keit -- er weint -- er lächelt -- er murmelt unverständlich -- er redet deutlich! -- Was ist ihm? sieht er etwas, das ihn beunruhigt? -- empfindet er etwas von Außen? -- Nein! er träumt. -- Was ist dieser Traum? -- Jst es die fortgesetzte Reihe der Gedanken, mit denen er sich vor seinem Einschlafen beschäftigte? -- Selten oder nie. Es ist eine Wiederhohlung, oft Jahre lang vorher erlebter Begebenheiten, oft an demselben Tage begangner Handlungen. Vorstellung derselben Handlungen und Begebenheiten, aber an ganz verschiedenen Orten, und durch ganz verschiedene Personen. -- Doch sind es oft solche, die, als wir sie erlebten und thaten, keinen starken Eindruck auf unsere Seele zu machen schienen. -- Was sehr merkwürdig ist: Dinge, die uns sehr nahe angehn und heftig erschüttern, werden uns nicht leicht gleich darauf im Schlafe wieder vorkommen. -- Jch habe vielfache Erfahrungen, daß ein zärtliches Weib einen Gatten, ein Sohn seinen Vater, ein Liebhaber seine Geliebte verloren; -- plötzlich ausgebrochne Feuersbrünste Habe und Gut verzehrt, empfindliche Beschimpfungen, Ehre und guten Nahmen gekränkt haben u.s.w. -- Der Schlaf der ersten darauffolgenden Nacht, war freilich nicht der sanfteste; tausend Träume jagten einander, aber keiner war die Vorstellung des so eben erlebten. Diese erfolgte erst, nachdem sich der Sturm der Seele etwas gelegt hatte.
keit — er weint — er laͤchelt — er murmelt unverstaͤndlich — er redet deutlich! — Was ist ihm? sieht er etwas, das ihn beunruhigt? — empfindet er etwas von Außen? — Nein! er traͤumt. — Was ist dieser Traum? — Jst es die fortgesetzte Reihe der Gedanken, mit denen er sich vor seinem Einschlafen beschaͤftigte? — Selten oder nie. Es ist eine Wiederhohlung, oft Jahre lang vorher erlebter Begebenheiten, oft an demselben Tage begangner Handlungen. Vorstellung derselben Handlungen und Begebenheiten, aber an ganz verschiedenen Orten, und durch ganz verschiedene Personen. — Doch sind es oft solche, die, als wir sie erlebten und thaten, keinen starken Eindruck auf unsere Seele zu machen schienen. — Was sehr merkwuͤrdig ist: Dinge, die uns sehr nahe angehn und heftig erschuͤttern, werden uns nicht leicht gleich darauf im Schlafe wieder vorkommen. — Jch habe vielfache Erfahrungen, daß ein zaͤrtliches Weib einen Gatten, ein Sohn seinen Vater, ein Liebhaber seine Geliebte verloren; — ploͤtzlich ausgebrochne Feuersbruͤnste Habe und Gut verzehrt, empfindliche Beschimpfungen, Ehre und guten Nahmen gekraͤnkt haben u.s.w. — Der Schlaf der ersten darauffolgenden Nacht, war freilich nicht der sanfteste; tausend Traͤume jagten einander, aber keiner war die Vorstellung des so eben erlebten. Diese erfolgte erst, nachdem sich der Sturm der Seele etwas gelegt hatte.
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keit — er weint — er laͤchelt — er murmelt unverstaͤndlich — er redet deutlich! — Was ist ihm? sieht er etwas, das ihn beunruhigt? — empfindet er etwas von Außen? — Nein! er traͤumt. — Was ist dieser Traum? — Jst es die fortgesetzte Reihe der Gedanken, mit denen er sich vor seinem Einschlafen beschaͤftigte? — Selten oder nie. Es ist eine Wiederhohlung, oft Jahre lang vorher erlebter Begebenheiten, oft an demselben Tage begangner Handlungen. Vorstellung derselben Handlungen und Begebenheiten, aber an ganz verschiedenen Orten, und durch ganz verschiedene Personen. — Doch sind es oft solche, die, als wir sie erlebten und thaten, keinen starken Eindruck auf unsere Seele zu machen schienen. — Was sehr merkwuͤrdig ist: Dinge, die uns sehr nahe angehn und heftig erschuͤttern, werden uns nicht leicht gleich darauf im Schlafe wieder vorkommen. — Jch habe vielfache Erfahrungen, daß ein zaͤrtliches Weib einen Gatten, ein Sohn seinen Vater, ein Liebhaber seine Geliebte verloren; — ploͤtzlich ausgebrochne Feuersbruͤnste Habe und Gut verzehrt, empfindliche Beschimpfungen, Ehre und guten Nahmen gekraͤnkt haben u.s.w. — Der Schlaf der ersten darauffolgenden Nacht, war freilich nicht der sanfteste; tausend Traͤume jagten einander, aber keiner war die Vorstellung des so eben erlebten. Diese erfolgte erst, nachdem sich der Sturm der Seele etwas gelegt hatte. </p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
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keit — er weint — er laͤchelt — er murmelt unverstaͤndlich — er redet deutlich! — Was ist ihm? sieht er etwas, das ihn beunruhigt? — empfindet er etwas von Außen? — Nein! er traͤumt. — Was ist dieser Traum? — Jst es die fortgesetzte Reihe der Gedanken, mit denen er sich vor seinem Einschlafen beschaͤftigte? — Selten oder nie. Es ist eine Wiederhohlung, oft Jahre lang vorher erlebter Begebenheiten, oft an demselben Tage begangner Handlungen. Vorstellung derselben Handlungen und Begebenheiten, aber an ganz verschiedenen Orten, und durch ganz verschiedene Personen. — Doch sind es oft solche, die, als wir sie erlebten und thaten, keinen starken Eindruck auf unsere Seele zu machen schienen. — Was sehr merkwuͤrdig ist: Dinge, die uns sehr nahe angehn und heftig erschuͤttern, werden uns nicht leicht gleich darauf im Schlafe wieder vorkommen. — Jch habe vielfache Erfahrungen, daß ein zaͤrtliches Weib einen Gatten, ein Sohn seinen Vater, ein Liebhaber seine Geliebte verloren; — ploͤtzlich ausgebrochne Feuersbruͤnste Habe und Gut verzehrt, empfindliche Beschimpfungen, Ehre und guten Nahmen gekraͤnkt haben u.s.w. — Der Schlaf der ersten darauffolgenden Nacht, war freilich nicht der sanfteste; tausend Traͤume jagten einander, aber keiner war die Vorstellung des so eben erlebten. Diese erfolgte erst, nachdem sich der Sturm der Seele etwas gelegt hatte.
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/82>, abgerufen am 16.02.2025.
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