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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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III. Zur Seelennaturkunde.
38-43.

Ein berühmter gelehrter Mann von sehr ehrwürdigem Charakter erzählt von sich einen sonderbaren psychologischen Casus von ohngefähr folgender Art:

Er hatte an .... Vormittag in geschwinde abwechselnder Folge viele Leute zu sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben müssen, wobei die Gegenstände fast durchgehends von sehr unähnlicher Art waren, und also die Aufmerksamkeit ohne Unterlaß auf etwas ganz anderes gestoßen ward. Zuletzt war eine Quittung zu schreiben. Er schrieb einige dazu erforderliche Worte. Aber auf einmal war er unvermögend, weder die übrigen Wörter in seiner Vorstellungskraft zu finden, noch die dazu gehörige Züge zu treffen.

Er strengte seine Aufmerksamkeit aufs äußerste an, suchte langsam einen Buchstab nach dem andern hinzumahlen, mit beständiger Rücksicht auf den Vorhergehenden, um sich zu versichern, daß er zu demselben passe, merkte aber doch, daß es nicht diejenigen Züge wurden, die er haben wollte, ohne sich


III. Zur Seelennaturkunde.
38-43.

Ein beruͤhmter gelehrter Mann von sehr ehrwuͤrdigem Charakter erzaͤhlt von sich einen sonderbaren psychologischen Casus von ohngefaͤhr folgender Art:

Er hatte an .... Vormittag in geschwinde abwechselnder Folge viele Leute zu sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben muͤssen, wobei die Gegenstaͤnde fast durchgehends von sehr unaͤhnlicher Art waren, und also die Aufmerksamkeit ohne Unterlaß auf etwas ganz anderes gestoßen ward. Zuletzt war eine Quittung zu schreiben. Er schrieb einige dazu erforderliche Worte. Aber auf einmal war er unvermoͤgend, weder die uͤbrigen Woͤrter in seiner Vorstellungskraft zu finden, noch die dazu gehoͤrige Zuͤge zu treffen.

Er strengte seine Aufmerksamkeit aufs aͤußerste an, suchte langsam einen Buchstab nach dem andern hinzumahlen, mit bestaͤndiger Ruͤcksicht auf den Vorhergehenden, um sich zu versichern, daß er zu demselben passe, merkte aber doch, daß es nicht diejenigen Zuͤge wurden, die er haben wollte, ohne sich

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[20/0020] III. Zur Seelennaturkunde. 38-43. Ein beruͤhmter gelehrter Mann von sehr ehrwuͤrdigem Charakter erzaͤhlt von sich einen sonderbaren psychologischen Casus von ohngefaͤhr folgender Art: Er hatte an .... Vormittag in geschwinde abwechselnder Folge viele Leute zu sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben muͤssen, wobei die Gegenstaͤnde fast durchgehends von sehr unaͤhnlicher Art waren, und also die Aufmerksamkeit ohne Unterlaß auf etwas ganz anderes gestoßen ward. Zuletzt war eine Quittung zu schreiben. Er schrieb einige dazu erforderliche Worte. Aber auf einmal war er unvermoͤgend, weder die uͤbrigen Woͤrter in seiner Vorstellungskraft zu finden, noch die dazu gehoͤrige Zuͤge zu treffen. Er strengte seine Aufmerksamkeit aufs aͤußerste an, suchte langsam einen Buchstab nach dem andern hinzumahlen, mit bestaͤndiger Ruͤcksicht auf den Vorhergehenden, um sich zu versichern, daß er zu demselben passe, merkte aber doch, daß es nicht diejenigen Zuͤge wurden, die er haben wollte, ohne sich

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/20>, abgerufen am 22.11.2024.