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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

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auch immer in seinen Gedanken über alle Apostel hinwegzusetzen suchte, weil Jesus ihn selbst bisweilen vorgezogen hatte. Das einzige, was Schacken an dem Heilande nicht gefiel, war: daß er einmahl zu seiner Mutter gesagt hatte: Weib, ich habe mit dir nichts zu schaffen. Er meinte, so müßte ein Sohn nicht zu seiner Mutter reden.

Von der menschlichen Seele machte sich Schack lange Zeit keinen andern Begriff, als der durch das Bild im Orbispiktus veranlaßt wurde, wo die Seele als eine punktirte menschliche Schattenfigur vorgestellt wird. Er meinte, das Ding, was wir Seele nennen, sei im ganzen Körper, und konnte nicht begreifen, daß sie allein im Gehirn ihren Sitz haben solle, da man doch an allen Theilen des Leibes Gefühl hätte. Unter jener Schattenfigur stellte er sich nun auch jedes Gespenst vor, welches er für irgend eine wiedergekommene Seele hielt. Auf einmahl aber änderte sich sein Seelensystem durch eine sonderbare Erzählung seiner Mutter, und er hielt nun die Seele für eine Art Dunst, welcher sich beim Tode des Menschen in Gestalt eines Wölkchens vom Menschen absonderte und in den unendlichen Himmelsraum überginge. Die Geschichte, welche seinem System eine ganz neue Richtung gab, war folgende:

Schacks seliger Grosvater war im Anfange dieses Jahrhunderts in Wien Hofmeister bei den Kindern eines reichen Banquiers gewesen. Dieser


auch immer in seinen Gedanken uͤber alle Apostel hinwegzusetzen suchte, weil Jesus ihn selbst bisweilen vorgezogen hatte. Das einzige, was Schacken an dem Heilande nicht gefiel, war: daß er einmahl zu seiner Mutter gesagt hatte: Weib, ich habe mit dir nichts zu schaffen. Er meinte, so muͤßte ein Sohn nicht zu seiner Mutter reden.

Von der menschlichen Seele machte sich Schack lange Zeit keinen andern Begriff, als der durch das Bild im Orbispiktus veranlaßt wurde, wo die Seele als eine punktirte menschliche Schattenfigur vorgestellt wird. Er meinte, das Ding, was wir Seele nennen, sei im ganzen Koͤrper, und konnte nicht begreifen, daß sie allein im Gehirn ihren Sitz haben solle, da man doch an allen Theilen des Leibes Gefuͤhl haͤtte. Unter jener Schattenfigur stellte er sich nun auch jedes Gespenst vor, welches er fuͤr irgend eine wiedergekommene Seele hielt. Auf einmahl aber aͤnderte sich sein Seelensystem durch eine sonderbare Erzaͤhlung seiner Mutter, und er hielt nun die Seele fuͤr eine Art Dunst, welcher sich beim Tode des Menschen in Gestalt eines Woͤlkchens vom Menschen absonderte und in den unendlichen Himmelsraum uͤberginge. Die Geschichte, welche seinem System eine ganz neue Richtung gab, war folgende:

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[62/0062] auch immer in seinen Gedanken uͤber alle Apostel hinwegzusetzen suchte, weil Jesus ihn selbst bisweilen vorgezogen hatte. Das einzige, was Schacken an dem Heilande nicht gefiel, war: daß er einmahl zu seiner Mutter gesagt hatte: Weib, ich habe mit dir nichts zu schaffen. Er meinte, so muͤßte ein Sohn nicht zu seiner Mutter reden. Von der menschlichen Seele machte sich Schack lange Zeit keinen andern Begriff, als der durch das Bild im Orbispiktus veranlaßt wurde, wo die Seele als eine punktirte menschliche Schattenfigur vorgestellt wird. Er meinte, das Ding, was wir Seele nennen, sei im ganzen Koͤrper, und konnte nicht begreifen, daß sie allein im Gehirn ihren Sitz haben solle, da man doch an allen Theilen des Leibes Gefuͤhl haͤtte. Unter jener Schattenfigur stellte er sich nun auch jedes Gespenst vor, welches er fuͤr irgend eine wiedergekommene Seele hielt. Auf einmahl aber aͤnderte sich sein Seelensystem durch eine sonderbare Erzaͤhlung seiner Mutter, und er hielt nun die Seele fuͤr eine Art Dunst, welcher sich beim Tode des Menschen in Gestalt eines Woͤlkchens vom Menschen absonderte und in den unendlichen Himmelsraum uͤberginge. Die Geschichte, welche seinem System eine ganz neue Richtung gab, war folgende: Schacks seliger Grosvater war im Anfange dieses Jahrhunderts in Wien Hofmeister bei den Kindern eines reichen Banquiers gewesen. Dieser

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/62>, abgerufen am 24.11.2024.