Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


sung eines Lehrers, selbst bei den ersten Neulingen nicht mehr als zwei Minuten erfordert werden.

Sobald die Taubstummen durch die Daktilologie das ganze Alphabet ins Gedächtniß gefaßt haben, schreiten wir zu einem andern wichtigen Geschäfte fort.

Zuerst kommt wenig darauf an, ob der Taubstumme gut schreibt oder nicht, wenn nur die Buchstaben zu erkennen sind, denn die Konjugationen und Deklinationen bedürfen nicht sowohl einer zierlichen Schrift, als vielmehr nur einer deutlichen Bezeichnung der Endigungen. Daher wird dieß Geschäft gleich mit dem zweiten Tage, wo nicht schon mit dem ersten angefangen. Es werden nehmlich zwei oder drei Tempora eines Verbums, wovon ihnen ein Schema vorgelegt ist, täglich gelernet, welche sie nachher auf eine Tafel, nach weggelegtem Schema, mit Kreide schreiben, und in einer Zeit von sieben Tagen wissen sie das ganze Verbum Porter (tragen) auswendig, und haben sich dasselbe so ins Gedächtnis eingeprägt, daß sie die Tempora und Modos von alle den Verbis, die nach eben der Konjugation gehen, sowohl geschrieben, als durch die methodischen Zeichen, darstellen können.

Mit welcher Begierde zu lernen die Kinder diese Beschäftigung anfangen, und darinn fortfahren, läßt sich kaum sagen. Wir bringen ihnen indeß durch kleine Fragen die ersten Grundsätze der Reli-


sung eines Lehrers, selbst bei den ersten Neulingen nicht mehr als zwei Minuten erfordert werden.

Sobald die Taubstummen durch die Daktilologie das ganze Alphabet ins Gedaͤchtniß gefaßt haben, schreiten wir zu einem andern wichtigen Geschaͤfte fort.

Zuerst kommt wenig darauf an, ob der Taubstumme gut schreibt oder nicht, wenn nur die Buchstaben zu erkennen sind, denn die Konjugationen und Deklinationen beduͤrfen nicht sowohl einer zierlichen Schrift, als vielmehr nur einer deutlichen Bezeichnung der Endigungen. Daher wird dieß Geschaͤft gleich mit dem zweiten Tage, wo nicht schon mit dem ersten angefangen. Es werden nehmlich zwei oder drei Tempora eines Verbums, wovon ihnen ein Schema vorgelegt ist, taͤglich gelernet, welche sie nachher auf eine Tafel, nach weggelegtem Schema, mit Kreide schreiben, und in einer Zeit von sieben Tagen wissen sie das ganze Verbum Porter (tragen) auswendig, und haben sich dasselbe so ins Gedaͤchtnis eingepraͤgt, daß sie die Tempora und Modos von alle den Verbis, die nach eben der Konjugation gehen, sowohl geschrieben, als durch die methodischen Zeichen, darstellen koͤnnen.

Mit welcher Begierde zu lernen die Kinder diese Beschaͤftigung anfangen, und darinn fortfahren, laͤßt sich kaum sagen. Wir bringen ihnen indeß durch kleine Fragen die ersten Grundsaͤtze der Reli-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0077" n="77"/><lb/>
sung eines Lehrers, selbst bei den                         ersten Neulingen nicht mehr als zwei Minuten erfordert werden.</p>
            <p>Sobald die Taubstummen durch die Daktilologie das ganze Alphabet ins                         Geda&#x0364;chtniß gefaßt haben, schreiten wir zu einem andern wichtigen Gescha&#x0364;fte                         fort.</p>
            <p>Zuerst kommt wenig darauf an, ob der Taubstumme gut schreibt oder nicht, wenn                         nur die Buchstaben zu erkennen sind, denn die Konjugationen und                         Deklinationen bedu&#x0364;rfen nicht sowohl einer zierlichen Schrift, als vielmehr                         nur einer deutlichen Bezeichnung der Endigungen. Daher wird dieß Gescha&#x0364;ft                         gleich mit dem zweiten Tage, wo nicht schon mit dem ersten angefangen. Es                         werden nehmlich zwei oder drei Tempora eines Verbums, wovon ihnen ein Schema                         vorgelegt ist, ta&#x0364;glich gelernet, welche sie nachher auf eine Tafel, nach                         weggelegtem Schema, mit Kreide schreiben, und in einer Zeit von sieben Tagen                         wissen sie das ganze Verbum <hi rendition="#aq">Porter</hi> (tragen)                         auswendig, und haben sich dasselbe so ins Geda&#x0364;chtnis eingepra&#x0364;gt, daß sie die                         Tempora und Modos von alle den Verbis, die nach eben der Konjugation gehen,                         sowohl geschrieben, als durch die methodischen Zeichen, darstellen                         ko&#x0364;nnen.</p>
            <p>Mit welcher Begierde zu lernen die Kinder diese Bescha&#x0364;ftigung anfangen, und                         darinn fortfahren, la&#x0364;ßt sich kaum sagen. Wir bringen ihnen indeß durch                                 <choice><corr>kleine</corr><sic>kleinen</sic></choice> Fragen die ersten                         Grundsa&#x0364;tze der Reli-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0077] sung eines Lehrers, selbst bei den ersten Neulingen nicht mehr als zwei Minuten erfordert werden. Sobald die Taubstummen durch die Daktilologie das ganze Alphabet ins Gedaͤchtniß gefaßt haben, schreiten wir zu einem andern wichtigen Geschaͤfte fort. Zuerst kommt wenig darauf an, ob der Taubstumme gut schreibt oder nicht, wenn nur die Buchstaben zu erkennen sind, denn die Konjugationen und Deklinationen beduͤrfen nicht sowohl einer zierlichen Schrift, als vielmehr nur einer deutlichen Bezeichnung der Endigungen. Daher wird dieß Geschaͤft gleich mit dem zweiten Tage, wo nicht schon mit dem ersten angefangen. Es werden nehmlich zwei oder drei Tempora eines Verbums, wovon ihnen ein Schema vorgelegt ist, taͤglich gelernet, welche sie nachher auf eine Tafel, nach weggelegtem Schema, mit Kreide schreiben, und in einer Zeit von sieben Tagen wissen sie das ganze Verbum Porter (tragen) auswendig, und haben sich dasselbe so ins Gedaͤchtnis eingepraͤgt, daß sie die Tempora und Modos von alle den Verbis, die nach eben der Konjugation gehen, sowohl geschrieben, als durch die methodischen Zeichen, darstellen koͤnnen. Mit welcher Begierde zu lernen die Kinder diese Beschaͤftigung anfangen, und darinn fortfahren, laͤßt sich kaum sagen. Wir bringen ihnen indeß durch kleine Fragen die ersten Grundsaͤtze der Reli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/77
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/77>, abgerufen am 22.11.2024.