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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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verstehen konnte. Seine Mutter, die gar keine Ursach hat, die Geschichte anders zu erzählen, hat mir sie so mitgetheilt, wie ich sie hier vortrage. Von seiner weitern Genesung und der Wiedererlangung der Sprache hat mir seine Mutter folgendes erzählt.

Als er von dieser Reise 7 Stunden nach Hause kam und er immer die Aerzte sowohl als andere Leute sagen hörte, daß er würde sprechen können, sobald seine Zähne von einander gehen würden, gab er sich in der Stille alle ersinnliche Mühe, es so weit zu bringen. Einst geht er in Garten und hebt mit einem Hölzchen die Zähne von einander, so daß dieses dazwischen stecken bleibt. Voll Freuden läuft er zu seiner Mutter und zeigt ihr mit frohen Geberden den glücklichen Erfolg seines Versuchs, diese nimmt sogleich die consulirten Aerzte zu Hülfe, welche die kleine Oefnung mehr erweitern; so daß er den dritten Tag vollkommen sprechen kann. Seit der Zeit habe ich ihn einigemal gesehen und gesprochen, und man merkt keine Veränderung, nichts von seiner Krankheit übergebliebenes an ihm. Von dem Traum bis zu Ende der Sprachlosigkeit mögen ohngefähr 5 Wochen vergangen seyn.



verstehen konnte. Seine Mutter, die gar keine Ursach hat, die Geschichte anders zu erzaͤhlen, hat mir sie so mitgetheilt, wie ich sie hier vortrage. Von seiner weitern Genesung und der Wiedererlangung der Sprache hat mir seine Mutter folgendes erzaͤhlt.

Als er von dieser Reise 7 Stunden nach Hause kam und er immer die Aerzte sowohl als andere Leute sagen hoͤrte, daß er wuͤrde sprechen koͤnnen, sobald seine Zaͤhne von einander gehen wuͤrden, gab er sich in der Stille alle ersinnliche Muͤhe, es so weit zu bringen. Einst geht er in Garten und hebt mit einem Hoͤlzchen die Zaͤhne von einander, so daß dieses dazwischen stecken bleibt. Voll Freuden laͤuft er zu seiner Mutter und zeigt ihr mit frohen Geberden den gluͤcklichen Erfolg seines Versuchs, diese nimmt sogleich die consulirten Aerzte zu Huͤlfe, welche die kleine Oefnung mehr erweitern; so daß er den dritten Tag vollkommen sprechen kann. Seit der Zeit habe ich ihn einigemal gesehen und gesprochen, und man merkt keine Veraͤnderung, nichts von seiner Krankheit uͤbergebliebenes an ihm. Von dem Traum bis zu Ende der Sprachlosigkeit moͤgen ohngefaͤhr 5 Wochen vergangen seyn.


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[103/0103] verstehen konnte. Seine Mutter, die gar keine Ursach hat, die Geschichte anders zu erzaͤhlen, hat mir sie so mitgetheilt, wie ich sie hier vortrage. Von seiner weitern Genesung und der Wiedererlangung der Sprache hat mir seine Mutter folgendes erzaͤhlt. Als er von dieser Reise 7 Stunden nach Hause kam und er immer die Aerzte sowohl als andere Leute sagen hoͤrte, daß er wuͤrde sprechen koͤnnen, sobald seine Zaͤhne von einander gehen wuͤrden, gab er sich in der Stille alle ersinnliche Muͤhe, es so weit zu bringen. Einst geht er in Garten und hebt mit einem Hoͤlzchen die Zaͤhne von einander, so daß dieses dazwischen stecken bleibt. Voll Freuden laͤuft er zu seiner Mutter und zeigt ihr mit frohen Geberden den gluͤcklichen Erfolg seines Versuchs, diese nimmt sogleich die consulirten Aerzte zu Huͤlfe, welche die kleine Oefnung mehr erweitern; so daß er den dritten Tag vollkommen sprechen kann. Seit der Zeit habe ich ihn einigemal gesehen und gesprochen, und man merkt keine Veraͤnderung, nichts von seiner Krankheit uͤbergebliebenes an ihm. Von dem Traum bis zu Ende der Sprachlosigkeit moͤgen ohngefaͤhr 5 Wochen vergangen seyn.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/103>, abgerufen am 22.11.2024.