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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.

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kommen, sondern stieß es mit Zeichen von großem Abscheu von sich.

Hingegen da man ihr Wasser aus diesem Brunnen brachte, trank sie's sehr gierig mit immer verschlossenen Augen. Vor ihrem letzten Paroxismus, sagte sie, nun habe sie gerade noch drei Sprünge zu machen und dann wolle sie weiter weder springen noch laufen. Dem zu folge, nachdem sie in ihren gewöhnlichen Schlaf gefallen war, sprang sie auf das Gesimse des Kamins, und wieder herunter. Dies that sie dreimal, und hielt darauf ihr Wort, und sprang niemals weiter.

Jetzt ist sie vollkommen gesund. Diese Nachricht bekam ich von dem Vater, der Mutter, dem Bruder, die ich jeden insbesondere und alle zusammen ausfragte, und ebenfalls von dem Mädchen selbst, in so weit sie sich der Sache erinnern konnte. Denn, wie ich gesagt habe, hatte sie keine Erinnerung von allem, was sich während ihres Paroxismus zugetragen.

Dagegen besann sie sich auf alles, was ausser demselben vorging, und besonders auf ihre Träume. Sie sagte mir, sie schlafe des Nachts sehr gut, habe einen guten Appetit, und befinde sich in jeder Rücksicht wohl, bis der Paroxismus sie anfalle.

Es fing, sagte sie, bei den Füssen an, und kroch gleich einer allmäligen Erkältung und Taub-


kommen, sondern stieß es mit Zeichen von großem Abscheu von sich.

Hingegen da man ihr Wasser aus diesem Brunnen brachte, trank sie's sehr gierig mit immer verschlossenen Augen. Vor ihrem letzten Paroxismus, sagte sie, nun habe sie gerade noch drei Spruͤnge zu machen und dann wolle sie weiter weder springen noch laufen. Dem zu folge, nachdem sie in ihren gewoͤhnlichen Schlaf gefallen war, sprang sie auf das Gesimse des Kamins, und wieder herunter. Dies that sie dreimal, und hielt darauf ihr Wort, und sprang niemals weiter.

Jetzt ist sie vollkommen gesund. Diese Nachricht bekam ich von dem Vater, der Mutter, dem Bruder, die ich jeden insbesondere und alle zusammen ausfragte, und ebenfalls von dem Maͤdchen selbst, in so weit sie sich der Sache erinnern konnte. Denn, wie ich gesagt habe, hatte sie keine Erinnerung von allem, was sich waͤhrend ihres Paroxismus zugetragen.

Dagegen besann sie sich auf alles, was ausser demselben vorging, und besonders auf ihre Traͤume. Sie sagte mir, sie schlafe des Nachts sehr gut, habe einen guten Appetit, und befinde sich in jeder Ruͤcksicht wohl, bis der Paroxismus sie anfalle.

Es fing, sagte sie, bei den Fuͤssen an, und kroch gleich einer allmaͤligen Erkaͤltung und Taub-

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[77/0081] kommen, sondern stieß es mit Zeichen von großem Abscheu von sich. Hingegen da man ihr Wasser aus diesem Brunnen brachte, trank sie's sehr gierig mit immer verschlossenen Augen. Vor ihrem letzten Paroxismus, sagte sie, nun habe sie gerade noch drei Spruͤnge zu machen und dann wolle sie weiter weder springen noch laufen. Dem zu folge, nachdem sie in ihren gewoͤhnlichen Schlaf gefallen war, sprang sie auf das Gesimse des Kamins, und wieder herunter. Dies that sie dreimal, und hielt darauf ihr Wort, und sprang niemals weiter. Jetzt ist sie vollkommen gesund. Diese Nachricht bekam ich von dem Vater, der Mutter, dem Bruder, die ich jeden insbesondere und alle zusammen ausfragte, und ebenfalls von dem Maͤdchen selbst, in so weit sie sich der Sache erinnern konnte. Denn, wie ich gesagt habe, hatte sie keine Erinnerung von allem, was sich waͤhrend ihres Paroxismus zugetragen. Dagegen besann sie sich auf alles, was ausser demselben vorging, und besonders auf ihre Traͤume. Sie sagte mir, sie schlafe des Nachts sehr gut, habe einen guten Appetit, und befinde sich in jeder Ruͤcksicht wohl, bis der Paroxismus sie anfalle. Es fing, sagte sie, bei den Fuͤssen an, und kroch gleich einer allmaͤligen Erkaͤltung und Taub-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/81>, abgerufen am 02.05.2024.