Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite


dem wir ihn in eben dem Augenblicke wieder aufheben, da wir ihn festsetzten.

Die Art, wie nun eine Vorstellung, oder eine Reihe von Vorstellungen, die andre in unsrer Seele entweder ganz oder zum Theil aufhebt, festhält, bestärkt oder zernichtet, wird durch mehrere solche kleine Wörter, als aber, und, auch, denn, wie u.s.w. bezeichnet.

Diese kleinen Wörter bezeichnen eigentlich keinen Gegenstand in der ganzen Welt, und auch nicht einmal den Zusammenhang der Gegenstände, sondern bloß die Art des Zusammenhangs unsrer Vorstellungen, die wir uns von den Gegenständen außer uns machen. Man kann also auch von ihnen nicht einmal sagen, daß sie Zeichen irgend einer Vorstellung in uns selber wären: demohngeachtet aber sind sie in der Sprache äußerst wichtig, weil sie erst Wahrheit in unsere Gedanken bringen helfen, indem diese dadurch auf mancherlei Weise eingeschränkt und bestimmt werden, bis sie in den Zusammenhang aller unsrer übrigen Vorstellungen passen.

Wie oft müssen wir daher nicht zu diesen Wörtern unsre Zuflucht nehmen, insbesondre wenn wir über eine Sache urtheilen, weil wir dann eine jede einzelne Vorstellung nach dem Zusammenhange aller übrigen einzuschränken und zu bestimmen suchen müssen.

Jn einer Erzählung kommen diese Wörter nicht so oft vor, weil darin mehr der Zusammen-


dem wir ihn in eben dem Augenblicke wieder aufheben, da wir ihn festsetzten.

Die Art, wie nun eine Vorstellung, oder eine Reihe von Vorstellungen, die andre in unsrer Seele entweder ganz oder zum Theil aufhebt, festhaͤlt, bestaͤrkt oder zernichtet, wird durch mehrere solche kleine Woͤrter, als aber, und, auch, denn, wie u.s.w. bezeichnet.

Diese kleinen Woͤrter bezeichnen eigentlich keinen Gegenstand in der ganzen Welt, und auch nicht einmal den Zusammenhang der Gegenstaͤnde, sondern bloß die Art des Zusammenhangs unsrer Vorstellungen, die wir uns von den Gegenstaͤnden außer uns machen. Man kann also auch von ihnen nicht einmal sagen, daß sie Zeichen irgend einer Vorstellung in uns selber waͤren: demohngeachtet aber sind sie in der Sprache aͤußerst wichtig, weil sie erst Wahrheit in unsere Gedanken bringen helfen, indem diese dadurch auf mancherlei Weise eingeschraͤnkt und bestimmt werden, bis sie in den Zusammenhang aller unsrer uͤbrigen Vorstellungen passen.

Wie oft muͤssen wir daher nicht zu diesen Woͤrtern unsre Zuflucht nehmen, insbesondre wenn wir uͤber eine Sache urtheilen, weil wir dann eine jede einzelne Vorstellung nach dem Zusammenhange aller uͤbrigen einzuschraͤnken und zu bestimmen suchen muͤssen.

Jn einer Erzaͤhlung kommen diese Woͤrter nicht so oft vor, weil darin mehr der Zusammen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0131" n="127"/><lb/>
dem wir ihn in eben dem Augenblicke wieder aufheben, da wir                         ihn festsetzten. </p>
        <p>Die Art, wie nun eine Vorstellung, oder eine Reihe von                         Vorstellungen, die andre in unsrer Seele entweder ganz oder zum Theil                         aufhebt, festha&#x0364;lt, besta&#x0364;rkt oder zernichtet, wird durch mehrere solche                         kleine Wo&#x0364;rter, als <hi rendition="#b">aber, und, auch, denn, wie</hi> u.s.w.                         bezeichnet. </p>
        <p>Diese kleinen Wo&#x0364;rter bezeichnen eigentlich keinen Gegenstand in                         der ganzen Welt, und auch nicht einmal den Zusammenhang der Gegensta&#x0364;nde,                         sondern bloß die Art des Zusammenhangs unsrer Vorstellungen, die wir uns von                         den Gegensta&#x0364;nden außer uns machen. Man kann also auch von ihnen nicht einmal                         sagen, daß sie Zeichen irgend einer Vorstellung in uns selber wa&#x0364;ren:                         demohngeachtet aber sind sie in der Sprache a&#x0364;ußerst wichtig, weil sie erst                         Wahrheit in unsere Gedanken bringen helfen, indem diese dadurch auf                         mancherlei Weise eingeschra&#x0364;nkt und bestimmt werden, bis sie in den                         Zusammenhang aller unsrer u&#x0364;brigen Vorstellungen passen. </p>
        <p>Wie oft mu&#x0364;ssen wir daher nicht zu diesen Wo&#x0364;rtern unsre Zuflucht                         nehmen, insbesondre wenn wir u&#x0364;ber eine Sache urtheilen, weil wir dann eine                         jede einzelne Vorstellung nach dem Zusammenhange aller u&#x0364;brigen                         einzuschra&#x0364;nken und zu bestimmen suchen mu&#x0364;ssen. </p>
        <p>Jn einer Erza&#x0364;hlung kommen diese Wo&#x0364;rter nicht so oft vor, weil                         darin mehr der Zusammen-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0131] dem wir ihn in eben dem Augenblicke wieder aufheben, da wir ihn festsetzten. Die Art, wie nun eine Vorstellung, oder eine Reihe von Vorstellungen, die andre in unsrer Seele entweder ganz oder zum Theil aufhebt, festhaͤlt, bestaͤrkt oder zernichtet, wird durch mehrere solche kleine Woͤrter, als aber, und, auch, denn, wie u.s.w. bezeichnet. Diese kleinen Woͤrter bezeichnen eigentlich keinen Gegenstand in der ganzen Welt, und auch nicht einmal den Zusammenhang der Gegenstaͤnde, sondern bloß die Art des Zusammenhangs unsrer Vorstellungen, die wir uns von den Gegenstaͤnden außer uns machen. Man kann also auch von ihnen nicht einmal sagen, daß sie Zeichen irgend einer Vorstellung in uns selber waͤren: demohngeachtet aber sind sie in der Sprache aͤußerst wichtig, weil sie erst Wahrheit in unsere Gedanken bringen helfen, indem diese dadurch auf mancherlei Weise eingeschraͤnkt und bestimmt werden, bis sie in den Zusammenhang aller unsrer uͤbrigen Vorstellungen passen. Wie oft muͤssen wir daher nicht zu diesen Woͤrtern unsre Zuflucht nehmen, insbesondre wenn wir uͤber eine Sache urtheilen, weil wir dann eine jede einzelne Vorstellung nach dem Zusammenhange aller uͤbrigen einzuschraͤnken und zu bestimmen suchen muͤssen. Jn einer Erzaͤhlung kommen diese Woͤrter nicht so oft vor, weil darin mehr der Zusammen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/131
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/131>, abgerufen am 01.05.2024.