Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.
Verschiedene Jahre ging es glücklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermögensumstände schienen auf einem guten Fuß zu seyn. Allmälig aber wurde seine Familie zahlreicher, er war schon ein Vater von 3 Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Wie diese traurige Zeit viele vorherblühende Familien niedergedrückt, wo nicht ganz zu Grunde gerichtet hat, so wurde sie auch Ursach an dem ersten Verfall des Nahrungs- und Vermögensstandes dieses Unglücklichen, weil der Handel, sein einziges Verdienst, lag, ihm auch verschiedene Posten, die, wenigstens nach seiner Vorrechnung, etwas betrugen, verloren gingen. Er mußte zusetzen, und es war ihm nicht möglich, sich ganz wieder aufzuhelfen. Nach der Zeit verwickelte er sich mit seinen Mithändlern in Streitigkeiten und Klagen, durch welche
Verschiedene Jahre ging es gluͤcklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermoͤgensumstaͤnde schienen auf einem guten Fuß zu seyn. Allmaͤlig aber wurde seine Familie zahlreicher, er war schon ein Vater von 3 Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Wie diese traurige Zeit viele vorherbluͤhende Familien niedergedruͤckt, wo nicht ganz zu Grunde gerichtet hat, so wurde sie auch Ursach an dem ersten Verfall des Nahrungs- und Vermoͤgensstandes dieses Ungluͤcklichen, weil der Handel, sein einziges Verdienst, lag, ihm auch verschiedene Posten, die, wenigstens nach seiner Vorrechnung, etwas betrugen, verloren gingen. Er mußte zusetzen, und es war ihm nicht moͤglich, sich ganz wieder aufzuhelfen. Nach der Zeit verwickelte er sich mit seinen Mithaͤndlern in Streitigkeiten und Klagen, durch welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0047" n="45"/><lb/> lich gesitteter; auch selbst diejenigen, denen sein feines Betragen am verdaͤchtigsten ist, koͤnnen ihm das Lob eines aͤusserlich ehrbaren, ordentlichen und stillen Mannes nicht versagen. Er erwarb sich dadurch Zutrauen und Ansehn, und weil sein guter Verstand, seine durch Erfahrung erworbene Kenntnisse, seine Bedaͤchtlichkeit und gute Art zu reden darzu kam, wurde auch die Vormundschaft seines Orts bewogen, ihn zu ihrem Mitglied anzunehmen. Personen, die am besten davon urtheilen koͤnnen, geben ihm auch das Zeugniß, daß er in dieser Verbindung alle Obliegenheiten und Auftraͤge gut ausgerichtet habe. </p> <p>Verschiedene Jahre ging es gluͤcklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermoͤgensumstaͤnde schienen auf einem guten Fuß zu seyn. Allmaͤlig aber wurde seine Familie zahlreicher, er war schon ein Vater von 3 Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Wie diese traurige Zeit viele vorherbluͤhende Familien niedergedruͤckt, wo nicht ganz zu Grunde gerichtet hat, so wurde sie auch Ursach an dem ersten Verfall des Nahrungs- und Vermoͤgensstandes dieses Ungluͤcklichen, weil der Handel, sein einziges Verdienst, lag, ihm auch verschiedene Posten, die, wenigstens nach seiner Vorrechnung, etwas betrugen, verloren gingen. Er mußte zusetzen, und es war ihm nicht moͤglich, sich ganz wieder aufzuhelfen. </p> <p>Nach der Zeit verwickelte er sich mit seinen Mithaͤndlern in Streitigkeiten und Klagen, durch welche<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0047]
lich gesitteter; auch selbst diejenigen, denen sein feines Betragen am verdaͤchtigsten ist, koͤnnen ihm das Lob eines aͤusserlich ehrbaren, ordentlichen und stillen Mannes nicht versagen. Er erwarb sich dadurch Zutrauen und Ansehn, und weil sein guter Verstand, seine durch Erfahrung erworbene Kenntnisse, seine Bedaͤchtlichkeit und gute Art zu reden darzu kam, wurde auch die Vormundschaft seines Orts bewogen, ihn zu ihrem Mitglied anzunehmen. Personen, die am besten davon urtheilen koͤnnen, geben ihm auch das Zeugniß, daß er in dieser Verbindung alle Obliegenheiten und Auftraͤge gut ausgerichtet habe.
Verschiedene Jahre ging es gluͤcklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermoͤgensumstaͤnde schienen auf einem guten Fuß zu seyn. Allmaͤlig aber wurde seine Familie zahlreicher, er war schon ein Vater von 3 Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Wie diese traurige Zeit viele vorherbluͤhende Familien niedergedruͤckt, wo nicht ganz zu Grunde gerichtet hat, so wurde sie auch Ursach an dem ersten Verfall des Nahrungs- und Vermoͤgensstandes dieses Ungluͤcklichen, weil der Handel, sein einziges Verdienst, lag, ihm auch verschiedene Posten, die, wenigstens nach seiner Vorrechnung, etwas betrugen, verloren gingen. Er mußte zusetzen, und es war ihm nicht moͤglich, sich ganz wieder aufzuhelfen.
Nach der Zeit verwickelte er sich mit seinen Mithaͤndlern in Streitigkeiten und Klagen, durch welche
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/47>, abgerufen am 22.07.2024. |