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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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mich, sie hier dem Nachdenken der Leser empfohlen zu haben, und kehre zu meinem Thema zurück.

Gewohnte und geübte Handlungen, in welchen wir einige Fertigkeit erlangt haben, können wir verrichten, und zugleich etwas anders deutlich denken; das heißt, wir können eine Reihe von wirksamen Jdeen fortsetzen und die ihnen gemäßen organischen Veränderungen hervorbringen, indem wir eine heterogene Reihe von unwirksamen Jdeen mit den Gedanken verfolgen, deren wir uns bewußt sind; ja wir können neben einer Reihe von unwirksamen Vorstellungen, mehr als eine Reihe von wirksamen Jdeen verfolgen, auf mehr als ein Organ des Körpers zugleich wirken, ohne daß sich diese verschiedene Reihen einander hemmen oder verwirren. So kann ein geübter Musikus z.B. auf einem Jnstrument mit beiden Händen und Füssen spielen, das heißt in jedem dieser Organe eine andre Reihe von organischen Bewegungen hervorbringen, und zugleich etwas ganz anders denken und sprechen. Man kann gehen, singen, und nachsinnen zugleich. Frömmlinge, die sich gewöhnt haben, gewisse Gebetsformeln, ohne Andacht herzuplappern, können unterdessen ganz heterogene Gedanken verfolgen, und ihre Formel gleichwohl ganz richtig hersagen.

Auf solche Weise kann die Seele fünf bis sechserlei Bewegungen in den Gliedmaßen willkührlich


mich, sie hier dem Nachdenken der Leser empfohlen zu haben, und kehre zu meinem Thema zuruͤck.

Gewohnte und geuͤbte Handlungen, in welchen wir einige Fertigkeit erlangt haben, koͤnnen wir verrichten, und zugleich etwas anders deutlich denken; das heißt, wir koͤnnen eine Reihe von wirksamen Jdeen fortsetzen und die ihnen gemaͤßen organischen Veraͤnderungen hervorbringen, indem wir eine heterogene Reihe von unwirksamen Jdeen mit den Gedanken verfolgen, deren wir uns bewußt sind; ja wir koͤnnen neben einer Reihe von unwirksamen Vorstellungen, mehr als eine Reihe von wirksamen Jdeen verfolgen, auf mehr als ein Organ des Koͤrpers zugleich wirken, ohne daß sich diese verschiedene Reihen einander hemmen oder verwirren. So kann ein geuͤbter Musikus z.B. auf einem Jnstrument mit beiden Haͤnden und Fuͤssen spielen, das heißt in jedem dieser Organe eine andre Reihe von organischen Bewegungen hervorbringen, und zugleich etwas ganz anders denken und sprechen. Man kann gehen, singen, und nachsinnen zugleich. Froͤmmlinge, die sich gewoͤhnt haben, gewisse Gebetsformeln, ohne Andacht herzuplappern, koͤnnen unterdessen ganz heterogene Gedanken verfolgen, und ihre Formel gleichwohl ganz richtig hersagen.

Auf solche Weise kann die Seele fuͤnf bis sechserlei Bewegungen in den Gliedmaßen willkuͤhrlich

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[52/0056] mich, sie hier dem Nachdenken der Leser empfohlen zu haben, und kehre zu meinem Thema zuruͤck. Gewohnte und geuͤbte Handlungen, in welchen wir einige Fertigkeit erlangt haben, koͤnnen wir verrichten, und zugleich etwas anders deutlich denken; das heißt, wir koͤnnen eine Reihe von wirksamen Jdeen fortsetzen und die ihnen gemaͤßen organischen Veraͤnderungen hervorbringen, indem wir eine heterogene Reihe von unwirksamen Jdeen mit den Gedanken verfolgen, deren wir uns bewußt sind; ja wir koͤnnen neben einer Reihe von unwirksamen Vorstellungen, mehr als eine Reihe von wirksamen Jdeen verfolgen, auf mehr als ein Organ des Koͤrpers zugleich wirken, ohne daß sich diese verschiedene Reihen einander hemmen oder verwirren. So kann ein geuͤbter Musikus z.B. auf einem Jnstrument mit beiden Haͤnden und Fuͤssen spielen, das heißt in jedem dieser Organe eine andre Reihe von organischen Bewegungen hervorbringen, und zugleich etwas ganz anders denken und sprechen. Man kann gehen, singen, und nachsinnen zugleich. Froͤmmlinge, die sich gewoͤhnt haben, gewisse Gebetsformeln, ohne Andacht herzuplappern, koͤnnen unterdessen ganz heterogene Gedanken verfolgen, und ihre Formel gleichwohl ganz richtig hersagen. Auf solche Weise kann die Seele fuͤnf bis sechserlei Bewegungen in den Gliedmaßen willkuͤhrlich

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/56>, abgerufen am 02.05.2024.