seiner kleinen Haushaltung, und gänzliche
Abnei- gung gegen das Soldatenleben.
Darüber gerieth er endlich in eine ganz be- sondre, ungewohnte
Ängstlichkeit, vorzüglich des Nachts, die ihn gar nicht
schlafen ließ, und die er, seiner Aussage nach, bloß durch Lesen in geistli- chen Büchern und Singen
geistlicher Lieder, vertreiben konnte, worauf ihm immer leichter
und besser ward. Jndem er nun fleißig in der Bibel las, gerieth er unter
andern auf den Propheten Daniel, den er nun zu seiner
Lieblingslektüre mach- te. Und von der Zeit an entstand bei ihm
die Jdee von Wundern, die sich nachher seiner Ein- bildungskraft so sehr
bemeistert hat, daß er selbst Wunder zu thun, im Stande zu seyn glaubte.
Er war nehmlich fest überzeugt, daß durch seine Macht, auf einem von
ihm gepfropften Apfel- baume Kirschen wachsen würden.
Man gab ihm seinen Abschied, und er kam in das hiesige Arbeitshaus, wo er sich
sehr stille, ordentlich, und fleißig betrug, und nichts vornahm, was eine
Verwirrung des Verstandes vermuthen ließ. Es wurde daher beschlossen, ihn nach
seiner Heimath zurückzuschicken, und der Herr Doktor
Pihl untersuchte zu dem Ende den 25sten März 1781 sei- nen
Gemüthszustand. Dieß geschahe ohngefähr zwei Jahre nachher, da
er die erste Ängstlichkeit empfunden hatte.
Er
B5
seiner kleinen Haushaltung, und gaͤnzliche
Abnei- gung gegen das Soldatenleben.
Daruͤber gerieth er endlich in eine ganz be- sondre, ungewohnte
Aͤngstlichkeit, vorzuͤglich des Nachts, die ihn gar nicht
schlafen ließ, und die er, seiner Aussage nach, bloß durch Lesen in geistli- chen Buͤchern und Singen
geistlicher Lieder, vertreiben konnte, worauf ihm immer leichter
und besser ward. Jndem er nun fleißig in der Bibel las, gerieth er unter
andern auf den Propheten Daniel, den er nun zu seiner
Lieblingslektuͤre mach- te. Und von der Zeit an entstand bei ihm
die Jdee von Wundern, die sich nachher seiner Ein- bildungskraft so sehr
bemeistert hat, daß er selbst Wunder zu thun, im Stande zu seyn glaubte.
Er war nehmlich fest uͤberzeugt, daß durch seine Macht, auf einem von
ihm gepfropften Apfel- baume Kirschen wachsen wuͤrden.
Man gab ihm seinen Abschied, und er kam in das hiesige Arbeitshaus, wo er sich
sehr stille, ordentlich, und fleißig betrug, und nichts vornahm, was eine
Verwirrung des Verstandes vermuthen ließ. Es wurde daher beschlossen, ihn nach
seiner Heimath zuruͤckzuschicken, und der Herr Doktor
Pihl untersuchte zu dem Ende den 25sten Maͤrz 1781 sei- nen
Gemuͤthszustand. Dieß geschahe ohngefaͤhr zwei Jahre nachher, da
er die erste Aͤngstlichkeit empfunden hatte.
Er
B5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0029"n="25"/>
seiner kleinen Haushaltung, und gaͤnzliche
Abnei-<lb/>
gung gegen das Soldatenleben.</p><lb/><p>Daruͤber gerieth er endlich in eine ganz be-<lb/>
sondre, ungewohnte
Aͤngstlichkeit, vorzuͤglich des<lb/>
Nachts, die ihn gar nicht
schlafen ließ, und die er,<lb/>
seiner Aussage nach, bloß durch <hirendition="#b">Lesen in geistli-<lb/>
chen Buͤchern</hi> und <hirendition="#b">Singen
geistlicher Lieder,</hi><lb/>
vertreiben konnte, worauf ihm immer leichter
und<lb/>
besser ward. Jndem er nun fleißig in der Bibel<lb/>
las, gerieth er unter
andern auf den <hirendition="#b">Propheten<lb/>
Daniel,</hi> den er nun zu seiner
Lieblingslektuͤre mach-<lb/>
te. Und von der Zeit an entstand bei ihm
die<lb/>
Jdee von Wundern, die sich nachher seiner Ein-<lb/>
bildungskraft so sehr
bemeistert hat, daß er selbst<lb/>
Wunder zu thun, im Stande zu seyn glaubte.</p><lb/><p>Er war nehmlich fest uͤberzeugt, daß durch<lb/>
seine Macht, auf einem von
ihm gepfropften Apfel-<lb/>
baume Kirschen wachsen wuͤrden.</p><lb/><p>Man gab ihm seinen Abschied, und er kam<lb/>
in das hiesige Arbeitshaus, wo er sich
sehr stille,<lb/>
ordentlich, und fleißig betrug, und nichts vornahm,<lb/>
was eine
Verwirrung des Verstandes vermuthen<lb/>
ließ. Es wurde daher beschlossen, ihn nach
seiner<lb/>
Heimath zuruͤckzuschicken, und der Herr Doktor
Pihl<lb/>
untersuchte zu dem Ende den 25sten Maͤrz 1781 sei-<lb/>
nen
Gemuͤthszustand. Dieß geschahe ohngefaͤhr<lb/>
zwei Jahre nachher, da
er die erste Aͤngstlichkeit<lb/>
empfunden hatte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">B5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Er</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[25/0029]
seiner kleinen Haushaltung, und gaͤnzliche Abnei-
gung gegen das Soldatenleben.
Daruͤber gerieth er endlich in eine ganz be-
sondre, ungewohnte Aͤngstlichkeit, vorzuͤglich des
Nachts, die ihn gar nicht schlafen ließ, und die er,
seiner Aussage nach, bloß durch Lesen in geistli-
chen Buͤchern und Singen geistlicher Lieder,
vertreiben konnte, worauf ihm immer leichter und
besser ward. Jndem er nun fleißig in der Bibel
las, gerieth er unter andern auf den Propheten
Daniel, den er nun zu seiner Lieblingslektuͤre mach-
te. Und von der Zeit an entstand bei ihm die
Jdee von Wundern, die sich nachher seiner Ein-
bildungskraft so sehr bemeistert hat, daß er selbst
Wunder zu thun, im Stande zu seyn glaubte.
Er war nehmlich fest uͤberzeugt, daß durch
seine Macht, auf einem von ihm gepfropften Apfel-
baume Kirschen wachsen wuͤrden.
Man gab ihm seinen Abschied, und er kam
in das hiesige Arbeitshaus, wo er sich sehr stille,
ordentlich, und fleißig betrug, und nichts vornahm,
was eine Verwirrung des Verstandes vermuthen
ließ. Es wurde daher beschlossen, ihn nach seiner
Heimath zuruͤckzuschicken, und der Herr Doktor Pihl
untersuchte zu dem Ende den 25sten Maͤrz 1781 sei-
nen Gemuͤthszustand. Dieß geschahe ohngefaͤhr
zwei Jahre nachher, da er die erste Aͤngstlichkeit
empfunden hatte.
Er
B5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Thomas Gloning, Marc Kuse, Justus-Liebig-Universität: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2013-06-06T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jurgita Baranauskaite, Justus-Liebig-Universität: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2013-06-06T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-06T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/29>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.