aufhörlich vor den Augen geschwebt hatte, war an einem schönen Frühlingsmorgen endlich zum viertenmahl ausgegangen, um ihr Herz zu erobern. Halb verzweiflungsvoll über alle seine bisher vergeblich angewandte Mühe, wollte er dießmahl, es koste was es wolle, den letzten zärtlichen Versuch wagen, und hatte sich heute zu dem Ende recht geflissentlich zu adonisiren gesucht. Unter andern sollten ein Paar ganz neue atlaßne schwarze Unterkleider, und eine schneeweiß gepuderte, damahls sehr modige Wolkenperucke das spröde Herz seiner Sophie bestürmen helfen. Weil er aber mit Recht befürchtete, daß jene auf einem Wege von einer starken Meile, und bei einem möglichen Sturme leicht einen Theil ihres Glanzes und ihrer Symmetrie verlieren dürfte, und ihm doch sehr viel daran gelegen war, vor seiner Geliebten dießmahl so galant als möglich zu erscheinen: so hatte er sorgfältig Kamm, Spiegel und Puder mitgenommen, um seine Wolke im Fall der Noth, noch ehe er ins Haus seiner Schönen träte, wieder in Ordnung bringen zu können. --
Nicht weit von Sophiens Wohnung lag ein kleines Wäldchen. Dieß war der Ort, wo der junge schmachtende Geistliche den Himmel schon oft um das Herz seines Mädchens angeflehet hatte; hier wünschte er sehnlichst, bald an der Seite seiner geliebten Braut wandeln zu dürfen, und hier war es nun auch, wo er dießmahl seine Toilette
aufhoͤrlich vor den Augen geschwebt hatte, war an einem schoͤnen Fruͤhlingsmorgen endlich zum viertenmahl ausgegangen, um ihr Herz zu erobern. Halb verzweiflungsvoll uͤber alle seine bisher vergeblich angewandte Muͤhe, wollte er dießmahl, es koste was es wolle, den letzten zaͤrtlichen Versuch wagen, und hatte sich heute zu dem Ende recht geflissentlich zu adonisiren gesucht. Unter andern sollten ein Paar ganz neue atlaßne schwarze Unterkleider, und eine schneeweiß gepuderte, damahls sehr modige Wolkenperucke das sproͤde Herz seiner Sophie bestuͤrmen helfen. Weil er aber mit Recht befuͤrchtete, daß jene auf einem Wege von einer starken Meile, und bei einem moͤglichen Sturme leicht einen Theil ihres Glanzes und ihrer Symmetrie verlieren duͤrfte, und ihm doch sehr viel daran gelegen war, vor seiner Geliebten dießmahl so galant als moͤglich zu erscheinen: so hatte er sorgfaͤltig Kamm, Spiegel und Puder mitgenommen, um seine Wolke im Fall der Noth, noch ehe er ins Haus seiner Schoͤnen traͤte, wieder in Ordnung bringen zu koͤnnen. —
Nicht weit von Sophiens Wohnung lag ein kleines Waͤldchen. Dieß war der Ort, wo der junge schmachtende Geistliche den Himmel schon oft um das Herz seines Maͤdchens angeflehet hatte; hier wuͤnschte er sehnlichst, bald an der Seite seiner geliebten Braut wandeln zu duͤrfen, und hier war es nun auch, wo er dießmahl seine Toilette
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aufhoͤrlich vor den Augen geschwebt hatte, war an einem schoͤnen Fruͤhlingsmorgen endlich zum viertenmahl ausgegangen, um ihr Herz zu erobern. Halb verzweiflungsvoll uͤber alle seine bisher vergeblich angewandte Muͤhe, wollte er dießmahl, es koste was es wolle, den letzten zaͤrtlichen Versuch wagen, und hatte sich heute zu dem Ende recht geflissentlich zu adonisiren gesucht. Unter andern sollten ein Paar ganz neue atlaßne schwarze Unterkleider, und eine schneeweiß gepuderte, damahls sehr modige <choice><corr>Wolkenperucke</corr><sic>Wolkenparucke</sic></choice> das sproͤde Herz seiner Sophie bestuͤrmen helfen. Weil er aber mit Recht befuͤrchtete, daß jene auf einem Wege von einer starken Meile, und bei einem moͤglichen Sturme leicht einen Theil ihres Glanzes und ihrer Symmetrie verlieren duͤrfte, und ihm doch sehr viel daran gelegen war, vor seiner Geliebten dießmahl so galant als moͤglich zu erscheinen: so hatte er sorgfaͤltig Kamm, Spiegel und Puder mitgenommen, um seine Wolke im Fall der Noth, noch ehe er ins Haus seiner Schoͤnen traͤte, wieder in Ordnung bringen zu koͤnnen. —</p><p>Nicht weit von Sophiens Wohnung lag ein kleines Waͤldchen. Dieß war der Ort, wo der junge schmachtende Geistliche den Himmel schon oft um das Herz seines Maͤdchens angeflehet hatte; hier wuͤnschte er sehnlichst, bald an der Seite seiner geliebten Braut wandeln zu duͤrfen, und hier war es nun auch, wo er dießmahl seine Toilette<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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aufhoͤrlich vor den Augen geschwebt hatte, war an einem schoͤnen Fruͤhlingsmorgen endlich zum viertenmahl ausgegangen, um ihr Herz zu erobern. Halb verzweiflungsvoll uͤber alle seine bisher vergeblich angewandte Muͤhe, wollte er dießmahl, es koste was es wolle, den letzten zaͤrtlichen Versuch wagen, und hatte sich heute zu dem Ende recht geflissentlich zu adonisiren gesucht. Unter andern sollten ein Paar ganz neue atlaßne schwarze Unterkleider, und eine schneeweiß gepuderte, damahls sehr modige Wolkenperucke das sproͤde Herz seiner Sophie bestuͤrmen helfen. Weil er aber mit Recht befuͤrchtete, daß jene auf einem Wege von einer starken Meile, und bei einem moͤglichen Sturme leicht einen Theil ihres Glanzes und ihrer Symmetrie verlieren duͤrfte, und ihm doch sehr viel daran gelegen war, vor seiner Geliebten dießmahl so galant als moͤglich zu erscheinen: so hatte er sorgfaͤltig Kamm, Spiegel und Puder mitgenommen, um seine Wolke im Fall der Noth, noch ehe er ins Haus seiner Schoͤnen traͤte, wieder in Ordnung bringen zu koͤnnen. —
Nicht weit von Sophiens Wohnung lag ein kleines Waͤldchen. Dieß war der Ort, wo der junge schmachtende Geistliche den Himmel schon oft um das Herz seines Maͤdchens angeflehet hatte; hier wuͤnschte er sehnlichst, bald an der Seite seiner geliebten Braut wandeln zu duͤrfen, und hier war es nun auch, wo er dießmahl seine Toilette
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0402_1786/102>, abgerufen am 16.02.2025.
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