Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0036" n="36"/><lb/> wie leicht zu erachten, zu Nutze, und ich mußte bei meinen Wohlthaͤtern bis in meine Juͤnglingsjahre in der Wirthschaft mit Hand anlegen helfen, ich grub Moͤhrenland um, legte Erdbirnen, raufte Flachs, spaltete Holz, mit einem Wort, verrichtete alles, was zu einer Wirthschaft gehoͤrt. Hatte ich außer meinen Schulstunden meine andern Hausgeschaͤfte geendigt, dann war die uͤbrige Zeit zu eigner beliebigen Disposition mir ganz uͤberlassen. Ueberhaupt war man wegen meiner Gutwilligkeit und Gutherzigkeit sehr wohl mit mir zufrieden, und diese natuͤrlichen Temperamentstugenden machten mich uͤberall so beliebt, daß ich manche kleine Geschenke an Victualien und an Gelde bekam, welches letztere ich mir denn sammelte, um die noͤthigen Kosten fuͤr Kleidungsstuͤcke und Waͤsche davon zu bestreiten. Bei allem dem blieb mein Geist ziemlich ungebildet, ja wurde zum Theil wohl gar verschroben. Jch hatte ein sehr weiches Herz und konnte bei der Musik eines Jnstruments in Thraͤnen fast zerfließen, liebte die Natur und konnte mich an dem Kieseln eines kleinen Baches, an dem Gesange der Voͤgel oder an der Schoͤnheit einer Blume ungemein ergoͤtzen. Jm Fruͤhling mußte ich oft vor Sonnenaufgang mit den Bauern ins Holz, um den Bauern das Holz anzuweisen, das sie fuͤr den Rektor fahren mußten. Da stand ich oft auf den Hoͤhen der Berge und verlor mich in Gedanken. Wie war mir kleinem Knaben zu<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0036]
wie leicht zu erachten, zu Nutze, und ich mußte bei meinen Wohlthaͤtern bis in meine Juͤnglingsjahre in der Wirthschaft mit Hand anlegen helfen, ich grub Moͤhrenland um, legte Erdbirnen, raufte Flachs, spaltete Holz, mit einem Wort, verrichtete alles, was zu einer Wirthschaft gehoͤrt. Hatte ich außer meinen Schulstunden meine andern Hausgeschaͤfte geendigt, dann war die uͤbrige Zeit zu eigner beliebigen Disposition mir ganz uͤberlassen. Ueberhaupt war man wegen meiner Gutwilligkeit und Gutherzigkeit sehr wohl mit mir zufrieden, und diese natuͤrlichen Temperamentstugenden machten mich uͤberall so beliebt, daß ich manche kleine Geschenke an Victualien und an Gelde bekam, welches letztere ich mir denn sammelte, um die noͤthigen Kosten fuͤr Kleidungsstuͤcke und Waͤsche davon zu bestreiten. Bei allem dem blieb mein Geist ziemlich ungebildet, ja wurde zum Theil wohl gar verschroben. Jch hatte ein sehr weiches Herz und konnte bei der Musik eines Jnstruments in Thraͤnen fast zerfließen, liebte die Natur und konnte mich an dem Kieseln eines kleinen Baches, an dem Gesange der Voͤgel oder an der Schoͤnheit einer Blume ungemein ergoͤtzen. Jm Fruͤhling mußte ich oft vor Sonnenaufgang mit den Bauern ins Holz, um den Bauern das Holz anzuweisen, das sie fuͤr den Rektor fahren mußten. Da stand ich oft auf den Hoͤhen der Berge und verlor mich in Gedanken. Wie war mir kleinem Knaben zu
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
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