Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0062" n="60"/><lb/> in der Niedersaͤchsischen Predigt des alten Geistlichen in der Berliner Monatsschrift <hi rendition="#b">Untuͤg</hi> erklaͤrt wird, <hi rendition="#b">Unzeug,</hi> gleichsam <hi rendition="#b">kein Zeug,</hi> d.i. kein <hi rendition="#b">taugliches</hi> Zeug; wiewohl ich dies lieber von <hi rendition="#b">tuͤgen, taugen</hi> herleiten wollte, als untauglich. Und eben das Wort <hi rendition="#b">Zeug:</hi> Welche fatale Nebenidee hat es nicht im Deutschen, wenn wir gewisse Leute Zeug nennen, oder von Schriften, solches <hi rendition="#b">Zeug!</hi> Jm Franzoͤsischen, <hi rendition="#aq">un homme de naissance, sans naissance,</hi> selbst fast im Deutschen, von Geburt, ohne Geburt, von Condition, d.i. Zustande, von <hi rendition="#b">Stande, Stands</hi>person, lauter Emphasen des <hi rendition="#b">guten,</hi> des vorzuͤglichen: denn Geburt, Stand, hat doch jeder Mensch. <hi rendition="#aq">Parvenir,</hi> gelangen, heißt im Franzoͤsischen, wenn es allein ohne, <hi rendition="#b">zu etwas</hi> stehet, gluͤcklich werden, zum Gluͤcke gelangen: z.B. <hi rendition="#b">la païsanne parvenue, le Soldat parvenu; vous ne parviendrés jamais.</hi> Und eben der Franzos und Britte, wenn er <hi rendition="#aq">homme, man,</hi> fuͤr Mann braucht, denkt er nicht das Wort <hi rendition="#b">Mensch</hi> mit der Emphase der <hi rendition="#b">vollkommnen</hi> Menschheit, des Verstandes, Muthes, der Staͤrke, der Macht und Regierung, welches immer Vorzuͤge des menschlichen Geschlechts sind oder seyn sollen ? Das deutsche Wort <hi rendition="#b">Thier</hi> ist auch artig; es hat eine Emphase auf beide Seiten: wenn wir sagen, ein Unthier: so verbinden wir mit dem Worte <hi rendition="#b">Thier</hi> den Begriff des gutartigen, wohlgebildeten, sanftmuͤ-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0062]
in der Niedersaͤchsischen Predigt des alten Geistlichen in der Berliner Monatsschrift Untuͤg erklaͤrt wird, Unzeug, gleichsam kein Zeug, d.i. kein taugliches Zeug; wiewohl ich dies lieber von tuͤgen, taugen herleiten wollte, als untauglich. Und eben das Wort Zeug: Welche fatale Nebenidee hat es nicht im Deutschen, wenn wir gewisse Leute Zeug nennen, oder von Schriften, solches Zeug! Jm Franzoͤsischen, un homme de naissance, sans naissance, selbst fast im Deutschen, von Geburt, ohne Geburt, von Condition, d.i. Zustande, von Stande, Standsperson, lauter Emphasen des guten, des vorzuͤglichen: denn Geburt, Stand, hat doch jeder Mensch. Parvenir, gelangen, heißt im Franzoͤsischen, wenn es allein ohne, zu etwas stehet, gluͤcklich werden, zum Gluͤcke gelangen: z.B. la païsanne parvenue, le Soldat parvenu; vous ne parviendrés jamais. Und eben der Franzos und Britte, wenn er homme, man, fuͤr Mann braucht, denkt er nicht das Wort Mensch mit der Emphase der vollkommnen Menschheit, des Verstandes, Muthes, der Staͤrke, der Macht und Regierung, welches immer Vorzuͤge des menschlichen Geschlechts sind oder seyn sollen ? Das deutsche Wort Thier ist auch artig; es hat eine Emphase auf beide Seiten: wenn wir sagen, ein Unthier: so verbinden wir mit dem Worte Thier den Begriff des gutartigen, wohlgebildeten, sanftmuͤ-
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