Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.
S.. ward nunmehr aus dem Bette geholt, nicht mehr zu dem schon aufgegebnen verlornen
S.. ward nunmehr aus dem Bette geholt, nicht mehr zu dem schon aufgegebnen verlornen <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0069" n="65"/><lb/> liebenswuͤrdigen Alten. »Gehn Sie hin zu ihrem sterbenden Sohn, und ertheilen ihm Jhren letzten Seegen, dies ist alles, was Sie der Vater noch thun koͤnnen, Sie der Arzt vermoͤgen nichts mehr.« Der gute Mann springt aus dem Bette, ziehet sich an, aber auf einmal fiel er hin mit einer Laͤhmung an der Zunge, und einem Zittren an den Gliedern, ward kalt, und konnte nicht aus der Stelle. Stellen Sie sich, mein Freund! dieses schreckliche Familiengemaͤhlde vor, recht lebhaft vor, und begleiten Jhren Gedanken uͤber die Wuͤrde der Menschheit dennoch mit keinem Seufzer, uͤber den Werth des Lebens mit keinem Achselzucken, und Sie sind das Jdeal von Weltweisen, fuͤr dessen Freundschaft ich der Vorsehung nie genug danken kann. Denken Sie sich nemlich, <hi rendition="#b">hier</hi> einen Vater von sieben Kindern und einer anhangenden Familie, die ganz durch sein Schaffen erhalten wird, ploͤtzlich in Lebensgefahr; um ihn eine schwangere Gattin, deren Herzen, das schon so lange von dem Zustande ihres geliebten Sohns gequaͤlt und muͤrbe worden, nun zwei solche verderbende Schlaͤge zu gleicher Zeit drohn, <hi rendition="#b">da</hi> einen sterbenden Sohn; um ihn ein liebes <hi rendition="#b">jaͤhriges</hi> Weib, dessen Wesen ganz mit ihm verwebt ist, das <hi rendition="#b">nur</hi> in und durch ihn gluͤcklich zu seyn glaubt; eine Mutter, eine Schwester, denken Sie sich dieses, mein Freund! </p> <p>S.. ward nunmehr aus dem Bette geholt, nicht mehr zu dem schon aufgegebnen verlornen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0069]
liebenswuͤrdigen Alten. »Gehn Sie hin zu ihrem sterbenden Sohn, und ertheilen ihm Jhren letzten Seegen, dies ist alles, was Sie der Vater noch thun koͤnnen, Sie der Arzt vermoͤgen nichts mehr.« Der gute Mann springt aus dem Bette, ziehet sich an, aber auf einmal fiel er hin mit einer Laͤhmung an der Zunge, und einem Zittren an den Gliedern, ward kalt, und konnte nicht aus der Stelle. Stellen Sie sich, mein Freund! dieses schreckliche Familiengemaͤhlde vor, recht lebhaft vor, und begleiten Jhren Gedanken uͤber die Wuͤrde der Menschheit dennoch mit keinem Seufzer, uͤber den Werth des Lebens mit keinem Achselzucken, und Sie sind das Jdeal von Weltweisen, fuͤr dessen Freundschaft ich der Vorsehung nie genug danken kann. Denken Sie sich nemlich, hier einen Vater von sieben Kindern und einer anhangenden Familie, die ganz durch sein Schaffen erhalten wird, ploͤtzlich in Lebensgefahr; um ihn eine schwangere Gattin, deren Herzen, das schon so lange von dem Zustande ihres geliebten Sohns gequaͤlt und muͤrbe worden, nun zwei solche verderbende Schlaͤge zu gleicher Zeit drohn, da einen sterbenden Sohn; um ihn ein liebes jaͤhriges Weib, dessen Wesen ganz mit ihm verwebt ist, das nur in und durch ihn gluͤcklich zu seyn glaubt; eine Mutter, eine Schwester, denken Sie sich dieses, mein Freund!
S.. ward nunmehr aus dem Bette geholt, nicht mehr zu dem schon aufgegebnen verlornen
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
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