Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.
So unphilosophisch hinterher unser Hypochondrist urtheilt, daß er die Mitwürkung eines Teufels bei dergleichen Zufällen keineswegs in Zweifel zu ziehen gesonnen sei, eine so richtige Anmerkung macht er bei Gelegenheit seines von einem alten Weibe mit Ungeziefer angesteckten Hauses: "daß die Obrigkeiten ein löbliches Werk thun würden, wenn sie das, was sich in einer Stadt außer dem gewöhnlichen Laufe der Natur zutrüge, vor ihr Forum zögen, die ganze Sache untersuchten, und dem Publiko und der gelehrten Welt, sonderlich den Theologen und Philosophen vorlegten, damit sie desto geschickter wären, von solchen Dingen zu urtheilen, und entweder dem heidnischen Aberglauben unter den Christen, von
So unphilosophisch hinterher unser Hypochondrist urtheilt, daß er die Mitwuͤrkung eines Teufels bei dergleichen Zufaͤllen keineswegs in Zweifel zu ziehen gesonnen sei, eine so richtige Anmerkung macht er bei Gelegenheit seines von einem alten Weibe mit Ungeziefer angesteckten Hauses: »daß die Obrigkeiten ein loͤbliches Werk thun wuͤrden, wenn sie das, was sich in einer Stadt außer dem gewoͤhnlichen Laufe der Natur zutruͤge, vor ihr Forum zoͤgen, die ganze Sache untersuchten, und dem Publiko und der gelehrten Welt, sonderlich den Theologen und Philosophen vorlegten, damit sie desto geschickter waͤren, von solchen Dingen zu urtheilen, und entweder dem heidnischen Aberglauben unter den Christen, von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0112" n="110"/><lb/> nahm, oder zusagte, hatte ich diese Gemuͤthsplage dabei, und je mehr ich vor meinen eigenen Gedanken und vor solchen Einfaͤllen erschrack, je oͤfterer und aͤrger ward ich damit vexirt. Mir wurde dabei Angst, und ich wußte nicht, wem ich es klagen sollte; denn ich fing an in der Rede zu stocken, so oft ich etwas sagen wollte, und diesen Einfall dabei heimlich leiden mußte. Jetzt, da ich nach der Philosophie solches betrachte, kann ich es leichte aus der Natur und aus den Kraͤften der Jmagination, wie solche bei schwachen Leibern und Gemuͤthern, so <hi rendition="#aq">temperamenti melancholici</hi> und zur Furcht sehr geneigt sind, anzutreffen, aufloͤsen. Dazumahl aber dachte ich nicht anders, als daß der Satan allein sein Spiel mit mir haͤtte, und mich mit solchen Einfaͤllen quaͤlte«.</p> <p>So unphilosophisch hinterher unser Hypochondrist urtheilt, daß er die Mitwuͤrkung eines Teufels bei dergleichen Zufaͤllen keineswegs in Zweifel zu ziehen gesonnen sei, eine so richtige Anmerkung macht er bei Gelegenheit seines von einem alten Weibe mit Ungeziefer angesteckten Hauses: »daß die Obrigkeiten ein loͤbliches Werk thun wuͤrden, wenn sie das, was sich in einer Stadt außer dem gewoͤhnlichen Laufe der Natur zutruͤge, vor ihr Forum zoͤgen, die ganze Sache untersuchten, und dem Publiko und der gelehrten Welt, sonderlich den Theologen und Philosophen vorlegten, damit sie desto geschickter waͤren, von solchen Dingen zu urtheilen, und entweder dem heidnischen Aberglauben unter den Christen, von<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0112]
nahm, oder zusagte, hatte ich diese Gemuͤthsplage dabei, und je mehr ich vor meinen eigenen Gedanken und vor solchen Einfaͤllen erschrack, je oͤfterer und aͤrger ward ich damit vexirt. Mir wurde dabei Angst, und ich wußte nicht, wem ich es klagen sollte; denn ich fing an in der Rede zu stocken, so oft ich etwas sagen wollte, und diesen Einfall dabei heimlich leiden mußte. Jetzt, da ich nach der Philosophie solches betrachte, kann ich es leichte aus der Natur und aus den Kraͤften der Jmagination, wie solche bei schwachen Leibern und Gemuͤthern, so temperamenti melancholici und zur Furcht sehr geneigt sind, anzutreffen, aufloͤsen. Dazumahl aber dachte ich nicht anders, als daß der Satan allein sein Spiel mit mir haͤtte, und mich mit solchen Einfaͤllen quaͤlte«.
So unphilosophisch hinterher unser Hypochondrist urtheilt, daß er die Mitwuͤrkung eines Teufels bei dergleichen Zufaͤllen keineswegs in Zweifel zu ziehen gesonnen sei, eine so richtige Anmerkung macht er bei Gelegenheit seines von einem alten Weibe mit Ungeziefer angesteckten Hauses: »daß die Obrigkeiten ein loͤbliches Werk thun wuͤrden, wenn sie das, was sich in einer Stadt außer dem gewoͤhnlichen Laufe der Natur zutruͤge, vor ihr Forum zoͤgen, die ganze Sache untersuchten, und dem Publiko und der gelehrten Welt, sonderlich den Theologen und Philosophen vorlegten, damit sie desto geschickter waͤren, von solchen Dingen zu urtheilen, und entweder dem heidnischen Aberglauben unter den Christen, von
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0501_1787/112>, abgerufen am 16.07.2024. |