Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.
Dieses Zufalls ungeachtet fingen meine Körper- und Seelenkräfte an, augenscheinlich zuzunehmen. Den 7ten brachte man mich auf mein Verlangen auf den Sopha, wo ich wie ein unbeweglicher Knaul eine halbe Stunde da lag; dann wieder ins Bette. Binnen zehn Tagen, da ich an meinen Mund noch sehr litt, hatte ich schon das Vermögen in der Stube herumzuwandeln; den ganzen Tag aufzudauren, und von Morgen bis Abend in abwechselnden zahlreichen Gesellschaften von Verwandten, Freunden, Bekannten und Unbekannten vergnügt zuzubringen. Damals erfuhr ich, was ich, wie ich Jhnen bereits gesagt, acht Tage eher, um vieles nicht möchte gewußt haben: die allgemeine aufrichtige Theilnehmung an meinem Zustande, die allgemeine Unruhe so vieler Bekannten in den Stunden meiner Gefahr, und die Freude über meine Wiederherstellung. Sie hat mir mehr als einmal Thränen gekostet, diese herzliche Simpathie. Sie setzt Verdienste und Würdigkeit voraus, deren ich mir nicht bewußt bin, und die zu besitzen ich wünsche. Allgütiger! welch einen Schatz von Seeligkeit, hast du mit dem himmlischen Gefühl der Geselligkeit in des Menschen Herz gelegt!
Dieses Zufalls ungeachtet fingen meine Koͤrper- und Seelenkraͤfte an, augenscheinlich zuzunehmen. Den 7ten brachte man mich auf mein Verlangen auf den Sopha, wo ich wie ein unbeweglicher Knaul eine halbe Stunde da lag; dann wieder ins Bette. Binnen zehn Tagen, da ich an meinen Mund noch sehr litt, hatte ich schon das Vermoͤgen in der Stube herumzuwandeln; den ganzen Tag aufzudauren, und von Morgen bis Abend in abwechselnden zahlreichen Gesellschaften von Verwandten, Freunden, Bekannten und Unbekannten vergnuͤgt zuzubringen. Damals erfuhr ich, was ich, wie ich Jhnen bereits gesagt, acht Tage eher, um vieles nicht moͤchte gewußt haben: die allgemeine aufrichtige Theilnehmung an meinem Zustande, die allgemeine Unruhe so vieler Bekannten in den Stunden meiner Gefahr, und die Freude uͤber meine Wiederherstellung. Sie hat mir mehr als einmal Thraͤnen gekostet, diese herzliche Simpathie. Sie setzt Verdienste und Wuͤrdigkeit voraus, deren ich mir nicht bewußt bin, und die zu besitzen ich wuͤnsche. Allguͤtiger! welch einen Schatz von Seeligkeit, hast du mit dem himmlischen Gefuͤhl der Geselligkeit in des Menschen Herz gelegt! <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0075" n="71"/><lb/> pinselt, gespruͤtzt, gegurgelt mit den schaͤrfsten und reizendsten Dingen, bis binnen einer Zeit von zwoͤlf bis funfzehn Tagen die Schwaͤmme sich verloren, und ich meinen Mund allmaͤlig wieder brauchen konnte. </p> <p>Dieses Zufalls ungeachtet fingen meine Koͤrper- und Seelenkraͤfte an, augenscheinlich zuzunehmen. Den 7ten brachte man mich auf mein Verlangen auf den Sopha, wo ich wie ein unbeweglicher Knaul eine halbe Stunde da lag; dann wieder ins Bette. Binnen zehn Tagen, da ich an meinen Mund noch sehr litt, hatte ich schon das Vermoͤgen in der Stube herumzuwandeln; den ganzen Tag aufzudauren, und von Morgen bis Abend in abwechselnden zahlreichen Gesellschaften von Verwandten, Freunden, Bekannten und Unbekannten vergnuͤgt zuzubringen. Damals erfuhr ich, was ich, wie ich Jhnen bereits gesagt, acht Tage eher, um vieles nicht moͤchte gewußt haben: die allgemeine aufrichtige Theilnehmung an meinem Zustande, die allgemeine Unruhe so vieler Bekannten in den Stunden meiner Gefahr, und die Freude uͤber meine Wiederherstellung. Sie hat mir mehr als einmal Thraͤnen gekostet, diese herzliche Simpathie. Sie setzt Verdienste und Wuͤrdigkeit voraus, deren ich mir nicht bewußt bin, und die zu besitzen ich wuͤnsche. Allguͤtiger! welch einen Schatz von Seeligkeit, hast du mit dem himmlischen Gefuͤhl der Geselligkeit in des Menschen Herz gelegt!<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0075]
pinselt, gespruͤtzt, gegurgelt mit den schaͤrfsten und reizendsten Dingen, bis binnen einer Zeit von zwoͤlf bis funfzehn Tagen die Schwaͤmme sich verloren, und ich meinen Mund allmaͤlig wieder brauchen konnte.
Dieses Zufalls ungeachtet fingen meine Koͤrper- und Seelenkraͤfte an, augenscheinlich zuzunehmen. Den 7ten brachte man mich auf mein Verlangen auf den Sopha, wo ich wie ein unbeweglicher Knaul eine halbe Stunde da lag; dann wieder ins Bette. Binnen zehn Tagen, da ich an meinen Mund noch sehr litt, hatte ich schon das Vermoͤgen in der Stube herumzuwandeln; den ganzen Tag aufzudauren, und von Morgen bis Abend in abwechselnden zahlreichen Gesellschaften von Verwandten, Freunden, Bekannten und Unbekannten vergnuͤgt zuzubringen. Damals erfuhr ich, was ich, wie ich Jhnen bereits gesagt, acht Tage eher, um vieles nicht moͤchte gewußt haben: die allgemeine aufrichtige Theilnehmung an meinem Zustande, die allgemeine Unruhe so vieler Bekannten in den Stunden meiner Gefahr, und die Freude uͤber meine Wiederherstellung. Sie hat mir mehr als einmal Thraͤnen gekostet, diese herzliche Simpathie. Sie setzt Verdienste und Wuͤrdigkeit voraus, deren ich mir nicht bewußt bin, und die zu besitzen ich wuͤnsche. Allguͤtiger! welch einen Schatz von Seeligkeit, hast du mit dem himmlischen Gefuͤhl der Geselligkeit in des Menschen Herz gelegt!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |