Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.
Eine ähnliche Erfahrung erzählt Herr M. S. 91. von sich selbst. Dergleichen Empfindungen sind nichts seltenes, und ihre Stärke läßt sich durchgehends durch eine zu stark erschütterte Einbildung erklären, welche jeder andern Jdee die herrschende unterzuschieben sucht. Jch kenne einen Mann, welcher auf einmal niedergeschlagen wird, wenn man das Wort: Faulfieber nennt. Seine ganze Heiterkeit verliert sich bey diesem Wort, und er stellt sich keine Todesart schrecklicher, als das Faulfieber vor. Seit einem Jahre hat ihm dieses Wort Höllenqualen verursacht; -- erst seit kurzer Zeit kann er davon so ruhig, wie von der gleichgültigsten Sache sprechen hören.
Eine aͤhnliche Erfahrung erzaͤhlt Herr M. S. 91. von sich selbst. Dergleichen Empfindungen sind nichts seltenes, und ihre Staͤrke laͤßt sich durchgehends durch eine zu stark erschuͤtterte Einbildung erklaͤren, welche jeder andern Jdee die herrschende unterzuschieben sucht. Jch kenne einen Mann, welcher auf einmal niedergeschlagen wird, wenn man das Wort: Faulfieber nennt. Seine ganze Heiterkeit verliert sich bey diesem Wort, und er stellt sich keine Todesart schrecklicher, als das Faulfieber vor. Seit einem Jahre hat ihm dieses Wort Hoͤllenqualen verursacht; — erst seit kurzer Zeit kann er davon so ruhig, wie von der gleichguͤltigsten Sache sprechen hoͤren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="5"/><lb/> gen, die sich so auf einmal der Seele des H. <hi rendition="#b">J —</hi> bemaͤchtigten, mogten wohl in der genauern Beschreibung der am Schlage gestorbenen Menschen, in der aͤngstlichen und weinerlichen Art, womit sie erzaͤhlt wurden, und in einer wenigstens abwechselnden Hypochondrie ihren Grund haben, ob er sich gleich S. 90. davon frey spricht. Nicht jeder hypochondrisch-kranke Mensch glaubt, daß er's wirklich ist, und aus der genauen Beschreibung, die der Herr Verfasser von seiner damals kranken Phantasie macht, sieht man deutlich, daß sie mit koͤrperlichen Ursprungs war, und aufhoͤrte, sobald mehr zerstreuende Jdeen ihre schwarzen Bilder vertrieben, und sein Koͤrper eine bessere Blutmasse bekam.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Eine aͤhnliche Erfahrung erzaͤhlt Herr <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0001"><note type="editorial">Moritz, Karl Philipp</note>M.</persName></hi> S. 91. von sich selbst. Dergleichen Empfindungen sind nichts seltenes, und ihre Staͤrke laͤßt sich durchgehends durch eine zu stark erschuͤtterte Einbildung erklaͤren, welche jeder andern Jdee die <hi rendition="#b">herrschende</hi> unterzuschieben sucht. Jch kenne einen Mann, welcher auf einmal niedergeschlagen wird, wenn man das Wort: <hi rendition="#b">Faulfieber</hi> nennt. Seine ganze Heiterkeit verliert sich bey diesem Wort, und er stellt sich keine Todesart schrecklicher, als das Faulfieber vor. Seit einem Jahre hat ihm dieses Wort Hoͤllenqualen verursacht; — erst seit kurzer Zeit kann er davon so ruhig, wie von der gleichguͤltigsten Sache sprechen hoͤren.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0005]
gen, die sich so auf einmal der Seele des H. J — bemaͤchtigten, mogten wohl in der genauern Beschreibung der am Schlage gestorbenen Menschen, in der aͤngstlichen und weinerlichen Art, womit sie erzaͤhlt wurden, und in einer wenigstens abwechselnden Hypochondrie ihren Grund haben, ob er sich gleich S. 90. davon frey spricht. Nicht jeder hypochondrisch-kranke Mensch glaubt, daß er's wirklich ist, und aus der genauen Beschreibung, die der Herr Verfasser von seiner damals kranken Phantasie macht, sieht man deutlich, daß sie mit koͤrperlichen Ursprungs war, und aufhoͤrte, sobald mehr zerstreuende Jdeen ihre schwarzen Bilder vertrieben, und sein Koͤrper eine bessere Blutmasse bekam.
Eine aͤhnliche Erfahrung erzaͤhlt Herr M. S. 91. von sich selbst. Dergleichen Empfindungen sind nichts seltenes, und ihre Staͤrke laͤßt sich durchgehends durch eine zu stark erschuͤtterte Einbildung erklaͤren, welche jeder andern Jdee die herrschende unterzuschieben sucht. Jch kenne einen Mann, welcher auf einmal niedergeschlagen wird, wenn man das Wort: Faulfieber nennt. Seine ganze Heiterkeit verliert sich bey diesem Wort, und er stellt sich keine Todesart schrecklicher, als das Faulfieber vor. Seit einem Jahre hat ihm dieses Wort Hoͤllenqualen verursacht; — erst seit kurzer Zeit kann er davon so ruhig, wie von der gleichguͤltigsten Sache sprechen hoͤren.
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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