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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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so daß er die Vorlesung bis auf den künftigen Tag verschob. Gegen Abend sucht er nun mit allem angestrengten Nachdenken seinen Gegenstand zu prüfen und hängt mit ganzer Seele über der Würdigung der Gründe, kann aber zu keiner Berichtigung mit sich selbst kommen, verschiebt daher den schriftlichen Aufsatz bis auf den künftigen Morgen, zu welchem Ende er früher als sonst aufgeweckt zu werden verlangt. Jn der Mitternacht steht Reusch auf, geht zum Schreibepulte, nimmt Papier, Feder, Tinte, schreibt seinen Aufsatz über die Unsterblichkeit der Seele, und legt sich wieder zu Bette.

Den folgenden Morgen weckt man ihn aus einem tiefen Schlafe, er eilt an seine vorhabende Arbeit zu gehn. Jndem er Papier nehmen will, sieht er einen Aufsatz von seiner eigenen Hand, und die völlige Ausführung seines Vorhabens zu seiner größten Zufriedenheit. Voll Erstaunen weiß er sich nicht zu fassen, und niemand kann ihm über die Ereigniß der Sache selbst einen Aufschluß geben. Daß es seine Arbeit war, konnte er nicht leugnen, wie, und wann er es aber geschrieben, davon wuste er sich auch nicht das mindeste zu erinnern. So hat es selbst der verstorbene Reusch oftmals erzählt.



so daß er die Vorlesung bis auf den kuͤnftigen Tag verschob. Gegen Abend sucht er nun mit allem angestrengten Nachdenken seinen Gegenstand zu pruͤfen und haͤngt mit ganzer Seele uͤber der Wuͤrdigung der Gruͤnde, kann aber zu keiner Berichtigung mit sich selbst kommen, verschiebt daher den schriftlichen Aufsatz bis auf den kuͤnftigen Morgen, zu welchem Ende er fruͤher als sonst aufgeweckt zu werden verlangt. Jn der Mitternacht steht Reusch auf, geht zum Schreibepulte, nimmt Papier, Feder, Tinte, schreibt seinen Aufsatz uͤber die Unsterblichkeit der Seele, und legt sich wieder zu Bette.

Den folgenden Morgen weckt man ihn aus einem tiefen Schlafe, er eilt an seine vorhabende Arbeit zu gehn. Jndem er Papier nehmen will, sieht er einen Aufsatz von seiner eigenen Hand, und die voͤllige Ausfuͤhrung seines Vorhabens zu seiner groͤßten Zufriedenheit. Voll Erstaunen weiß er sich nicht zu fassen, und niemand kann ihm uͤber die Ereigniß der Sache selbst einen Aufschluß geben. Daß es seine Arbeit war, konnte er nicht leugnen, wie, und wann er es aber geschrieben, davon wuste er sich auch nicht das mindeste zu erinnern. So hat es selbst der verstorbene Reusch oftmals erzaͤhlt.


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[109/0109] so daß er die Vorlesung bis auf den kuͤnftigen Tag verschob. Gegen Abend sucht er nun mit allem angestrengten Nachdenken seinen Gegenstand zu pruͤfen und haͤngt mit ganzer Seele uͤber der Wuͤrdigung der Gruͤnde, kann aber zu keiner Berichtigung mit sich selbst kommen, verschiebt daher den schriftlichen Aufsatz bis auf den kuͤnftigen Morgen, zu welchem Ende er fruͤher als sonst aufgeweckt zu werden verlangt. Jn der Mitternacht steht Reusch auf, geht zum Schreibepulte, nimmt Papier, Feder, Tinte, schreibt seinen Aufsatz uͤber die Unsterblichkeit der Seele, und legt sich wieder zu Bette. Den folgenden Morgen weckt man ihn aus einem tiefen Schlafe, er eilt an seine vorhabende Arbeit zu gehn. Jndem er Papier nehmen will, sieht er einen Aufsatz von seiner eigenen Hand, und die voͤllige Ausfuͤhrung seines Vorhabens zu seiner groͤßten Zufriedenheit. Voll Erstaunen weiß er sich nicht zu fassen, und niemand kann ihm uͤber die Ereigniß der Sache selbst einen Aufschluß geben. Daß es seine Arbeit war, konnte er nicht leugnen, wie, und wann er es aber geschrieben, davon wuste er sich auch nicht das mindeste zu erinnern. So hat es selbst der verstorbene Reusch oftmals erzaͤhlt.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/109>, abgerufen am 27.11.2024.