Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

Anmerkung.

Das Plaudern betrift nicht die Aussprache der Worte an sich, sondern ihre, durch die Vorstellungen bestimmte Verbindung untereinander. Das Stottern ist nicht Würkung einer zu großen Stärke oder Lebhaftigkeit der Vorstellung von den Worten (wovon doch hier die Rede ist), sondern einer Durchkreuzung mehrer Reihen von Vorstellungen der durch die Worte auszudrückenden Sachen, so daß die Seele keine Macht über sich hat, aus allen diesen Reihen eine zweckmäßig zu wählen, und darin standhaft, mit Entfernung alles Fremdartigen, zu beharren.

S. M.

Dieser erforderliche Grad der Vorstellung kann nicht unter allen Umständen derselbe seyn, sondern muß nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn. Nachdem diese reizbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher sind, wird er kleiner oder größer seyn müssen.

Anmerkung.

Aber wie kann der erhöhte Grad der Vorstellung den Mangel an Reizbarkeit der Sprachwerkzeuge ersetzen? Jst das Jnstrument verdorben, so mag der Musikus noch so eine lebhafte Vorstellung von den dadurch herauszubringenden Tönen haben, er wird doch keinen richtigen Ton herauszubringen


Anmerkung.

Das Plaudern betrift nicht die Aussprache der Worte an sich, sondern ihre, durch die Vorstellungen bestimmte Verbindung untereinander. Das Stottern ist nicht Wuͤrkung einer zu großen Staͤrke oder Lebhaftigkeit der Vorstellung von den Worten (wovon doch hier die Rede ist), sondern einer Durchkreuzung mehrer Reihen von Vorstellungen der durch die Worte auszudruͤckenden Sachen, so daß die Seele keine Macht uͤber sich hat, aus allen diesen Reihen eine zweckmaͤßig zu waͤhlen, und darin standhaft, mit Entfernung alles Fremdartigen, zu beharren.

S. M.

Dieser erforderliche Grad der Vorstellung kann nicht unter allen Umstaͤnden derselbe seyn, sondern muß nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn. Nachdem diese reizbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher sind, wird er kleiner oder groͤßer seyn muͤssen.

Anmerkung.

Aber wie kann der erhoͤhte Grad der Vorstellung den Mangel an Reizbarkeit der Sprachwerkzeuge ersetzen? Jst das Jnstrument verdorben, so mag der Musikus noch so eine lebhafte Vorstellung von den dadurch herauszubringenden Toͤnen haben, er wird doch keinen richtigen Ton herauszubringen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0115" n="115"/><lb/>
            <div n="4">
              <head>Anmerkung.</head><lb/>
              <p>Das <hi rendition="#b">Plaudern</hi> betrift nicht die <hi rendition="#b">Aussprache der                             Worte an sich,</hi> sondern ihre, durch die Vorstellungen bestimmte <hi rendition="#b">Verbindung</hi> untereinander. Das <hi rendition="#b">Stottern</hi> ist nicht Wu&#x0364;rkung einer zu großen Sta&#x0364;rke oder                         Lebhaftigkeit der Vorstellung von den Worten (wovon doch hier die Rede ist),                         sondern einer Durchkreuzung mehrer Reihen von Vorstellungen der durch die                         Worte auszudru&#x0364;ckenden Sachen, so daß die Seele keine Macht u&#x0364;ber sich hat,                         aus allen diesen Reihen eine zweckma&#x0364;ßig zu wa&#x0364;hlen, und darin standhaft, mit                         Entfernung alles Fremdartigen, zu beharren.</p>
              <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">
                  <persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>S.                                 M.</persName>
                </hi> </p>
              <p>Dieser erforderliche                         Grad der Vorstellung kann nicht unter allen Umsta&#x0364;nden derselbe seyn, sondern                         muß nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn.                         Nachdem diese reizbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher                         sind, wird er kleiner oder gro&#x0364;ßer seyn mu&#x0364;ssen.</p>
            </div>
            <div n="4">
              <head>Anmerkung.</head><lb/>
              <p>Aber wie kann der erho&#x0364;hte Grad der Vorstellung den Mangel                         an Reizbarkeit der Sprachwerkzeuge ersetzen? Jst das Jnstrument verdorben,                         so mag der Musikus noch so eine lebhafte Vorstellung von den dadurch                         herauszubringenden To&#x0364;nen haben, er wird doch keinen richtigen Ton                         herauszubringen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0115] Anmerkung. Das Plaudern betrift nicht die Aussprache der Worte an sich, sondern ihre, durch die Vorstellungen bestimmte Verbindung untereinander. Das Stottern ist nicht Wuͤrkung einer zu großen Staͤrke oder Lebhaftigkeit der Vorstellung von den Worten (wovon doch hier die Rede ist), sondern einer Durchkreuzung mehrer Reihen von Vorstellungen der durch die Worte auszudruͤckenden Sachen, so daß die Seele keine Macht uͤber sich hat, aus allen diesen Reihen eine zweckmaͤßig zu waͤhlen, und darin standhaft, mit Entfernung alles Fremdartigen, zu beharren. S. M. Dieser erforderliche Grad der Vorstellung kann nicht unter allen Umstaͤnden derselbe seyn, sondern muß nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn. Nachdem diese reizbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher sind, wird er kleiner oder groͤßer seyn muͤssen. Anmerkung. Aber wie kann der erhoͤhte Grad der Vorstellung den Mangel an Reizbarkeit der Sprachwerkzeuge ersetzen? Jst das Jnstrument verdorben, so mag der Musikus noch so eine lebhafte Vorstellung von den dadurch herauszubringenden Toͤnen haben, er wird doch keinen richtigen Ton herauszubringen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/115
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/115>, abgerufen am 07.05.2024.