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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

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würde. Nach einigen Tagen geht Schacks Grosvater in einem Saale des Hauses am hellen Tage spatziren. Seine Seele beschäftiget sich eben mit seinem abgeschiedenen Freunde, und siehe! er erblickt auf einmahl ein kleines blaues Wölkchen, welches sich an der Decke des Zimmers langsam hin- und herwälzt. Er beobachtet sie einige Zeit und folgt ihr nach, wie sie sich gegen das Fenster bewegt; aber in dem Augenblicke verschwindet sie, und er vernimmt ein lautes Ach! obgleich kein Mensch in und neben dem Zimmer gewesen war, -- -- und was war das für ein Ding, fragte Schack seine Mutter mit einer Neugierde, die ihm im Auge glühte, als sie ihm das erstemahl diese Geschichte erzählte? -- Das war die Seele, erwiederte sie, und von Stund an dachte sich Schack die menschliche Seele als ein Wölkchen, welches vom Haupte des Menschen bei seinem Tode aufflöge und von den Engeln im Himmel getragen würde.

Vielleicht bin ich zu weitläuftig gewesen, einige kindische Vorstellungsarten aus Schacks Seele mitzutheilen; allein ich glaube, daß es immer der Bemerkung werth ist, wie der menschliche Verstand sich nach und nach selbst Jdeen schafft und seine Denkkraft zu äußern anfängt. So kindisch auch immer die ersten Vorstellungsarten der menschlichen Seele zu seyn pflegen, so siehet man doch immer daraus, daß sie sich schon frühzeitig an eine Kunst zu schließen gewöhnt, und ehe sie noch ihre Regeln


wuͤrde. Nach einigen Tagen geht Schacks Grosvater in einem Saale des Hauses am hellen Tage spatziren. Seine Seele beschaͤftiget sich eben mit seinem abgeschiedenen Freunde, und siehe! er erblickt auf einmahl ein kleines blaues Woͤlkchen, welches sich an der Decke des Zimmers langsam hin- und herwaͤlzt. Er beobachtet sie einige Zeit und folgt ihr nach, wie sie sich gegen das Fenster bewegt; aber in dem Augenblicke verschwindet sie, und er vernimmt ein lautes Ach! obgleich kein Mensch in und neben dem Zimmer gewesen war, — — und was war das fuͤr ein Ding, fragte Schack seine Mutter mit einer Neugierde, die ihm im Auge gluͤhte, als sie ihm das erstemahl diese Geschichte erzaͤhlte? — Das war die Seele, erwiederte sie, und von Stund an dachte sich Schack die menschliche Seele als ein Woͤlkchen, welches vom Haupte des Menschen bei seinem Tode auffloͤge und von den Engeln im Himmel getragen wuͤrde.

Vielleicht bin ich zu weitlaͤuftig gewesen, einige kindische Vorstellungsarten aus Schacks Seele mitzutheilen; allein ich glaube, daß es immer der Bemerkung werth ist, wie der menschliche Verstand sich nach und nach selbst Jdeen schafft und seine Denkkraft zu aͤußern anfaͤngt. So kindisch auch immer die ersten Vorstellungsarten der menschlichen Seele zu seyn pflegen, so siehet man doch immer daraus, daß sie sich schon fruͤhzeitig an eine Kunst zu schließen gewoͤhnt, und ehe sie noch ihre Regeln

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[64/0064] wuͤrde. Nach einigen Tagen geht Schacks Grosvater in einem Saale des Hauses am hellen Tage spatziren. Seine Seele beschaͤftiget sich eben mit seinem abgeschiedenen Freunde, und siehe! er erblickt auf einmahl ein kleines blaues Woͤlkchen, welches sich an der Decke des Zimmers langsam hin- und herwaͤlzt. Er beobachtet sie einige Zeit und folgt ihr nach, wie sie sich gegen das Fenster bewegt; aber in dem Augenblicke verschwindet sie, und er vernimmt ein lautes Ach! obgleich kein Mensch in und neben dem Zimmer gewesen war, — — und was war das fuͤr ein Ding, fragte Schack seine Mutter mit einer Neugierde, die ihm im Auge gluͤhte, als sie ihm das erstemahl diese Geschichte erzaͤhlte? — Das war die Seele, erwiederte sie, und von Stund an dachte sich Schack die menschliche Seele als ein Woͤlkchen, welches vom Haupte des Menschen bei seinem Tode auffloͤge und von den Engeln im Himmel getragen wuͤrde. Vielleicht bin ich zu weitlaͤuftig gewesen, einige kindische Vorstellungsarten aus Schacks Seele mitzutheilen; allein ich glaube, daß es immer der Bemerkung werth ist, wie der menschliche Verstand sich nach und nach selbst Jdeen schafft und seine Denkkraft zu aͤußern anfaͤngt. So kindisch auch immer die ersten Vorstellungsarten der menschlichen Seele zu seyn pflegen, so siehet man doch immer daraus, daß sie sich schon fruͤhzeitig an eine Kunst zu schließen gewoͤhnt, und ehe sie noch ihre Regeln

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/64>, abgerufen am 28.11.2024.