Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.
2) Es giebt wiederum Seelenerscheinungen, die nicht als Akzidenzen eben derselben Substanz, sich aus ihr allein, sondern aus ihrer Verbindung mit andern Seelen oder Geistern in einem einzigen Geistersystem nach den Gesetzen der Kausalverbindung erklären lassen. Man kann also überhaupt nicht alle Seelenerscheinungen auf eine genugthuende Art aus ihr selbst herleiten. 86-99. Ein Brief, der nicht seines Jnhalts (denn, die Wahrheit zu sagen, läßt sich schwer ein Jnhalt dieses Briefs angeben), sondern seiner Form nach, ein Gegenstand der Erfahrungsseelenkunde ist. Der V. beschreibt nicht, sondern ist selbst ein psychologisches Phänomen. Der ganze Brief ist eine seltsame Mischung der kritischen Philosophie, mit
2) Es giebt wiederum Seelenerscheinungen, die nicht als Akzidenzen eben derselben Substanz, sich aus ihr allein, sondern aus ihrer Verbindung mit andern Seelen oder Geistern in einem einzigen Geistersystem nach den Gesetzen der Kausalverbindung erklaͤren lassen. Man kann also uͤberhaupt nicht alle Seelenerscheinungen auf eine genugthuende Art aus ihr selbst herleiten. 86-99. Ein Brief, der nicht seines Jnhalts (denn, die Wahrheit zu sagen, laͤßt sich schwer ein Jnhalt dieses Briefs angeben), sondern seiner Form nach, ein Gegenstand der Erfahrungsseelenkunde ist. Der V. beschreibt nicht, sondern ist selbst ein psychologisches Phaͤnomen. Der ganze Brief ist eine seltsame Mischung der kritischen Philosophie, mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0140" n="140"/><lb/> Seele <hi rendition="#b">wirkt,</hi> d.h. Vorstellungen hervorbringt, muͤssen wir diese Vorstellungen in einer <hi rendition="#b">Kausalverbindung</hi> denken. Sobald sie aber zu wirken aufhoͤrt (wie im tiefen Schlafe, Ohnmacht u.s.w.) hoͤrt auch diese Verbindung an sich auf (die Erscheinungen, die sich alsdann ereignen, sind nicht mehr Seelenerscheinungen, sondern Koͤrpererscheinungen, und muͤssen nach physiologischen Gruͤnden erklaͤrt werden), und wenn wir sie doch in dieser Verbindung denken, so geschieht dieses bloß nach der <hi rendition="#b">Methode der Jnterpolation,</hi> d.h. diese gedachte Verbindung ist eine bloße <hi rendition="#b">Fiktion.</hi></p> <p>2) Es giebt wiederum Seelenerscheinungen, die nicht als Akzidenzen eben derselben Substanz, sich aus ihr allein, sondern aus ihrer Verbindung mit andern Seelen oder Geistern in einem einzigen Geistersystem nach den Gesetzen der Kausalverbindung erklaͤren lassen. Man kann also uͤberhaupt nicht alle Seelenerscheinungen auf eine genugthuende Art <hi rendition="#b">aus ihr selbst</hi> herleiten.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> <div n="3"> <head>86-99.</head><lb/> <p>Ein Brief, der nicht seines <hi rendition="#b">Jnhalts</hi> (denn, die Wahrheit zu sagen, laͤßt sich schwer ein Jnhalt dieses Briefs angeben), sondern seiner <hi rendition="#b">Form</hi> nach, ein Gegenstand der Erfahrungsseelenkunde ist. Der V. <hi rendition="#b"> beschreibt nicht,</hi> sondern ist selbst ein psychologisches Phaͤnomen. Der ganze Brief ist eine seltsame Mischung der <hi rendition="#b">kritischen Philosophie,</hi> mit<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0140]
Seele wirkt, d.h. Vorstellungen hervorbringt, muͤssen wir diese Vorstellungen in einer Kausalverbindung denken. Sobald sie aber zu wirken aufhoͤrt (wie im tiefen Schlafe, Ohnmacht u.s.w.) hoͤrt auch diese Verbindung an sich auf (die Erscheinungen, die sich alsdann ereignen, sind nicht mehr Seelenerscheinungen, sondern Koͤrpererscheinungen, und muͤssen nach physiologischen Gruͤnden erklaͤrt werden), und wenn wir sie doch in dieser Verbindung denken, so geschieht dieses bloß nach der Methode der Jnterpolation, d.h. diese gedachte Verbindung ist eine bloße Fiktion.
2) Es giebt wiederum Seelenerscheinungen, die nicht als Akzidenzen eben derselben Substanz, sich aus ihr allein, sondern aus ihrer Verbindung mit andern Seelen oder Geistern in einem einzigen Geistersystem nach den Gesetzen der Kausalverbindung erklaͤren lassen. Man kann also uͤberhaupt nicht alle Seelenerscheinungen auf eine genugthuende Art aus ihr selbst herleiten.
86-99.
Ein Brief, der nicht seines Jnhalts (denn, die Wahrheit zu sagen, laͤßt sich schwer ein Jnhalt dieses Briefs angeben), sondern seiner Form nach, ein Gegenstand der Erfahrungsseelenkunde ist. Der V. beschreibt nicht, sondern ist selbst ein psychologisches Phaͤnomen. Der ganze Brief ist eine seltsame Mischung der kritischen Philosophie, mit
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