schränkt, denn nicht einmal die Handlung eines
an- dern kann mich gereuen, da sie mich doch freuen und wundern kann: wir
müßten uns nothwendig in eines andern Jch
verwandeln können, wenn uns eine seiner Handlungen gereuen sollte.
Daß wir aber bei den unpersönlichen Zeit- wörtern den Zusammenhang
aller unsrer Vorstel- lungen unter mich begreifen, ist
sehr natürlich, weil dieser Zusammenhang eben unser
persönliches Bewußtseyn, oder dasjenige, was wir unser Jch nennen, ausmacht. -- Bei den körperlichen
Em- pfindungen aber scheinet dieses mich eine
dunkle Vorstellung von dem ganzen Zusammenhange unsres Körpers zu
enthalten, welcher auf mannichfaltige Weise zerstört, getrennt, und
wieder hergestellt werden kann; und so wie Verwundrung, Freude, u. s. w.
bloß verschiedne Verhältnisse der Gedanken gegeneinander sind, so ist
auch zu vermuthen, daß alle körperliche Empfindungen, als Hitze,
Frost, Hunger, Durst, u. s. w. ebenfalls nichts, als die verschiednen
Verhältnisse der körperlichen Theile ge- geneinander sind,
welche sich auf mannichfaltige Weise einander aufzuheben, zu
zerstören, und wie- derherzustellen suchen.
Da nun hungern, dursten, frieren, u. s. w. nicht sowohl
Resultate von Gedanken, als viel- mehr von gewissen Verändrungen in
meinem Kör-
per
schraͤnkt, denn nicht einmal die Handlung eines
an- dern kann mich gereuen, da sie mich doch freuen und wundern kann: wir
muͤßten uns nothwendig in eines andern Jch
verwandeln koͤnnen, wenn uns eine seiner Handlungen gereuen sollte.
Daß wir aber bei den unpersoͤnlichen Zeit- woͤrtern den Zusammenhang
aller unsrer Vorstel- lungen unter mich begreifen, ist
sehr natuͤrlich, weil dieser Zusammenhang eben unser
persoͤnliches Bewußtseyn, oder dasjenige, was wir unser Jch nennen, ausmacht. — Bei den koͤrperlichen
Em- pfindungen aber scheinet dieses mich eine
dunkle Vorstellung von dem ganzen Zusammenhange unsres Koͤrpers zu
enthalten, welcher auf mannichfaltige Weise zerstoͤrt, getrennt, und
wieder hergestellt werden kann; und so wie Verwundrung, Freude, u. s. w.
bloß verschiedne Verhaͤltnisse der Gedanken gegeneinander sind, so ist
auch zu vermuthen, daß alle koͤrperliche Empfindungen, als Hitze,
Frost, Hunger, Durst, u. s. w. ebenfalls nichts, als die verschiednen
Verhaͤltnisse der koͤrperlichen Theile ge- geneinander sind,
welche sich auf mannichfaltige Weise einander aufzuheben, zu
zerstoͤren, und wie- derherzustellen suchen.
Da nun hungern, dursten, frieren, u. s. w. nicht sowohl
Resultate von Gedanken, als viel- mehr von gewissen Veraͤndrungen in
meinem Koͤr-
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schraͤnkt, denn nicht einmal die Handlung eines an-
dern kann mich gereuen, da sie mich doch freuen
und wundern kann: wir muͤßten uns nothwendig
in eines andern Jch verwandeln koͤnnen, wenn
uns eine seiner Handlungen gereuen sollte.
Daß wir aber bei den unpersoͤnlichen Zeit-
woͤrtern den Zusammenhang aller unsrer Vorstel-
lungen unter mich begreifen, ist sehr natuͤrlich,
weil dieser Zusammenhang eben unser persoͤnliches
Bewußtseyn, oder dasjenige, was wir unser Jch
nennen, ausmacht. — Bei den koͤrperlichen Em-
pfindungen aber scheinet dieses mich eine dunkle
Vorstellung von dem ganzen Zusammenhange unsres
Koͤrpers zu enthalten, welcher auf mannichfaltige
Weise zerstoͤrt, getrennt, und wieder hergestellt
werden kann; und so wie Verwundrung, Freude,
u. s. w. bloß verschiedne Verhaͤltnisse der Gedanken
gegeneinander sind, so ist auch zu vermuthen, daß
alle koͤrperliche Empfindungen, als Hitze, Frost,
Hunger, Durst, u. s. w. ebenfalls nichts, als die
verschiednen Verhaͤltnisse der koͤrperlichen Theile ge-
geneinander sind, welche sich auf mannichfaltige
Weise einander aufzuheben, zu zerstoͤren, und wie-
derherzustellen suchen.
Da nun hungern, dursten, frieren, u.
s. w. nicht sowohl Resultate von Gedanken, als viel-
mehr von gewissen Veraͤndrungen in meinem Koͤr-
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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/108>, abgerufen am 16.02.2025.
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