Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.VIII. Auszug aus der Antwort des Herrn Abbe ![]() ![]() ![]() Sie glauben, daß Sie einen kürzern und leichtern Weg Taubstumme zu unterrichten, als der unsrige ist, gefunden haben: indem sie nehmlich behaupten, daß die Lehrlinge gleich von Anfang an zum Reden müssen gewöhnet werden, wodurch dem Unterricht gleichsam eine weitere Thüre eröfnet, als nach meiner Methode durch geschriebene Charaktere und methodische Zeichen, möglich ist. Sie sind also gleicher Meinung mit dem Perriere, der schon vor dreißig Jahren, in einer französischen Schrift, die er im Jahr 1751 der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Paris überreichte, eben dieses behauptet, und folgendermaßen in der dritten Person von sich spricht: "Perriere theilt seinen Unterricht in zwei Theile, zuerst sucht er vorzüglich die Sprache, nachher den Verstand zu bilden. Zuerst lehrt er sie also die Kunst, einzelne Wörter in unsrer Sprache zu lesen und auszusprechen, alsdenn aber auch ganze Redensarten, die am häufigsten im gemeinen Leben vorkommen, nebst den Nahmen der Dinge, die zum täglichen Gebrauch VIII. Auszug aus der Antwort des Herrn Abbé ![]() ![]() ![]() Sie glauben, daß Sie einen kuͤrzern und leichtern Weg Taubstumme zu unterrichten, als der unsrige ist, gefunden haben: indem sie nehmlich behaupten, daß die Lehrlinge gleich von Anfang an zum Reden muͤssen gewoͤhnet werden, wodurch dem Unterricht gleichsam eine weitere Thuͤre eroͤfnet, als nach meiner Methode durch geschriebene Charaktere und methodische Zeichen, moͤglich ist. Sie sind also gleicher Meinung mit dem Perriere, der schon vor dreißig Jahren, in einer franzoͤsischen Schrift, die er im Jahr 1751 der Koͤniglichen Akademie der Wissenschaften zu Paris uͤberreichte, eben dieses behauptet, und folgendermaßen in der dritten Person von sich spricht: »Perriere theilt seinen Unterricht in zwei Theile, zuerst sucht er vorzuͤglich die Sprache, nachher den Verstand zu bilden. Zuerst lehrt er sie also die Kunst, einzelne Woͤrter in unsrer Sprache zu lesen und auszusprechen, alsdenn aber auch ganze Redensarten, die am haͤufigsten im gemeinen Leben vorkommen, nebst den Nahmen der Dinge, die zum taͤglichen Gebrauch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0073" n="73"/><lb/><lb/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">VIII</hi>. Auszug aus der Antwort des Herrn Abbé <persName ref="#ref0139"><note type="editorial">l'Epée, Charles Michel de</note>l'Epee</persName> auf den Brief des Herrn Direktor <persName ref="#ref0023"><note type="editorial">Heinicke, Samuel</note>Heinicke.</persName></head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref139"><note type="editorial"/>l'Epée, Charles Michel de</persName> </bibl> </note> <p>Sie glauben, daß Sie einen kuͤrzern und leichtern Weg Taubstumme zu unterrichten, als der unsrige ist, gefunden haben: indem sie nehmlich behaupten, daß die Lehrlinge gleich von Anfang an zum Reden muͤssen gewoͤhnet werden, wodurch dem Unterricht gleichsam eine weitere Thuͤre eroͤfnet, als nach meiner Methode durch geschriebene Charaktere und methodische Zeichen, moͤglich ist.</p> <p>Sie sind also gleicher Meinung mit dem Perriere, der schon vor dreißig Jahren, in einer franzoͤsischen Schrift, die er im Jahr 1751 der Koͤniglichen Akademie der Wissenschaften zu Paris uͤberreichte, eben dieses behauptet, und folgendermaßen in der dritten Person von sich spricht:</p> <p>»Perriere theilt seinen Unterricht in zwei Theile, zuerst sucht er vorzuͤglich die <hi rendition="#b">Sprache,</hi> nachher den <hi rendition="#b">Verstand</hi> zu bilden. Zuerst lehrt er sie also die Kunst, einzelne Woͤrter in unsrer Sprache zu lesen und auszusprechen, alsdenn aber auch ganze Redensarten, die am haͤufigsten im gemeinen Leben vorkommen, nebst den Nahmen der Dinge, die zum taͤglichen Gebrauch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0073]
VIII. Auszug aus der Antwort des Herrn Abbé l'Epee auf den Brief des Herrn Direktor Heinicke.
Sie glauben, daß Sie einen kuͤrzern und leichtern Weg Taubstumme zu unterrichten, als der unsrige ist, gefunden haben: indem sie nehmlich behaupten, daß die Lehrlinge gleich von Anfang an zum Reden muͤssen gewoͤhnet werden, wodurch dem Unterricht gleichsam eine weitere Thuͤre eroͤfnet, als nach meiner Methode durch geschriebene Charaktere und methodische Zeichen, moͤglich ist.
Sie sind also gleicher Meinung mit dem Perriere, der schon vor dreißig Jahren, in einer franzoͤsischen Schrift, die er im Jahr 1751 der Koͤniglichen Akademie der Wissenschaften zu Paris uͤberreichte, eben dieses behauptet, und folgendermaßen in der dritten Person von sich spricht:
»Perriere theilt seinen Unterricht in zwei Theile, zuerst sucht er vorzuͤglich die Sprache, nachher den Verstand zu bilden. Zuerst lehrt er sie also die Kunst, einzelne Woͤrter in unsrer Sprache zu lesen und auszusprechen, alsdenn aber auch ganze Redensarten, die am haͤufigsten im gemeinen Leben vorkommen, nebst den Nahmen der Dinge, die zum taͤglichen Gebrauch
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/73>, abgerufen am 05.07.2024. |