Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.VII. Auszug aus einem Briefe des Herrn Direktor ![]() ![]() ![]() Leipzig, den 8ten November 1781. Es ist mir sehr angenehm mich mit Jhnen über die Kunst und Wissenschaft zu unterhalten, womit wir uns beide, zum Besten unglücklicher Personen beschäftigen, die bisher noch nicht allgemein bekannt ist, die Mancher aus einem unrichtigen Gesichtspunkte betrachtet und sie bei diesen Unglücklichen, ohne bleibenden Nutzen, anwendet. Noch angenehmer ist es mir, in Jhnen einen Mann zu finden, dem es um Wahrheit zu thun ist, der Einsicht genug in die Lehrart für Taubstumme verräth, und der kein Sclav irrig angenommener Meinungen zu seyn scheint. Jhre Jnstitutiones habe ich, sobald sie die Presse verliessen, gelesen. Längst vorher aber hatte ich schon Jhre Lehrart, welche die nämliche eines Bonnet, Wallis und Ammann ist, bei Taubstummen angewandt; allein, ich gestehe es Jhnen frei, alle Mühe, Zeit und Kosten waren dabei vergeblich. Das ist wahr, Taubstumme lernen, auf eine mühsame Art, mit schriftlichen Wörtern Begriffe verbinden, aber die Erfahrung lehret auch, daß VII. Auszug aus einem Briefe des Herrn Direktor ![]() ![]() ![]() Leipzig, den 8ten November 1781. Es ist mir sehr angenehm mich mit Jhnen uͤber die Kunst und Wissenschaft zu unterhalten, womit wir uns beide, zum Besten ungluͤcklicher Personen beschaͤftigen, die bisher noch nicht allgemein bekannt ist, die Mancher aus einem unrichtigen Gesichtspunkte betrachtet und sie bei diesen Ungluͤcklichen, ohne bleibenden Nutzen, anwendet. Noch angenehmer ist es mir, in Jhnen einen Mann zu finden, dem es um Wahrheit zu thun ist, der Einsicht genug in die Lehrart fuͤr Taubstumme verraͤth, und der kein Sclav irrig angenommener Meinungen zu seyn scheint. Jhre Jnstitutiones habe ich, sobald sie die Presse verliessen, gelesen. Laͤngst vorher aber hatte ich schon Jhre Lehrart, welche die naͤmliche eines Bonnet, Wallis und Ammann ist, bei Taubstummen angewandt; allein, ich gestehe es Jhnen frei, alle Muͤhe, Zeit und Kosten waren dabei vergeblich. Das ist wahr, Taubstumme lernen, auf eine muͤhsame Art, mit schriftlichen Woͤrtern Begriffe verbinden, aber die Erfahrung lehret auch, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0066" n="66"/><lb/><lb/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">VII</hi>. Auszug aus einem Briefe des Herrn Direktor <persName ref="#ref0023"><note type="editorial">Heinicke, Samuel</note>Heinicke</persName> an den <persName ref="#ref0139"><note type="editorial">l'Epée, Charles Michel de</note>Abbé l'Epee.</persName></head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref23"><note type="editorial"/>Heinicke, Samuel</persName> </bibl> </note> <p rendition="#right">Leipzig, den 8ten November 1781.</p> <p>Es ist mir sehr angenehm mich mit Jhnen uͤber die Kunst und Wissenschaft zu unterhalten, womit wir uns beide, zum Besten ungluͤcklicher Personen beschaͤftigen, die bisher noch nicht allgemein bekannt ist, die Mancher aus einem unrichtigen Gesichtspunkte betrachtet und sie bei diesen Ungluͤcklichen, ohne bleibenden Nutzen, anwendet.</p> <p>Noch angenehmer ist es mir, in Jhnen einen Mann zu finden, dem es um Wahrheit zu thun ist, der Einsicht genug in die Lehrart fuͤr Taubstumme verraͤth, und der kein Sclav irrig angenommener Meinungen zu seyn scheint.</p> <p>Jhre Jnstitutiones habe ich, sobald sie die Presse verliessen, gelesen. Laͤngst vorher aber hatte ich schon Jhre Lehrart, welche die naͤmliche eines Bonnet, Wallis und Ammann ist, bei Taubstummen angewandt; allein, ich gestehe es Jhnen frei, alle Muͤhe, Zeit und Kosten waren dabei vergeblich.</p> <p>Das ist wahr, Taubstumme lernen, auf eine muͤhsame Art, mit schriftlichen Woͤrtern Begriffe verbinden, aber die Erfahrung lehret auch, daß<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0066]
VII. Auszug aus einem Briefe des Herrn Direktor Heinicke an den Abbé l'Epee.
Leipzig, den 8ten November 1781.
Es ist mir sehr angenehm mich mit Jhnen uͤber die Kunst und Wissenschaft zu unterhalten, womit wir uns beide, zum Besten ungluͤcklicher Personen beschaͤftigen, die bisher noch nicht allgemein bekannt ist, die Mancher aus einem unrichtigen Gesichtspunkte betrachtet und sie bei diesen Ungluͤcklichen, ohne bleibenden Nutzen, anwendet.
Noch angenehmer ist es mir, in Jhnen einen Mann zu finden, dem es um Wahrheit zu thun ist, der Einsicht genug in die Lehrart fuͤr Taubstumme verraͤth, und der kein Sclav irrig angenommener Meinungen zu seyn scheint.
Jhre Jnstitutiones habe ich, sobald sie die Presse verliessen, gelesen. Laͤngst vorher aber hatte ich schon Jhre Lehrart, welche die naͤmliche eines Bonnet, Wallis und Ammann ist, bei Taubstummen angewandt; allein, ich gestehe es Jhnen frei, alle Muͤhe, Zeit und Kosten waren dabei vergeblich.
Das ist wahr, Taubstumme lernen, auf eine muͤhsame Art, mit schriftlichen Woͤrtern Begriffe verbinden, aber die Erfahrung lehret auch, daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/66 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/66>, abgerufen am 16.02.2025. |