ist etc. - so daß ich alles verfluchte und verwünschte. Jch mag das Objectum dieser innerlichen Action nicht ausdrücken, um niemanden damit zu erschrecken oder einem Schwachen einen Anstoß zu geben. Die Jmagination stellte mir diese Gedanken so lebhaftig in meiner Seele vor, daß ich mir oft den Mund mit der Hand zuhalten mußte, damit mich das lebendige Bild nicht verleitete, die Lästerung auszusprechen. Weil ich vielmahl gehört, daß dieses die Verdammten in der Hölle einst thun würden, so fing ich an mich schröcklich zu fürchten, daß dieses nicht Vorboten der völligen Verzweiflung und der ewigen Höllenpein seyn möchten. Wenn die Angst und das Herzdrücken am größten war, so fiel mir zuweilen wider meinen Willen schnell ein: Ja! wenn du nur schon in der Hölle wärest, so wüßtest du doch, wie viel es wäre, was du jetzt noch zu fürchten hast; welches derjenige Einfall ist, der unter allen andern meiner Seele am wehesten gethan. Donnerstag oder Freitag vor Trinitatis, ehe ich einschlief, kriegte ich einen lebendigen Eindruck vom höllischen Feuer. Es schien, als ob ich nichts als Feuer um mich sähe, und da es mir vorkam, als ob nun die Gluth um und um über mich zusammenschlagen wollte, so fing ich an zu schreyen: O Jesu hilf mir, nun ist es Helfenszeit! Jn dem Augenblick aber fiel ich in den tiefsten Schlaf, und ich nahm es, da ich wieder erwachte, vor eine handgreifliche Hülfe Gottes und Merkmahl an, daß er
ist etc. – so daß ich alles verfluchte und verwuͤnschte. Jch mag das Objectum dieser innerlichen Action nicht ausdruͤcken, um niemanden damit zu erschrecken oder einem Schwachen einen Anstoß zu geben. Die Jmagination stellte mir diese Gedanken so lebhaftig in meiner Seele vor, daß ich mir oft den Mund mit der Hand zuhalten mußte, damit mich das lebendige Bild nicht verleitete, die Laͤsterung auszusprechen. Weil ich vielmahl gehoͤrt, daß dieses die Verdammten in der Hoͤlle einst thun wuͤrden, so fing ich an mich schroͤcklich zu fuͤrchten, daß dieses nicht Vorboten der voͤlligen Verzweiflung und der ewigen Hoͤllenpein seyn moͤchten. Wenn die Angst und das Herzdruͤcken am groͤßten war, so fiel mir zuweilen wider meinen Willen schnell ein: Ja! wenn du nur schon in der Hoͤlle waͤrest, so wuͤßtest du doch, wie viel es waͤre, was du jetzt noch zu fuͤrchten hast; welches derjenige Einfall ist, der unter allen andern meiner Seele am wehesten gethan. Donnerstag oder Freitag vor Trinitatis, ehe ich einschlief, kriegte ich einen lebendigen Eindruck vom hoͤllischen Feuer. Es schien, als ob ich nichts als Feuer um mich saͤhe, und da es mir vorkam, als ob nun die Gluth um und um uͤber mich zusammenschlagen wollte, so fing ich an zu schreyen: O Jesu hilf mir, nun ist es Helfenszeit! Jn dem Augenblick aber fiel ich in den tiefsten Schlaf, und ich nahm es, da ich wieder erwachte, vor eine handgreifliche Huͤlfe Gottes und Merkmahl an, daß er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0127"n="125"/><lb/>
ist etc. – so daß ich alles verfluchte und verwuͤnschte. Jch mag das <hirendition="#aq">Objectum</hi> dieser innerlichen Action nicht ausdruͤcken, um niemanden damit zu erschrecken oder einem Schwachen einen Anstoß zu geben. Die Jmagination stellte mir diese Gedanken so lebhaftig in meiner Seele vor, daß ich mir oft den Mund mit der Hand zuhalten mußte, damit mich das lebendige Bild nicht verleitete, die Laͤsterung auszusprechen. Weil ich vielmahl gehoͤrt, daß dieses die Verdammten in der Hoͤlle einst thun wuͤrden, so fing ich an mich schroͤcklich zu fuͤrchten, daß dieses nicht Vorboten der voͤlligen Verzweiflung und der ewigen Hoͤllenpein seyn moͤchten. Wenn die Angst und das Herzdruͤcken am groͤßten war, so fiel mir zuweilen wider meinen Willen schnell ein: Ja! wenn du nur schon in der Hoͤlle waͤrest, so wuͤßtest du doch, wie viel es waͤre, was du jetzt noch zu fuͤrchten hast; welches derjenige Einfall ist, der unter allen andern meiner Seele am wehesten gethan. Donnerstag oder Freitag vor Trinitatis, ehe ich einschlief, kriegte ich einen lebendigen Eindruck vom hoͤllischen Feuer. Es schien, als ob ich nichts als Feuer um mich saͤhe, und da es mir vorkam, als ob nun die Gluth um und um uͤber mich zusammenschlagen wollte, so fing ich an zu schreyen: <hirendition="#b"> O Jesu hilf mir, nun ist es Helfenszeit!</hi> Jn dem Augenblick aber fiel ich in den tiefsten Schlaf, und ich nahm es, da ich wieder erwachte, vor eine handgreifliche Huͤlfe Gottes und Merkmahl an, daß er<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[125/0127]
ist etc. – so daß ich alles verfluchte und verwuͤnschte. Jch mag das Objectum dieser innerlichen Action nicht ausdruͤcken, um niemanden damit zu erschrecken oder einem Schwachen einen Anstoß zu geben. Die Jmagination stellte mir diese Gedanken so lebhaftig in meiner Seele vor, daß ich mir oft den Mund mit der Hand zuhalten mußte, damit mich das lebendige Bild nicht verleitete, die Laͤsterung auszusprechen. Weil ich vielmahl gehoͤrt, daß dieses die Verdammten in der Hoͤlle einst thun wuͤrden, so fing ich an mich schroͤcklich zu fuͤrchten, daß dieses nicht Vorboten der voͤlligen Verzweiflung und der ewigen Hoͤllenpein seyn moͤchten. Wenn die Angst und das Herzdruͤcken am groͤßten war, so fiel mir zuweilen wider meinen Willen schnell ein: Ja! wenn du nur schon in der Hoͤlle waͤrest, so wuͤßtest du doch, wie viel es waͤre, was du jetzt noch zu fuͤrchten hast; welches derjenige Einfall ist, der unter allen andern meiner Seele am wehesten gethan. Donnerstag oder Freitag vor Trinitatis, ehe ich einschlief, kriegte ich einen lebendigen Eindruck vom hoͤllischen Feuer. Es schien, als ob ich nichts als Feuer um mich saͤhe, und da es mir vorkam, als ob nun die Gluth um und um uͤber mich zusammenschlagen wollte, so fing ich an zu schreyen: O Jesu hilf mir, nun ist es Helfenszeit! Jn dem Augenblick aber fiel ich in den tiefsten Schlaf, und ich nahm es, da ich wieder erwachte, vor eine handgreifliche Huͤlfe Gottes und Merkmahl an, daß er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.
Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0501_1787/127>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.