Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite


rechne, so wird die Summe derselben der Begrif um seyn.

Um zeigt schon einen weit stärkern Grad der Berührung oder Annäherung an, als auf, an, unter, u.s.w., weil es die Annäherung oder Berührung aller auswendigen Seiten eines Dinges bezeichnet. Aber ein höherer Grad der Berührung läßt sich nicht denken, als wenn etwas alle Seiten eines Dinges zugleich berührt, und wieder von allen diesen Seiten zu gleicher Zeit berührt wird. Und diese reciprokalische Berührung ist es, welche durch in ausgedrückt wird. Daher scheint es auch zu kommen, daß die Verlassung in diesem Falle durch ein eignes darzu bestimmtes Wort, nehmlich durch aus bezeichnet wird, da sie in allen übrigen Fällen nur durch von oder durch Umschreibungen ausgedrückt werden kann.

Da wir nun die Präposition um nach ihrer Natur und ihrem Standorte unter den übrigen Präpositionen betrachtet haben, so wollen wir noch auf einige Fälle aufmerksam seyn, wo man sich ihrer zur Bezeichnung des Unkörperlichen bedienet. Wenn wir uns die fortdaurende Richtung einer Handlung auf einen bestimmten Zweck vorstellen wollen, so denken wir uns diesen Zweck als den Mittelpunkt, um welchen sich unser Handeln drehet, und so umschreibt in unsrer Vorstellung immer ein Kreis den andern, oder einer wird wieder der Mittelpunkt des andern, wenn wir z.B. sagen: ich lerne, um weise


rechne, so wird die Summe derselben der Begrif um seyn.

Um zeigt schon einen weit staͤrkern Grad der Beruͤhrung oder Annaͤherung an, als auf, an, unter, u.s.w., weil es die Annaͤherung oder Beruͤhrung aller auswendigen Seiten eines Dinges bezeichnet. Aber ein hoͤherer Grad der Beruͤhrung laͤßt sich nicht denken, als wenn etwas alle Seiten eines Dinges zugleich beruͤhrt, und wieder von allen diesen Seiten zu gleicher Zeit beruͤhrt wird. Und diese reciprokalische Beruͤhrung ist es, welche durch in ausgedruͤckt wird. Daher scheint es auch zu kommen, daß die Verlassung in diesem Falle durch ein eignes darzu bestimmtes Wort, nehmlich durch aus bezeichnet wird, da sie in allen uͤbrigen Faͤllen nur durch von oder durch Umschreibungen ausgedruͤckt werden kann.

Da wir nun die Praͤposition um nach ihrer Natur und ihrem Standorte unter den uͤbrigen Praͤpositionen betrachtet haben, so wollen wir noch auf einige Faͤlle aufmerksam seyn, wo man sich ihrer zur Bezeichnung des Unkoͤrperlichen bedienet. Wenn wir uns die fortdaurende Richtung einer Handlung auf einen bestimmten Zweck vorstellen wollen, so denken wir uns diesen Zweck als den Mittelpunkt, um welchen sich unser Handeln drehet, und so umschreibt in unsrer Vorstellung immer ein Kreis den andern, oder einer wird wieder der Mittelpunkt des andern, wenn wir z.B. sagen: ich lerne, um weise

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0114" n="107"/><lb/>
rechne, so wird die Summe derselben der Begrif <hi rendition="#b">um</hi> seyn. </p>
            <p><hi rendition="#b">Um</hi> zeigt schon einen weit sta&#x0364;rkern Grad der Beru&#x0364;hrung                         oder Anna&#x0364;herung an, als <hi rendition="#b">auf, an, unter,</hi> u.s.w., weil                         es die Anna&#x0364;herung oder Beru&#x0364;hrung <hi rendition="#b">aller</hi> auswendigen                         Seiten eines Dinges bezeichnet. Aber ein ho&#x0364;herer Grad der Beru&#x0364;hrung la&#x0364;ßt                         sich nicht denken, als wenn etwas <hi rendition="#b">alle</hi> Seiten eines                         Dinges zugleich beru&#x0364;hrt, und wieder von <hi rendition="#b">allen</hi> diesen                         Seiten zu gleicher Zeit beru&#x0364;hrt wird. Und diese reciprokalische Beru&#x0364;hrung                         ist es, welche durch <hi rendition="#b">in</hi> ausgedru&#x0364;ckt wird. Daher                         scheint es auch zu kommen, daß die <hi rendition="#b">Verlassung</hi> in                         diesem Falle durch ein eignes darzu bestimmtes Wort, nehmlich durch <hi rendition="#b">aus</hi> bezeichnet wird, da sie in allen u&#x0364;brigen Fa&#x0364;llen                         nur durch <hi rendition="#b">von</hi> oder durch Umschreibungen ausgedru&#x0364;ckt                         werden kann. </p>
            <p>Da wir nun die Pra&#x0364;position <hi rendition="#b">um</hi> nach ihrer Natur und                         ihrem Standorte unter den u&#x0364;brigen Pra&#x0364;positionen betrachtet haben, so wollen                         wir noch auf einige Fa&#x0364;lle aufmerksam seyn, wo man sich ihrer zur Bezeichnung                         des Unko&#x0364;rperlichen bedienet. Wenn wir uns die fortdaurende Richtung einer                         Handlung auf einen bestimmten Zweck vorstellen wollen, so denken wir uns                         diesen Zweck als den <hi rendition="#b">Mittelpunkt,</hi> um welchen sich                         unser Handeln drehet, und so umschreibt in unsrer Vorstellung immer ein                         Kreis den andern, oder einer wird wieder der Mittelpunkt des andern, wenn                         wir z.B. sagen: <hi rendition="#b">ich lerne, um weise<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0114] rechne, so wird die Summe derselben der Begrif um seyn. Um zeigt schon einen weit staͤrkern Grad der Beruͤhrung oder Annaͤherung an, als auf, an, unter, u.s.w., weil es die Annaͤherung oder Beruͤhrung aller auswendigen Seiten eines Dinges bezeichnet. Aber ein hoͤherer Grad der Beruͤhrung laͤßt sich nicht denken, als wenn etwas alle Seiten eines Dinges zugleich beruͤhrt, und wieder von allen diesen Seiten zu gleicher Zeit beruͤhrt wird. Und diese reciprokalische Beruͤhrung ist es, welche durch in ausgedruͤckt wird. Daher scheint es auch zu kommen, daß die Verlassung in diesem Falle durch ein eignes darzu bestimmtes Wort, nehmlich durch aus bezeichnet wird, da sie in allen uͤbrigen Faͤllen nur durch von oder durch Umschreibungen ausgedruͤckt werden kann. Da wir nun die Praͤposition um nach ihrer Natur und ihrem Standorte unter den uͤbrigen Praͤpositionen betrachtet haben, so wollen wir noch auf einige Faͤlle aufmerksam seyn, wo man sich ihrer zur Bezeichnung des Unkoͤrperlichen bedienet. Wenn wir uns die fortdaurende Richtung einer Handlung auf einen bestimmten Zweck vorstellen wollen, so denken wir uns diesen Zweck als den Mittelpunkt, um welchen sich unser Handeln drehet, und so umschreibt in unsrer Vorstellung immer ein Kreis den andern, oder einer wird wieder der Mittelpunkt des andern, wenn wir z.B. sagen: ich lerne, um weise

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/114
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/114>, abgerufen am 03.05.2024.