht abzutreiben, was aber nicht gelingen wollte. Sie lag drei Tage in Kindesnoͤthen, und das Kind, womit sie schwanger ging, mußte mit Gewalt von ihr gerissen werden. –<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0102]
kraft mit einer gewissenhaften Genauigkeit in einem besondern Buche, de Vita propria betitelt, beschrieben, und dieses merkwuͤrdige Buch ist es, aus welchem ich hier wegen der Sonderbarkeit des Verfassers, der bei aller Groͤße des Geistes, bei allem Scharfsinn des Verstandes, sich oft einer Art Wahnwitz naͤhert, einen fuͤr die Seelenkunde passenden Auszug liefern will. So schwer sich uͤbrigens das schlechte, abgebrochene und unleidliche Latein, worin seine meisten Werke abgefaßt sind, uͤbersetzen laͤßt: so glaub' ich doch fast immer den Sinn des Verfassers richtig getroffen zu haben.
Doch vorher erst einiges von seinem Leben uͤberhaupt, damit man seine folgenden Confessionen, die gewiß viel sonderbarer als die Rousseauischen sind, desto richtiger verstehen und uͤbersehen kann.
Hieronymus Cardan war zu Pavia den 24ten des Herbstmonats 1501 geboren. Man weiß nicht gewiß, ob seine Mutter mit seinem Vater verheiratet oder nur seine Maitresse gewesen ist; so viel erfuhr nachher Cardan selbst, daß sie, waͤhrend ihrer Schwangerschaft mit ihm, Arzeneien genommen hatte, um die Frucht abzutreiben, was aber nicht gelingen wollte. Sie lag drei Tage in Kindesnoͤthen, und das Kind, womit sie schwanger ging, mußte mit Gewalt von ihr gerissen werden. –
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