Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


anders noch gräßlichere giebt. Aber ja, die folgenden sind es wirklich noch. Jch fasse sie aber alle in eins kurz zusammen. Der Hartherzige, oder in der That Verrückte, hat eben dies arme Kind sehr häufig in der kleinen Kammer, die an seiner Thür nach dem Hofe herausgeht, in der Kälte völlig nackend stundenlang stehen und einmal des Morgens so nackend unter sein Bett kriechen lassen, weil er sich des Nachts im Bette geworfen hatte; er hat ihn auf den Spatziergängen, wenn er nicht hat rennen wollen, mit dem Stocke hinten in den Rücken gestossen, daß er so vorwärts übergefallen ist; um eben der Ursach willen einen Stock auf ihn zerschlagen; ein andermal ihn ins Gebüsch gezogen, und ihn dort so erbärmlich geohrfeigt, daß mein Sohn es in der Ferne hat hören können; ihn wohl hundertmal mit seinen Dragonerstiefeln vor den Hintern gestossen, daß er oft hingestürzt ist; ihn bei beiden Armen genommen, in einen Feldgraben geworfen und auf seine Hände getreten; -- hat ihn, weil er sich bei einem bösen Kopfe einmal am Halse gekratzt hat, beide Hände auf den Rücken gebunden, daß die Hände entsetzlich aufgetrieben sind; er hat ihn sehr häufig 8, 9, 16 bis 24 Prisen Schnupftaback bis zum Brechen, ja selbst ein Pflaster, das der Kleine auf einer Wunde hatte, essen lassen; hat ihn mit geballten Fäusten dazu gebracht, den Unflath, der etwa einmal bei einer nassen Blähung, oder auch wohl aus Unachtsamkeit in den


anders noch graͤßlichere giebt. Aber ja, die folgenden sind es wirklich noch. Jch fasse sie aber alle in eins kurz zusammen. Der Hartherzige, oder in der That Verruͤckte, hat eben dies arme Kind sehr haͤufig in der kleinen Kammer, die an seiner Thuͤr nach dem Hofe herausgeht, in der Kaͤlte voͤllig nackend stundenlang stehen und einmal des Morgens so nackend unter sein Bett kriechen lassen, weil er sich des Nachts im Bette geworfen hatte; er hat ihn auf den Spatziergaͤngen, wenn er nicht hat rennen wollen, mit dem Stocke hinten in den Ruͤcken gestossen, daß er so vorwaͤrts uͤbergefallen ist; um eben der Ursach willen einen Stock auf ihn zerschlagen; ein andermal ihn ins Gebuͤsch gezogen, und ihn dort so erbaͤrmlich geohrfeigt, daß mein Sohn es in der Ferne hat hoͤren koͤnnen; ihn wohl hundertmal mit seinen Dragonerstiefeln vor den Hintern gestossen, daß er oft hingestuͤrzt ist; ihn bei beiden Armen genommen, in einen Feldgraben geworfen und auf seine Haͤnde getreten; ― hat ihn, weil er sich bei einem boͤsen Kopfe einmal am Halse gekratzt hat, beide Haͤnde auf den Ruͤcken gebunden, daß die Haͤnde entsetzlich aufgetrieben sind; er hat ihn sehr haͤufig 8, 9, 16 bis 24 Prisen Schnupftaback bis zum Brechen, ja selbst ein Pflaster, das der Kleine auf einer Wunde hatte, essen lassen; hat ihn mit geballten Faͤusten dazu gebracht, den Unflath, der etwa einmal bei einer nassen Blaͤhung, oder auch wohl aus Unachtsamkeit in den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0034" n="32"/><lb/>
anders noch gra&#x0364;ßlichere giebt. Aber  ja, die folgenden sind es wirklich noch. Jch fasse sie aber alle in eins  kurz zusammen. Der Hartherzige, oder in der That Verru&#x0364;ckte, hat eben dies  arme Kind sehr ha&#x0364;ufig in der kleinen Kammer, die an seiner Thu&#x0364;r nach dem  Hofe herausgeht, in der Ka&#x0364;lte vo&#x0364;llig nackend stundenlang stehen und einmal  des Morgens so nackend unter sein Bett kriechen lassen, weil er sich des  Nachts im Bette geworfen hatte; er hat ihn auf den Spatzierga&#x0364;ngen, wenn er  nicht hat rennen wollen, mit dem Stocke hinten in den Ru&#x0364;cken gestossen, daß  er so vorwa&#x0364;rts u&#x0364;bergefallen ist; um eben der Ursach willen einen Stock auf  ihn zerschlagen; ein andermal ihn ins Gebu&#x0364;sch gezogen, und ihn dort so  erba&#x0364;rmlich geohrfeigt, daß mein Sohn es in der Ferne hat ho&#x0364;ren ko&#x0364;nnen; ihn  wohl hundertmal mit seinen Dragonerstiefeln vor den Hintern gestossen, daß  er oft hingestu&#x0364;rzt ist; ihn bei beiden Armen genommen, in einen Feldgraben  geworfen und auf seine Ha&#x0364;nde getreten; &#x2015; hat ihn, weil er sich bei einem  bo&#x0364;sen Kopfe einmal am Halse gekratzt hat, beide Ha&#x0364;nde auf den Ru&#x0364;cken  gebunden, daß die Ha&#x0364;nde entsetzlich aufgetrieben sind; er hat ihn sehr  ha&#x0364;ufig 8, 9, 16 bis 24 Prisen Schnupftaback bis zum Brechen, ja selbst ein  Pflaster, das der Kleine auf einer Wunde hatte, essen lassen; hat ihn mit  geballten Fa&#x0364;usten dazu gebracht, den Unflath, der etwa einmal bei einer  nassen Bla&#x0364;hung, oder auch wohl aus Unachtsamkeit in den<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0034] anders noch graͤßlichere giebt. Aber ja, die folgenden sind es wirklich noch. Jch fasse sie aber alle in eins kurz zusammen. Der Hartherzige, oder in der That Verruͤckte, hat eben dies arme Kind sehr haͤufig in der kleinen Kammer, die an seiner Thuͤr nach dem Hofe herausgeht, in der Kaͤlte voͤllig nackend stundenlang stehen und einmal des Morgens so nackend unter sein Bett kriechen lassen, weil er sich des Nachts im Bette geworfen hatte; er hat ihn auf den Spatziergaͤngen, wenn er nicht hat rennen wollen, mit dem Stocke hinten in den Ruͤcken gestossen, daß er so vorwaͤrts uͤbergefallen ist; um eben der Ursach willen einen Stock auf ihn zerschlagen; ein andermal ihn ins Gebuͤsch gezogen, und ihn dort so erbaͤrmlich geohrfeigt, daß mein Sohn es in der Ferne hat hoͤren koͤnnen; ihn wohl hundertmal mit seinen Dragonerstiefeln vor den Hintern gestossen, daß er oft hingestuͤrzt ist; ihn bei beiden Armen genommen, in einen Feldgraben geworfen und auf seine Haͤnde getreten; ― hat ihn, weil er sich bei einem boͤsen Kopfe einmal am Halse gekratzt hat, beide Haͤnde auf den Ruͤcken gebunden, daß die Haͤnde entsetzlich aufgetrieben sind; er hat ihn sehr haͤufig 8, 9, 16 bis 24 Prisen Schnupftaback bis zum Brechen, ja selbst ein Pflaster, das der Kleine auf einer Wunde hatte, essen lassen; hat ihn mit geballten Faͤusten dazu gebracht, den Unflath, der etwa einmal bei einer nassen Blaͤhung, oder auch wohl aus Unachtsamkeit in den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/34
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/34>, abgerufen am 30.04.2024.