Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.
Der V. konnte seiner Mutter von dem Papagei die detaillirtesten Beschreibungen geben, wo er gehangen, was er für artikulirte Töne nachgesprochen, u.s.w. und diese Beschreibungen trafen zu; denn es hatte lange vor seiner Geburt wirklich an denselben Orte ein Papagei gehangen, der eben jene artikulirten Töne hervorbrachte. Der V. ist aber weit entfernt, dieß für etwas Wunderbares oder Unerklärliches zu halten, sondern er setzt, als gewiß, voraus, daß man ihm in seiner frühesten Jugend von diesen Dingen vielleicht erzählt und vorgeplaudert habe, als: da in der Ecke saß ein Papagei, der konnte das und das sprechen, u.s.w. wie man Kindern denn wohl allerlei dergleichen vorzuplaudern pflegt. Er führt also diese sonderbare Art von Erinnerungen eigentlich nur als ein Beispiel an, wie von dergleichen Dingen, die einem in der frühesten Kindheit vielleicht von dem Gesinde oder den Wärterinnen vorgesagt werden, sich die Bilder der jungen Seele so stark eindrücken können, daß man sie nachher, wenn man die
Der V. konnte seiner Mutter von dem Papagei die detaillirtesten Beschreibungen geben, wo er gehangen, was er fuͤr artikulirte Toͤne nachgesprochen, u.s.w. und diese Beschreibungen trafen zu; denn es hatte lange vor seiner Geburt wirklich an denselben Orte ein Papagei gehangen, der eben jene artikulirten Toͤne hervorbrachte. Der V. ist aber weit entfernt, dieß fuͤr etwas Wunderbares oder Unerklaͤrliches zu halten, sondern er setzt, als gewiß, voraus, daß man ihm in seiner fruͤhesten Jugend von diesen Dingen vielleicht erzaͤhlt und vorgeplaudert habe, als: da in der Ecke saß ein Papagei, der konnte das und das sprechen, u.s.w. wie man Kindern denn wohl allerlei dergleichen vorzuplaudern pflegt. Er fuͤhrt also diese sonderbare Art von Erinnerungen eigentlich nur als ein Beispiel an, wie von dergleichen Dingen, die einem in der fruͤhesten Kindheit vielleicht von dem Gesinde oder den Waͤrterinnen vorgesagt werden, sich die Bilder der jungen Seele so stark eindruͤcken koͤnnen, daß man sie nachher, wenn man die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0011" n="11"/><lb/> sten Jugend an, bei sich selbst uͤbergraͤnzt gewesen sey, er habe einmal weiße Baͤren vor dem Hause seiner Eltern tanzen, und einen Papagei in der Stube seiner Großmutter, gesehen, welche beide Dinge doch, nach der Versicherung seiner Mutter, <hi rendition="#b">ihm seit seiner Geburt niemals unter die Augen gekommen sind.</hi></p> <p>Der V. konnte seiner Mutter von dem Papagei die detaillirtesten Beschreibungen geben, wo er gehangen, was er fuͤr artikulirte Toͤne nachgesprochen, u.s.w. und diese Beschreibungen trafen zu; denn es hatte lange vor seiner Geburt wirklich an denselben Orte ein Papagei gehangen, der eben jene artikulirten Toͤne hervorbrachte.</p> <p>Der V. ist aber weit entfernt, dieß fuͤr etwas Wunderbares oder Unerklaͤrliches zu halten, sondern er setzt, als gewiß, voraus, daß man ihm in seiner <hi rendition="#b">fruͤhesten Jugend</hi> von diesen Dingen vielleicht erzaͤhlt und vorgeplaudert habe, als: da in der Ecke saß ein Papagei, der konnte das und das sprechen, u.s.w. wie man Kindern denn wohl allerlei dergleichen vorzuplaudern pflegt. Er fuͤhrt also diese sonderbare Art von Erinnerungen eigentlich nur als ein Beispiel an, wie von dergleichen Dingen, die einem in der fruͤhesten Kindheit vielleicht von dem Gesinde oder den Waͤrterinnen vorgesagt werden, sich die Bilder der jungen Seele so stark eindruͤcken koͤnnen, daß man sie nachher, <hi rendition="#b">wenn man die<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
sten Jugend an, bei sich selbst uͤbergraͤnzt gewesen sey, er habe einmal weiße Baͤren vor dem Hause seiner Eltern tanzen, und einen Papagei in der Stube seiner Großmutter, gesehen, welche beide Dinge doch, nach der Versicherung seiner Mutter, ihm seit seiner Geburt niemals unter die Augen gekommen sind.
Der V. konnte seiner Mutter von dem Papagei die detaillirtesten Beschreibungen geben, wo er gehangen, was er fuͤr artikulirte Toͤne nachgesprochen, u.s.w. und diese Beschreibungen trafen zu; denn es hatte lange vor seiner Geburt wirklich an denselben Orte ein Papagei gehangen, der eben jene artikulirten Toͤne hervorbrachte.
Der V. ist aber weit entfernt, dieß fuͤr etwas Wunderbares oder Unerklaͤrliches zu halten, sondern er setzt, als gewiß, voraus, daß man ihm in seiner fruͤhesten Jugend von diesen Dingen vielleicht erzaͤhlt und vorgeplaudert habe, als: da in der Ecke saß ein Papagei, der konnte das und das sprechen, u.s.w. wie man Kindern denn wohl allerlei dergleichen vorzuplaudern pflegt. Er fuͤhrt also diese sonderbare Art von Erinnerungen eigentlich nur als ein Beispiel an, wie von dergleichen Dingen, die einem in der fruͤhesten Kindheit vielleicht von dem Gesinde oder den Waͤrterinnen vorgesagt werden, sich die Bilder der jungen Seele so stark eindruͤcken koͤnnen, daß man sie nachher, wenn man die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |