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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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Er wurde gleich von der ersten Schildwache entdeckt. Dies störte ihn unterdeß nicht, und unter dem Feuer von beinahe dreißig Posten, kam er dennoch glücklich aus den Festungswerken heraus.

Er lief, so zu sagen, in einem Athem nach Hause, wo er erst gegen Tage ankam.

Hier fand er ganz wider Vermuthen die Hausthür offen, und als er oben in die Stube trat, waren zwei Spitzbuben beschäftigt, seine Mutter zu knebeln.

Bei seinem Anblick ergriffen sie die Flucht, und ließen die bereits zusammengepackten Sachen zurück.

Nachdem er auf diese Weise seine Mutter von der ihr drohenden Gefahr gerettet hatte, fand er sich wieder von selbst beim Regimente ein, wo er, wegen des sonderbaren Zufalls mit einer gelinden Strafe davon kam.


IV. 18-19.

Ein Rekrut beim .... Bataillon der eines von ihm begangenen Diebstahls wegen bestraft werden sollte, gestand beim Verhör, daß ohne durch Noth oder Liederlichkeit dazu angetrieben zu werden, er einen unwiderstehlichen Hang zum Stehlen habe.

Der Paroxysmus überfällt ihn gewöhnlich mit Zittern und entsetzlicher Angst, und er wird nicht eher ruhig, bis er etwas, es mag ihm nutzen oder nicht, genommen habe. Oft ergreift er in dieser


Er wurde gleich von der ersten Schildwache entdeckt. Dies stoͤrte ihn unterdeß nicht, und unter dem Feuer von beinahe dreißig Posten, kam er dennoch gluͤcklich aus den Festungswerken heraus.

Er lief, so zu sagen, in einem Athem nach Hause, wo er erst gegen Tage ankam.

Hier fand er ganz wider Vermuthen die Hausthuͤr offen, und als er oben in die Stube trat, waren zwei Spitzbuben beschaͤftigt, seine Mutter zu knebeln.

Bei seinem Anblick ergriffen sie die Flucht, und ließen die bereits zusammengepackten Sachen zuruͤck.

Nachdem er auf diese Weise seine Mutter von der ihr drohenden Gefahr gerettet hatte, fand er sich wieder von selbst beim Regimente ein, wo er, wegen des sonderbaren Zufalls mit einer gelinden Strafe davon kam.


IV. 18-19.

Ein Rekrut beim .... Bataillon der eines von ihm begangenen Diebstahls wegen bestraft werden sollte, gestand beim Verhoͤr, daß ohne durch Noth oder Liederlichkeit dazu angetrieben zu werden, er einen unwiderstehlichen Hang zum Stehlen habe.

Der Paroxysmus uͤberfaͤllt ihn gewoͤhnlich mit Zittern und entsetzlicher Angst, und er wird nicht eher ruhig, bis er etwas, es mag ihm nutzen oder nicht, genommen habe. Oft ergreift er in dieser

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[40/0040] Er wurde gleich von der ersten Schildwache entdeckt. Dies stoͤrte ihn unterdeß nicht, und unter dem Feuer von beinahe dreißig Posten, kam er dennoch gluͤcklich aus den Festungswerken heraus. Er lief, so zu sagen, in einem Athem nach Hause, wo er erst gegen Tage ankam. Hier fand er ganz wider Vermuthen die Hausthuͤr offen, und als er oben in die Stube trat, waren zwei Spitzbuben beschaͤftigt, seine Mutter zu knebeln. Bei seinem Anblick ergriffen sie die Flucht, und ließen die bereits zusammengepackten Sachen zuruͤck. Nachdem er auf diese Weise seine Mutter von der ihr drohenden Gefahr gerettet hatte, fand er sich wieder von selbst beim Regimente ein, wo er, wegen des sonderbaren Zufalls mit einer gelinden Strafe davon kam. IV. 18-19. Ein Rekrut beim .... Bataillon der eines von ihm begangenen Diebstahls wegen bestraft werden sollte, gestand beim Verhoͤr, daß ohne durch Noth oder Liederlichkeit dazu angetrieben zu werden, er einen unwiderstehlichen Hang zum Stehlen habe. Der Paroxysmus uͤberfaͤllt ihn gewoͤhnlich mit Zittern und entsetzlicher Angst, und er wird nicht eher ruhig, bis er etwas, es mag ihm nutzen oder nicht, genommen habe. Oft ergreift er in dieser

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/40>, abgerufen am 29.03.2024.