Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.
Wenn etwa das Legen der Hand aufs Herz in der Zeichensprache betheuern andeuten sollte, so
Wenn etwa das Legen der Hand aufs Herz in der Zeichensprache betheuern andeuten sollte, so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0090" n="90"/><lb/> taphorisch</hi> koͤnnen angedeutet werden, besonders, wo keine <hi rendition="#b">Leidenschaften</hi> sind, welche freilich ihre entsprechende <hi rendition="#b">Gebehrden</hi> und also <hi rendition="#b">natuͤrliche Zeichen</hi> haben. Man weiß aus der Geschichte der Philosophie, welche große Mißverstaͤndnisse dadurch entstanden sind, daß zu Zeiten, wo die philosophische Sprache noch nicht reich und bestimmt genug war, abstrakte Begriffe durch <hi rendition="#b">Bilder</hi> und <hi rendition="#b">Metaphern</hi> ausgedruckt wurden. Diese Mißverstaͤndnisse werden von der Zeichensprache unzertrennlich bleiben, wenn man sie zu etwas andern als zu <hi rendition="#b">ganz gewoͤhnlichen sinnlichen Begriffen</hi> brauchen will. Wenn z.B. das Weisen uͤber die Schulter den abstrakten Begrif der <hi rendition="#b">vergangnen Zeit</hi> bezeichnen soll, so wird dieß zweideutig seyn muͤssen, sobald der Fall kommt, wo es scheinen kann, man habe bloß den <hi rendition="#b">sinnlichen Begrif</hi> des <hi rendition="#b">Weisens uͤber die Schulter</hi> selbst andeuten wollen. Jn der Wortsprache hat man fuͤr abstrakte Begriffe auch besondere Toͤne oder Worte, welche <hi rendition="#i">in primo sensu</hi> den abstrakten Begrif anzeigen, z.B. das Wort <hi rendition="#b">Opfer</hi> ist gewissermaßen ein solches. Wenn aber in der Zeichensprache das <hi rendition="#b">Aufheben beider Haͤnde</hi> den Begrif eines <hi rendition="#b">Opfers</hi> der Seele darstellen soll, so bleibt kein Zeichen uͤbrig, wenn ich der Seele den Begrif des <hi rendition="#b">Aufhebens beider Haͤnde</hi> selbst darstellen will. </p> <p>Wenn etwa das <hi rendition="#b">Legen der Hand aufs Herz</hi> in der Zeichensprache <hi rendition="#b">betheuern</hi> andeuten sollte, so<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0090]
taphorisch koͤnnen angedeutet werden, besonders, wo keine Leidenschaften sind, welche freilich ihre entsprechende Gebehrden und also natuͤrliche Zeichen haben. Man weiß aus der Geschichte der Philosophie, welche große Mißverstaͤndnisse dadurch entstanden sind, daß zu Zeiten, wo die philosophische Sprache noch nicht reich und bestimmt genug war, abstrakte Begriffe durch Bilder und Metaphern ausgedruckt wurden. Diese Mißverstaͤndnisse werden von der Zeichensprache unzertrennlich bleiben, wenn man sie zu etwas andern als zu ganz gewoͤhnlichen sinnlichen Begriffen brauchen will. Wenn z.B. das Weisen uͤber die Schulter den abstrakten Begrif der vergangnen Zeit bezeichnen soll, so wird dieß zweideutig seyn muͤssen, sobald der Fall kommt, wo es scheinen kann, man habe bloß den sinnlichen Begrif des Weisens uͤber die Schulter selbst andeuten wollen. Jn der Wortsprache hat man fuͤr abstrakte Begriffe auch besondere Toͤne oder Worte, welche in primo sensu den abstrakten Begrif anzeigen, z.B. das Wort Opfer ist gewissermaßen ein solches. Wenn aber in der Zeichensprache das Aufheben beider Haͤnde den Begrif eines Opfers der Seele darstellen soll, so bleibt kein Zeichen uͤbrig, wenn ich der Seele den Begrif des Aufhebens beider Haͤnde selbst darstellen will.
Wenn etwa das Legen der Hand aufs Herz in der Zeichensprache betheuern andeuten sollte, so
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |