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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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de, und die dadurch hervorgebrachte Heiterkeit unsres Geistes setzen könnten. Alle Gegenstände haben für uns in solchen unwillkürlich entstandenen frohen Augenblicken ein lachendes Ansehn; unsre Vorstellungen folgen mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit und Zufriedenheit auf einander; schlüpfen gleichsam vor verdrüßlichen Gegenständen vorüber, und machen uns geneigt, selbst das, was uns sonst Kummer macht; von seiner lächerlichen Seite anzusehn. --

Eben so wird jeder die Erfahrung an sich selbst gemacht haben, daß wir oft eine Neigung zum Lachen in uns wahrnehmen, ohne daß wir die eigentliche Ursache davon bestimmt anzugeben im Stande sind; zumal da diese Neigung oft schnell wie ein Bliz verschwindet. Wahrscheinlich waren es einige dunkle Vorstellungen, und Erinnerungen an gewisse lächerliche Scenen unsres Lebens, die vor der Seele schnell vorübergingen, (wie wir auch oft im Schlafe haben) die jene Neigung einige Augenblicke in uns erzeugten; -- eben so lacht man gemeiniglich wenn andre lachen, ohne daß man den Grund davon weiß; -- oder auch wenn in einer lauten Gesellschaft auf einmal eine feierliche Stille entsteht. Verschiedne meiner Freunde haben mich versichert, daß sie wegen einer solchen entstandnen Stille sich gemeiniglich zwingen müßten, um nicht während des Tischgebets in ein lautes Lachen auszubrechen, und daß sie in ihrer Kindheit, weil sie sich beim Gebete durchaus nicht des Lachens erwehren


de, und die dadurch hervorgebrachte Heiterkeit unsres Geistes setzen koͤnnten. Alle Gegenstaͤnde haben fuͤr uns in solchen unwillkuͤrlich entstandenen frohen Augenblicken ein lachendes Ansehn; unsre Vorstellungen folgen mit einer ungewoͤhnlichen Leichtigkeit und Zufriedenheit auf einander; schluͤpfen gleichsam vor verdruͤßlichen Gegenstaͤnden voruͤber, und machen uns geneigt, selbst das, was uns sonst Kummer macht; von seiner laͤcherlichen Seite anzusehn. —

Eben so wird jeder die Erfahrung an sich selbst gemacht haben, daß wir oft eine Neigung zum Lachen in uns wahrnehmen, ohne daß wir die eigentliche Ursache davon bestimmt anzugeben im Stande sind; zumal da diese Neigung oft schnell wie ein Bliz verschwindet. Wahrscheinlich waren es einige dunkle Vorstellungen, und Erinnerungen an gewisse laͤcherliche Scenen unsres Lebens, die vor der Seele schnell voruͤbergingen, (wie wir auch oft im Schlafe haben) die jene Neigung einige Augenblicke in uns erzeugten; — eben so lacht man gemeiniglich wenn andre lachen, ohne daß man den Grund davon weiß; — oder auch wenn in einer lauten Gesellschaft auf einmal eine feierliche Stille entsteht. Verschiedne meiner Freunde haben mich versichert, daß sie wegen einer solchen entstandnen Stille sich gemeiniglich zwingen muͤßten, um nicht waͤhrend des Tischgebets in ein lautes Lachen auszubrechen, und daß sie in ihrer Kindheit, weil sie sich beim Gebete durchaus nicht des Lachens erwehren

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[97/0099] de, und die dadurch hervorgebrachte Heiterkeit unsres Geistes setzen koͤnnten. Alle Gegenstaͤnde haben fuͤr uns in solchen unwillkuͤrlich entstandenen frohen Augenblicken ein lachendes Ansehn; unsre Vorstellungen folgen mit einer ungewoͤhnlichen Leichtigkeit und Zufriedenheit auf einander; schluͤpfen gleichsam vor verdruͤßlichen Gegenstaͤnden voruͤber, und machen uns geneigt, selbst das, was uns sonst Kummer macht; von seiner laͤcherlichen Seite anzusehn. — Eben so wird jeder die Erfahrung an sich selbst gemacht haben, daß wir oft eine Neigung zum Lachen in uns wahrnehmen, ohne daß wir die eigentliche Ursache davon bestimmt anzugeben im Stande sind; zumal da diese Neigung oft schnell wie ein Bliz verschwindet. Wahrscheinlich waren es einige dunkle Vorstellungen, und Erinnerungen an gewisse laͤcherliche Scenen unsres Lebens, die vor der Seele schnell voruͤbergingen, (wie wir auch oft im Schlafe haben) die jene Neigung einige Augenblicke in uns erzeugten; — eben so lacht man gemeiniglich wenn andre lachen, ohne daß man den Grund davon weiß; — oder auch wenn in einer lauten Gesellschaft auf einmal eine feierliche Stille entsteht. Verschiedne meiner Freunde haben mich versichert, daß sie wegen einer solchen entstandnen Stille sich gemeiniglich zwingen muͤßten, um nicht waͤhrend des Tischgebets in ein lautes Lachen auszubrechen, und daß sie in ihrer Kindheit, weil sie sich beim Gebete durchaus nicht des Lachens erwehren

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/99>, abgerufen am 30.04.2024.