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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.

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schönes neues Clavier schenken zu meinem Vergnügen, und thut alles.

Alle die mich sehen, freuen sich. Der Hofrath G. nahm mich freudig auf; er glaubte, ich käme von Leipzig; ich sagte ihm aber, ich sei in einer hypochondrischen Lage gewesen, und habe Leipzig verlassen müssen.

Der würdige Abt J. -- diesem allein hatte es mein Vater anvertrauet, um Beruhigung zu haben -- den Tag vor meiner Ankunft war dieser Greis selbst bei meinem Vater gewesen, weil ihn mein Vater zweimal vergeblich besucht, und hatte sich über meinen Brief gefreuet; "nun, hatte er gesagt, bin ich heute ruhig! nun will ich seine Gesundheit trinken. Nehmen Sie ihn ja freundschaftlich auf, tragen Sie ihn," sagen Sie ihm, ich wüßte alles, und wenn er nicht zu mir kommen will: so will ich wieder kommen: stell Dir vor! Aber ich hatte nun auf einmal so ein Herz, weil ich fest in meiner Seele war, nun kein C. zu werden. Jch gieng zu ihm: "Nun, sagte er, ich freue mich Sie noch wohl zu sehen, ich glaubte Sie nie wieder gesehn zu haben." Er redete freundschaftlich mit mir, und freuete sich, daß ich meinen Entschluß geändert, er gab mir die Hand, und voll Rührung ergriff ich sie fest, und küßte sie. Kommen Sie zuweilen zu mir, Sie sind mir immer willkommen.



schoͤnes neues Clavier schenken zu meinem Vergnuͤgen, und thut alles.

Alle die mich sehen, freuen sich. Der Hofrath G. nahm mich freudig auf; er glaubte, ich kaͤme von Leipzig; ich sagte ihm aber, ich sei in einer hypochondrischen Lage gewesen, und habe Leipzig verlassen muͤssen.

Der wuͤrdige Abt J. — diesem allein hatte es mein Vater anvertrauet, um Beruhigung zu haben — den Tag vor meiner Ankunft war dieser Greis selbst bei meinem Vater gewesen, weil ihn mein Vater zweimal vergeblich besucht, und hatte sich uͤber meinen Brief gefreuet; »nun, hatte er gesagt, bin ich heute ruhig! nun will ich seine Gesundheit trinken. Nehmen Sie ihn ja freundschaftlich auf, tragen Sie ihn,« sagen Sie ihm, ich wuͤßte alles, und wenn er nicht zu mir kommen will: so will ich wieder kommen: stell Dir vor! Aber ich hatte nun auf einmal so ein Herz, weil ich fest in meiner Seele war, nun kein C. zu werden. Jch gieng zu ihm: »Nun, sagte er, ich freue mich Sie noch wohl zu sehen, ich glaubte Sie nie wieder gesehn zu haben.« Er redete freundschaftlich mit mir, und freuete sich, daß ich meinen Entschluß geaͤndert, er gab mir die Hand, und voll Ruͤhrung ergriff ich sie fest, und kuͤßte sie. Kommen Sie zuweilen zu mir, Sie sind mir immer willkommen.


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[89/0091] schoͤnes neues Clavier schenken zu meinem Vergnuͤgen, und thut alles. Alle die mich sehen, freuen sich. Der Hofrath G. nahm mich freudig auf; er glaubte, ich kaͤme von Leipzig; ich sagte ihm aber, ich sei in einer hypochondrischen Lage gewesen, und habe Leipzig verlassen muͤssen. Der wuͤrdige Abt J. — diesem allein hatte es mein Vater anvertrauet, um Beruhigung zu haben — den Tag vor meiner Ankunft war dieser Greis selbst bei meinem Vater gewesen, weil ihn mein Vater zweimal vergeblich besucht, und hatte sich uͤber meinen Brief gefreuet; »nun, hatte er gesagt, bin ich heute ruhig! nun will ich seine Gesundheit trinken. Nehmen Sie ihn ja freundschaftlich auf, tragen Sie ihn,« sagen Sie ihm, ich wuͤßte alles, und wenn er nicht zu mir kommen will: so will ich wieder kommen: stell Dir vor! Aber ich hatte nun auf einmal so ein Herz, weil ich fest in meiner Seele war, nun kein C. zu werden. Jch gieng zu ihm: »Nun, sagte er, ich freue mich Sie noch wohl zu sehen, ich glaubte Sie nie wieder gesehn zu haben.« Er redete freundschaftlich mit mir, und freuete sich, daß ich meinen Entschluß geaͤndert, er gab mir die Hand, und voll Ruͤhrung ergriff ich sie fest, und kuͤßte sie. Kommen Sie zuweilen zu mir, Sie sind mir immer willkommen.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/91>, abgerufen am 02.05.2024.