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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

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daß es aus guter Absicht geschehen ist. Allein mein Zweck ist nun verfehlt, und meine Kräfte reichen diesmal sonst weiter nicht hin. Dies sind zwey Hauptgründe, die ich sagen darf -- zur Entschuldigung, daß ich jetzo von meinen vertrautern Lesern, denen ich diese Gedanken statt Briefe zuzusenden pflegte, Abschied nehme. Es sind noch einige andere, die ich wohl mündlich jedem besonders sagen dürfte; aber dennoch nicht gern diesem Blatte anvertrauen mag, so sehr ich auch hoffe, daß man es auf diesen Wink geheimer, als die bisherigen, halten werde. Um aber auch diesmal etwas zu sagen, und nicht so ganz trocken von so herzlieben Leuten, als mir die Leser dieser Gedanken sind, wegzugehen, will ich Euch einige Bemerkungen mittheilen, die ich auf meiner, für mich in so mancher Absicht sehr gesegneten Reise zu machen Gelegenheit gehabt habe, und die den wenigsten von Euch ganz gleichgültig seyn werden, und mich den Empfindungen überlassen, die sie ohne Zweifel, sooft ich sie mir wieder erneure, in mir aufwecken werden. --

Jch habe viel mehr gute, recht gute Seelen angetroffen, als ich geglaubt hatte; wenig Vollkommne! Keine! Keine; aber viel mehrere, die nach Vervollkommnung strebten, als ich in meiner Unbekanntheit mit der Welt hoffen durfte.

Jch habe hohe und niedere Personen gefunden, die wirklich ein sehnliches Verlangen zu haben schie-


daß es aus guter Absicht geschehen ist. Allein mein Zweck ist nun verfehlt, und meine Kraͤfte reichen diesmal sonst weiter nicht hin. Dies sind zwey Hauptgruͤnde, die ich sagen darf — zur Entschuldigung, daß ich jetzo von meinen vertrautern Lesern, denen ich diese Gedanken statt Briefe zuzusenden pflegte, Abschied nehme. Es sind noch einige andere, die ich wohl muͤndlich jedem besonders sagen duͤrfte; aber dennoch nicht gern diesem Blatte anvertrauen mag, so sehr ich auch hoffe, daß man es auf diesen Wink geheimer, als die bisherigen, halten werde. Um aber auch diesmal etwas zu sagen, und nicht so ganz trocken von so herzlieben Leuten, als mir die Leser dieser Gedanken sind, wegzugehen, will ich Euch einige Bemerkungen mittheilen, die ich auf meiner, fuͤr mich in so mancher Absicht sehr gesegneten Reise zu machen Gelegenheit gehabt habe, und die den wenigsten von Euch ganz gleichguͤltig seyn werden, und mich den Empfindungen uͤberlassen, die sie ohne Zweifel, sooft ich sie mir wieder erneure, in mir aufwecken werden. —

Jch habe viel mehr gute, recht gute Seelen angetroffen, als ich geglaubt hatte; wenig Vollkommne! Keine! Keine; aber viel mehrere, die nach Vervollkommnung strebten, als ich in meiner Unbekanntheit mit der Welt hoffen durfte.

Jch habe hohe und niedere Personen gefunden, die wirklich ein sehnliches Verlangen zu haben schie-

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[98/0098] daß es aus guter Absicht geschehen ist. Allein mein Zweck ist nun verfehlt, und meine Kraͤfte reichen diesmal sonst weiter nicht hin. Dies sind zwey Hauptgruͤnde, die ich sagen darf — zur Entschuldigung, daß ich jetzo von meinen vertrautern Lesern, denen ich diese Gedanken statt Briefe zuzusenden pflegte, Abschied nehme. Es sind noch einige andere, die ich wohl muͤndlich jedem besonders sagen duͤrfte; aber dennoch nicht gern diesem Blatte anvertrauen mag, so sehr ich auch hoffe, daß man es auf diesen Wink geheimer, als die bisherigen, halten werde. Um aber auch diesmal etwas zu sagen, und nicht so ganz trocken von so herzlieben Leuten, als mir die Leser dieser Gedanken sind, wegzugehen, will ich Euch einige Bemerkungen mittheilen, die ich auf meiner, fuͤr mich in so mancher Absicht sehr gesegneten Reise zu machen Gelegenheit gehabt habe, und die den wenigsten von Euch ganz gleichguͤltig seyn werden, und mich den Empfindungen uͤberlassen, die sie ohne Zweifel, sooft ich sie mir wieder erneure, in mir aufwecken werden. — Jch habe viel mehr gute, recht gute Seelen angetroffen, als ich geglaubt hatte; wenig Vollkommne! Keine! Keine; aber viel mehrere, die nach Vervollkommnung strebten, als ich in meiner Unbekanntheit mit der Welt hoffen durfte. Jch habe hohe und niedere Personen gefunden, die wirklich ein sehnliches Verlangen zu haben schie-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/98>, abgerufen am 28.04.2024.