Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.
Eben so wenig wie ein Stein sich in der Luft erhalten kann, eben so wenig können wir einen Gedanken in unsrer Seele schwebend erhalten, so daß er sich zu keinem Warum heruntersenken sollte, auf dem er ruhen könnte. Je schwerer uns freilich der Gedanke ist, desto länger wird er auch rollen müssen, ehe er einen festen Ruhepunkt findet, und der, den er gefunden hat, wird oftmals unter ihm einsinken, so daß er vermöge seiner ihm eigenthümlichen Schwere sich immer tiefer heruntersenken muß, bis er endlich oder niemals einen festen Grund findet, der ihn tragen kann.
Eben so wenig wie ein Stein sich in der Luft erhalten kann, eben so wenig koͤnnen wir einen Gedanken in unsrer Seele schwebend erhalten, so daß er sich zu keinem Warum heruntersenken sollte, auf dem er ruhen koͤnnte. Je schwerer uns freilich der Gedanke ist, desto laͤnger wird er auch rollen muͤssen, ehe er einen festen Ruhepunkt findet, und der, den er gefunden hat, wird oftmals unter ihm einsinken, so daß er vermoͤge seiner ihm eigenthuͤmlichen Schwere sich immer tiefer heruntersenken muß, bis er endlich oder niemals einen festen Grund findet, der ihn tragen kann. <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0116" n="109"/><lb/> nach welchem sich alle unsre Gedanken hinsenken, und in welchem sie zusammentreffen. </p> <p>Eben so wenig wie ein Stein sich in der Luft erhalten kann, eben so wenig koͤnnen wir einen Gedanken in unsrer Seele schwebend erhalten, so daß er sich zu keinem <hi rendition="#b">Warum</hi> heruntersenken sollte, auf dem er ruhen koͤnnte. </p> <p>Je schwerer uns freilich der Gedanke ist, desto laͤnger wird er auch rollen muͤssen, ehe er einen festen Ruhepunkt findet, und der, den er gefunden hat, wird oftmals unter ihm einsinken, so daß er vermoͤge seiner ihm eigenthuͤmlichen Schwere sich immer tiefer heruntersenken muß, bis er endlich oder niemals einen festen Grund findet, der ihn tragen kann. </p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#b"> <persName ref="#ref0001"><note type="editorial">Moritz, Karl Philipp</note>M.</persName> </hi> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0116]
nach welchem sich alle unsre Gedanken hinsenken, und in welchem sie zusammentreffen.
Eben so wenig wie ein Stein sich in der Luft erhalten kann, eben so wenig koͤnnen wir einen Gedanken in unsrer Seele schwebend erhalten, so daß er sich zu keinem Warum heruntersenken sollte, auf dem er ruhen koͤnnte.
Je schwerer uns freilich der Gedanke ist, desto laͤnger wird er auch rollen muͤssen, ehe er einen festen Ruhepunkt findet, und der, den er gefunden hat, wird oftmals unter ihm einsinken, so daß er vermoͤge seiner ihm eigenthuͤmlichen Schwere sich immer tiefer heruntersenken muß, bis er endlich oder niemals einen festen Grund findet, der ihn tragen kann.
M.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/116>, abgerufen am 27.07.2024. |