Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Nächstemal? -- Ja! und wenn Sie nun das Nächstemal wieder so wäre? würd' ichs dann wagen können Jhr so Etwas zu sagen, was nothwendig einen Tadel eben Jhres augenblicklichen Betragens enthalten muß, das doch so lieb ist? -- was Sie beleidigen würde, mich von ihr entfernen -- verstecken! Himmel wie könnt' ich das ertragen!

Und doch -- ja, noch einmal will ichs versuchen, will ein fester unerschütterlicher Mann seyn. Aber vorher muß ich mich erst besser auf alle denkbare Fälle vorbereiten, und, vor allen Dingen Sie schlechterdings nicht vorher umarmen und küssen. Dazu ist meine Tugend noch zu neu und weich. An wen Sie wohl schreiben wollte? so in der Nacht! Jch hätte fragen sollen, und, in der That schien Sie blos meine Frage zu erwarten, aber, der Teufel weiß, ich war so von mir, so verblüft! Sie sagte, dies sey allemal Jhr Brieftag; also eine ordentliche Korrespondenz? -- Neue Unruhen! Wenn Sie nun noch immer an den schrieb, dessen Briefe der Herr von B** in Händen gehabt hat! -- Ach daß ich mir nicht treu blieb, ihr nicht sagte was ich wollte! Jetzt wär' ich -- -- wenigstens im Reinen. Nun sitz' ich da und schlage mich mit tausend Grillen herum. Ach Mädchen, warum bist Du nun gerade so, um zu entzücken und zu quälen? --



Das Naͤchstemal? — Ja! und wenn Sie nun das Naͤchstemal wieder so waͤre? wuͤrd' ichs dann wagen koͤnnen Jhr so Etwas zu sagen, was nothwendig einen Tadel eben Jhres augenblicklichen Betragens enthalten muß, das doch so lieb ist? — was Sie beleidigen wuͤrde, mich von ihr entfernen — verstecken! Himmel wie koͤnnt' ich das ertragen!

Und doch — ja, noch einmal will ichs versuchen, will ein fester unerschuͤtterlicher Mann seyn. Aber vorher muß ich mich erst besser auf alle denkbare Faͤlle vorbereiten, und, vor allen Dingen Sie schlechterdings nicht vorher umarmen und kuͤssen. Dazu ist meine Tugend noch zu neu und weich. An wen Sie wohl schreiben wollte? so in der Nacht! Jch haͤtte fragen sollen, und, in der That schien Sie blos meine Frage zu erwarten, aber, der Teufel weiß, ich war so von mir, so verbluͤft! Sie sagte, dies sey allemal Jhr Brieftag; also eine ordentliche Korrespondenz? — Neue Unruhen! Wenn Sie nun noch immer an den schrieb, dessen Briefe der Herr von B** in Haͤnden gehabt hat! — Ach daß ich mir nicht treu blieb, ihr nicht sagte was ich wollte! Jetzt waͤr' ich — — wenigstens im Reinen. Nun sitz' ich da und schlage mich mit tausend Grillen herum. Ach Maͤdchen, warum bist Du nun gerade so, um zu entzuͤcken und zu quaͤlen? —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0097" n="97"/><lb/>
              <p>Das Na&#x0364;chstemal? &#x2014; Ja! und wenn Sie nun das Na&#x0364;chstemal wieder so wa&#x0364;re? wu&#x0364;rd'                         ichs dann wagen ko&#x0364;nnen Jhr so Etwas zu sagen, was nothwendig einen Tadel                         eben Jhres augenblicklichen Betragens enthalten muß, das doch so lieb ist? &#x2014;                         was Sie beleidigen wu&#x0364;rde, mich von ihr entfernen &#x2014; verstecken! Himmel wie                         ko&#x0364;nnt' ich das ertragen!</p>
              <p>Und doch &#x2014; ja, noch einmal will ichs versuchen, will ein fester                         unerschu&#x0364;tterlicher Mann seyn. Aber vorher muß ich mich erst besser auf alle                         denkbare Fa&#x0364;lle vorbereiten, und, vor allen Dingen Sie schlechterdings nicht                         vorher umarmen und ku&#x0364;ssen. Dazu ist meine Tugend noch zu neu und weich. An                         wen Sie wohl schreiben wollte? so in der Nacht! Jch ha&#x0364;tte fragen sollen,                         und, in der That schien Sie blos meine Frage zu erwarten, aber, der Teufel                         weiß, ich war so von mir, so verblu&#x0364;ft! Sie sagte, dies sey allemal Jhr                         Brieftag; also eine ordentliche Korrespondenz? &#x2014; Neue Unruhen! Wenn Sie nun                         noch immer an <choice><corr>den </corr><sic>dem</sic></choice> schrieb, dessen Briefe der Herr von B** in Ha&#x0364;nden                         gehabt hat! &#x2014; Ach daß ich mir nicht treu blieb, ihr nicht sagte was ich                         wollte! Jetzt wa&#x0364;r' ich &#x2014; &#x2014; wenigstens im Reinen. Nun sitz' ich da und                         schlage mich mit tausend Grillen herum. Ach Ma&#x0364;dchen, warum bist Du nun                         gerade so, um zu entzu&#x0364;cken und zu qua&#x0364;len? &#x2014;</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0097] Das Naͤchstemal? — Ja! und wenn Sie nun das Naͤchstemal wieder so waͤre? wuͤrd' ichs dann wagen koͤnnen Jhr so Etwas zu sagen, was nothwendig einen Tadel eben Jhres augenblicklichen Betragens enthalten muß, das doch so lieb ist? — was Sie beleidigen wuͤrde, mich von ihr entfernen — verstecken! Himmel wie koͤnnt' ich das ertragen! Und doch — ja, noch einmal will ichs versuchen, will ein fester unerschuͤtterlicher Mann seyn. Aber vorher muß ich mich erst besser auf alle denkbare Faͤlle vorbereiten, und, vor allen Dingen Sie schlechterdings nicht vorher umarmen und kuͤssen. Dazu ist meine Tugend noch zu neu und weich. An wen Sie wohl schreiben wollte? so in der Nacht! Jch haͤtte fragen sollen, und, in der That schien Sie blos meine Frage zu erwarten, aber, der Teufel weiß, ich war so von mir, so verbluͤft! Sie sagte, dies sey allemal Jhr Brieftag; also eine ordentliche Korrespondenz? — Neue Unruhen! Wenn Sie nun noch immer an den schrieb, dessen Briefe der Herr von B** in Haͤnden gehabt hat! — Ach daß ich mir nicht treu blieb, ihr nicht sagte was ich wollte! Jetzt waͤr' ich — — wenigstens im Reinen. Nun sitz' ich da und schlage mich mit tausend Grillen herum. Ach Maͤdchen, warum bist Du nun gerade so, um zu entzuͤcken und zu quaͤlen? —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/97
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/97>, abgerufen am 24.11.2024.