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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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in der Gesellschaft seyn würde, der mir in vielen Stücken zu neu dachte, und zu alt spottete.

Meine Frau, die mich noch nie so beunruhigt gesehen hatte, vergaß beinahe unsern Freund und meinen Traum und war nur für mich besorgt, in Meinung, es würde mir selbst etwas widriges begegnen.

Sie folgte mir auf allen Tritten nach. Wir assen ein kleines Mittagsbrodt, so viel die kurze Zubereitungszeit verstattete -- wenigstens beobachteten wir das äusserliche, und mein Sohn aß für uns beide.

Nach dem Essen bat ich meine Frau mit mir aufs Feld zu gehen und wir gingen zwei Stunden, aber doch immer mit gutem Bedacht dahin, wo sich der Weg nach R.. meinem Gesichte nicht ganz entzog. Wir gingen zu Hause und ich bat mir sobald als möglich Kaffee zu verschaffen.

Auf Bitte meiner Frau entkleidete ich mich, und sie fing an, einige häusliche Angelegenheiten zu besorgen.

Meine Unruhe aber, die ich selbst vor meiner Frau, die mir heftig darüber bekümmert zu seyn schien, verbarg, ließ nicht nach.

Jch zog mich aufs neue an, und sie fragte mich, wo ich denn schon wieder hinwollte? Jch sagte, ich wollte einen Kranken besuchen und so-


in der Gesellschaft seyn wuͤrde, der mir in vielen Stuͤcken zu neu dachte, und zu alt spottete.

Meine Frau, die mich noch nie so beunruhigt gesehen hatte, vergaß beinahe unsern Freund und meinen Traum und war nur fuͤr mich besorgt, in Meinung, es wuͤrde mir selbst etwas widriges begegnen.

Sie folgte mir auf allen Tritten nach. Wir assen ein kleines Mittagsbrodt, so viel die kurze Zubereitungszeit verstattete — wenigstens beobachteten wir das aͤusserliche, und mein Sohn aß fuͤr uns beide.

Nach dem Essen bat ich meine Frau mit mir aufs Feld zu gehen und wir gingen zwei Stunden, aber doch immer mit gutem Bedacht dahin, wo sich der Weg nach R.. meinem Gesichte nicht ganz entzog. Wir gingen zu Hause und ich bat mir sobald als moͤglich Kaffee zu verschaffen.

Auf Bitte meiner Frau entkleidete ich mich, und sie fing an, einige haͤusliche Angelegenheiten zu besorgen.

Meine Unruhe aber, die ich selbst vor meiner Frau, die mir heftig daruͤber bekuͤmmert zu seyn schien, verbarg, ließ nicht nach.

Jch zog mich aufs neue an, und sie fragte mich, wo ich denn schon wieder hinwollte? Jch sagte, ich wollte einen Kranken besuchen und so-

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[52/0054] in der Gesellschaft seyn wuͤrde, der mir in vielen Stuͤcken zu neu dachte, und zu alt spottete. Meine Frau, die mich noch nie so beunruhigt gesehen hatte, vergaß beinahe unsern Freund und meinen Traum und war nur fuͤr mich besorgt, in Meinung, es wuͤrde mir selbst etwas widriges begegnen. Sie folgte mir auf allen Tritten nach. Wir assen ein kleines Mittagsbrodt, so viel die kurze Zubereitungszeit verstattete — wenigstens beobachteten wir das aͤusserliche, und mein Sohn aß fuͤr uns beide. Nach dem Essen bat ich meine Frau mit mir aufs Feld zu gehen und wir gingen zwei Stunden, aber doch immer mit gutem Bedacht dahin, wo sich der Weg nach R.. meinem Gesichte nicht ganz entzog. Wir gingen zu Hause und ich bat mir sobald als moͤglich Kaffee zu verschaffen. Auf Bitte meiner Frau entkleidete ich mich, und sie fing an, einige haͤusliche Angelegenheiten zu besorgen. Meine Unruhe aber, die ich selbst vor meiner Frau, die mir heftig daruͤber bekuͤmmert zu seyn schien, verbarg, ließ nicht nach. Jch zog mich aufs neue an, und sie fragte mich, wo ich denn schon wieder hinwollte? Jch sagte, ich wollte einen Kranken besuchen und so-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/54>, abgerufen am 30.04.2024.