Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.
II. 7-82. Der Taubstumme, wovon No. I. gesprochen worden ist, hatte sogar Religionsbegriffe von Gott und Christo, und selbst religiöse und andächtige Empfindungen. Er bezeigte einen großen Haß gegen die Juden, weil sie, wie er durch Zeichen zu erkennen gab, Christum gekreuzigt haben, und daher vom Teufel in die Hölle werden geworfen werden. Der Lehrer wollte untersuchen, ob er wohl einen Begriff von Sünde habe. Zu dieser Absicht zeichnete er ihm ein Kruzifix aufs Papier vor, mit Attributen, womit der Taubstumme den Teufel vorstellte. Sein Abscheu darüber war ganz unbeschreiblich. Er sah seinen Lehrer starr und mit Entsetzen an, und indem er auf denselben wies und einen Bart bezeichnete, äußerte er, daß dieser selbst ein Jude oder noch schlimmer seyn möchte; und zweifelte sehr an dessen Seligkeit. Er hielt zugleich den Selbstmord für eine große Sünde, und mehreres dergleichen. Er hatte zugleich viele abergläubische Begriffe von Hexen u.d.g.
II. 7-82. Der Taubstumme, wovon No. I. gesprochen worden ist, hatte sogar Religionsbegriffe von Gott und Christo, und selbst religioͤse und andaͤchtige Empfindungen. Er bezeigte einen großen Haß gegen die Juden, weil sie, wie er durch Zeichen zu erkennen gab, Christum gekreuzigt haben, und daher vom Teufel in die Hoͤlle werden geworfen werden. Der Lehrer wollte untersuchen, ob er wohl einen Begriff von Suͤnde habe. Zu dieser Absicht zeichnete er ihm ein Kruzifix aufs Papier vor, mit Attributen, womit der Taubstumme den Teufel vorstellte. Sein Abscheu daruͤber war ganz unbeschreiblich. Er sah seinen Lehrer starr und mit Entsetzen an, und indem er auf denselben wies und einen Bart bezeichnete, aͤußerte er, daß dieser selbst ein Jude oder noch schlimmer seyn moͤchte; und zweifelte sehr an dessen Seligkeit. Er hielt zugleich den Selbstmord fuͤr eine große Suͤnde, und mehreres dergleichen. Er hatte zugleich viele aberglaͤubische Begriffe von Hexen u.d.g. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0038" n="38"/><lb/><hi rendition="#b">Philosophie</hi> als in der <hi rendition="#b">Mathematik</hi> ein <hi rendition="#b">reelles Objekt,</hi> sondern blos eine <hi rendition="#b">Grenzidee.</hi> Aber hier ist der Ort nicht, mich hieruͤber weitlaͤuftiger einzulassen. (Siehe am gedachten Orte.) <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>S. M.</persName></hi> </p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> <div n="4"> <head><hi rendition="#aq">II</hi>. 7-82.</head><lb/> <p>Der Taubstumme, wovon <hi rendition="#aq"><choice><corr>No. I.</corr><sic>No. </sic></choice></hi> gesprochen worden ist, hatte sogar <hi rendition="#b">Religionsbegriffe</hi> von Gott und Christo, und selbst religioͤse und andaͤchtige Empfindungen.</p> <p>Er bezeigte einen großen Haß gegen die Juden, weil sie, wie er durch Zeichen zu erkennen gab, Christum gekreuzigt haben, und daher vom Teufel in die Hoͤlle werden geworfen werden.</p> <p>Der Lehrer wollte untersuchen, ob er wohl einen Begriff von Suͤnde habe. Zu dieser Absicht zeichnete er ihm ein Kruzifix aufs Papier vor, mit Attributen, womit der Taubstumme den Teufel vorstellte. Sein Abscheu daruͤber war ganz unbeschreiblich. Er sah seinen Lehrer starr und mit Entsetzen an, und indem er auf denselben wies und einen Bart bezeichnete, aͤußerte er, daß dieser selbst ein Jude oder noch schlimmer seyn moͤchte; und zweifelte sehr an dessen Seligkeit.</p> <p>Er hielt zugleich den Selbstmord fuͤr eine große Suͤnde, und mehreres dergleichen.</p> <p>Er hatte zugleich viele aberglaͤubische Begriffe von Hexen u.d.g.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0038]
Philosophie als in der Mathematik ein reelles Objekt, sondern blos eine Grenzidee. Aber hier ist der Ort nicht, mich hieruͤber weitlaͤuftiger einzulassen. (Siehe am gedachten Orte.) S. M.
II. 7-82.
Der Taubstumme, wovon No. I. gesprochen worden ist, hatte sogar Religionsbegriffe von Gott und Christo, und selbst religioͤse und andaͤchtige Empfindungen.
Er bezeigte einen großen Haß gegen die Juden, weil sie, wie er durch Zeichen zu erkennen gab, Christum gekreuzigt haben, und daher vom Teufel in die Hoͤlle werden geworfen werden.
Der Lehrer wollte untersuchen, ob er wohl einen Begriff von Suͤnde habe. Zu dieser Absicht zeichnete er ihm ein Kruzifix aufs Papier vor, mit Attributen, womit der Taubstumme den Teufel vorstellte. Sein Abscheu daruͤber war ganz unbeschreiblich. Er sah seinen Lehrer starr und mit Entsetzen an, und indem er auf denselben wies und einen Bart bezeichnete, aͤußerte er, daß dieser selbst ein Jude oder noch schlimmer seyn moͤchte; und zweifelte sehr an dessen Seligkeit.
Er hielt zugleich den Selbstmord fuͤr eine große Suͤnde, und mehreres dergleichen.
Er hatte zugleich viele aberglaͤubische Begriffe von Hexen u.d.g.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |